Die Uniformen des münsterischen Militärs in der fürstbischöflichen Zeit (im 18. Jahrhundert)

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Münsterische Infanteristen im Jahre 1720. Zeichnung von Harald Berking/ Münster, 1978.

Mit der Errichtung eines Bischofssitzes in Münster musste die Stadt auch eine Befestigung erhalten. Dies geschah im späten 12. Jahrhundert. Der Stadt wurde auch das Recht auf Selbstverteidigung zugestanden, d. h. sie verfügte über eine eigene Wehrhoheit mit eigenen Soldaten. Seit dem Mittelalter hatte sich das Bistum Münster zu einem selbständigen Staat entwickelt. Münster war insoweit Teil des Fürstbistums Münster und zeitweise dessen größte Garnison. Die Stadt musste somit auch eine unterschiedliche Anzahl von Stiftssoldaten mit ihren Frauen und Kindern beherbergen. Unter dem Fürstbischof Christoph Bernhard von Galen (1606 - 78) verfügte das Fürstbistum Münster über ein schlagfertiges, aber völlig überdimensioniertes Heer. 1672 soll er rund 60000 Mann unter Waffen gehabt haben. Seine ehrgeizigen Pläne wurden nicht Realität und der Etat des münsterischen Militärs unter seinen Nachfolgern deutlich gekürzt. Die verbliebenen Regimenter finden wir auf der Grundlage von Subsidienverträgen (z. B. mit den Holländern, noch 1793) auf unterschiedlichsten Kriegsschauplätzen. Ferner waren militärische Reichsverpflichtungen zu erfüllen. Im Österreichischen Erbfolgekrieg (1744) praktizierte das Fürstbistum Münster eine bewaffnete Neutralität. Im siebenjährigen Krieg (1756 - 63) fochten münsterische Truppen (gegen Preußen) mit wenig Erfolg, so wurden z. B. zwei Regimenter am 01.04.1759 bei Meiningen im Winterquartier überrumpelt und gefangen genommen. Der letzte Einsatz münsterischer Truppen sah diese als Teil einer sogenannten Reichsexekutionsarmee zu Gunsten des von seinen Untertanen vertriebenen Lütticher Fürstbischofs im Jahre 1789.

Nach dem Dreißigjährigen Krieg hatte sich im Zuge sich entwickelnder territorial-staatlicher Souveränität das Militärwesen im Sinne eines stehenden Heeres entwickelt. In fast allen Staaten ging mit dieser Entwicklung ein Machtkampf zwischen dem Fürsten und den Ständen einher. Die Landstände sollten die finanziellen Mittel für ein Instrument bewilligen, welches sowohl nach außen, als auch nach innen zum Einsatz kommen konnte. Aus diesem Grunde befürchteten sie - nicht ganz zu Unrecht - ein Ende ihrer Mitspracherechte im Finanzwesen und in der Außen- und Innenpolitik. Die geistlichen Fürstentümer hatten dabei die Besonderheit, dass der Fürstbischof vom Domkapitel gewählt und vom Kaiser als Reichsfürst und vom Papst als Bischof betätigt werden musste. Das Domkapitel des Fürstbistums Münster bestand aus 41 adligen Domherren, die häufig Sonderrechte für sich in Anspruch nahmen. Auch die Stadt Münster machte solche geltend. Der Fürst wurde in seiner Regierungstätigkeit von einigen Verwaltungsinstanzen unterstützt, z. B. die Pfennigkammer, die Hofkammer und der Geheime Rat. Die Fürstbischöfe lebten im offiziellen Zölibat und waren zwangsläufig von der Wahlentscheidung des Domkapitels abhängig, es gab also keine Thronfolge vom Vater auf den Sohn. Eine Kontinuität in der Außen- und Innenpolitik war unter diesen Bedingungen nur schwer möglich. Dies beeinträchtigte auch die Militärpolitik und eine langfristige Entwicklung des Militärwesens.

Das Militär bestand im 17. Jahrhundert auch im Fürstbistum Münster vor allem aus Söldnern, die Werbeoffiziere angeworben hatten. Eine zwangsweise Rekrutierung war nicht ausgeschlossen. Das Heer gliederte sich schon in Infanterie, Kavallerie und Artillerie, wobei die Infanterie bestehend aus Musketieren und Pikenieren die Hauptmacht darstellten. In der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts zählte die fürstbischöfliche Armee 7 Infanterie-Regimenter, 1 Landregiment, 2 Kavallerie-Regimenter und 1 Artillerie-Abteilung. Ein Infanterie-Regiment zählte regelmäßig 8 Kompanien mit einer jeweiligen Stärke von ca. 50 Mann. Das Landregiment soll 10 Kompanien umfasst haben. Ein Kavallerie-Regiment hatte nur 6 Kompanien mit einer jeweiligen Stärke von ca. 40 Mann. Davon war aber nur ein kleiner Teil beritten. Die Artillerie-Abteilung hatte nur ca. 100 Mann. Die Gesamtstärke der bewaffneten Macht zählte im Frieden etwa 3800 - 4000 Mann. Die Kriegsstärke war etwa doppelt so stark. Nach dem siebenjährigen Krieg wurde nicht nur die Stadt Münster entfestigt, sondern auch die Anzahl der Fomationen auf 4 Infanterie-Regimenter und 1 Kavallerie­-Regiment - unter gleichzeitiger Verminderung der Artillerie - reduziert. Das Landregiment war schon vorher eingegangen 1.

Im Jahre 1802 war der effektive Bestand an münsterischen Truppen bereits auf 1401 (1399) Mann Infanterie, 328 (326) Dragonern und 49 (47) Artilleristen zurückgegangen 2. An einzelnen Formationen bestanden zu diesem Zeitpunkt die Infanterie-Regimenter von Dincklage (Nr. 1), von Tönnemann (Nr. 7), das Dragoner-Regiment von Nagel (Nr. 1) und die Artillerie.

Die Einführung der Uniformierung bereitete im vorindustriellen Zeitalter (nicht nur im Fürstbisturn Münster) zunächst große Schwierigkeiten. Gleichzeitig wurden aber aufgrund des vermehrten Bedarfes - ganz im Sinne des Merkantilismus - die (heimische) TuchindustTie und Färberei durch die Einführung der Uniformen stark gefördert. Die Neuuniformierung fand alle zwei Jahre - in Preußen jährlich - statt. Die Einzelheiten der Unifom1 bzw. Ausrüstung blieben zunächst den Regimentschefs/ - konmrnndeuren überlassen. Diese organisierten die Beschaffung aber nicht immer zum Vorteil der Soldaten. Sie schlossen mit Lieferanten eigenständig Verträge ab, später übernahmen staatliche Stellen diese Funktion. Erhalten sind z. B. für das Fürstbistum Münster der sogenarmte Kettel hack-Kontrakt vom 17.12.1718 hinsichtlich der Uniformierung des münsterischen Reiter-Regiments Nr. 2 (Westerholt)2 oder die sogenarmten Oppenheimer-Kontrakte ab 17403. Die Uniform war dabei in1mer Teil des Soldes des Soldaten, diese somit auch sein Eigentum. Die Selbsteinkleidung als Mittel der Beschaffung von Militärbekleidung kam ab 1700 nur noch für die höheren Chargen vor. Die Mengenbeschaffung für die übrigen Soldaten verlangte die Lieferung textiler Meterware in ausreichender Menge und Qualität und die Fertigung nach genauen Vorgaben. Für die Stofflieferung in Menge mussten leistungsstarke Manufakturen oder leistungsstarke Gewerke bzw. Zünfte vorhanden sein. Die Fertigung erfolgte von Hand, dies konnte einem Verleger bzw. Kaufmann als Vermittler oder dem (Textil-)Produzenten direkt übertragen werden. Manche Fertigungsprozesse erfolgten auch in Heimarbeit, z. B. Stickereien 3.

 Jede Armee wurde trotz aller Unterschiede zwischen den verschiedenen Waffengattungen bzw. einzelnen Formationen durch gleichartige Embleme verbunden, deshalb fanden sich auch im fürstbischöflichen Militär entsprechende Wappenelemente auf den Beschlägen der Patronentaschen, auf den Ringkragen der Offiziere und in den Feldzeichen (allerdings sind kaum münsterische Fahnen bekannt). Ein weiteres verbindendes Element waren bestimmte - zumeist heraldisch bedingte - Farben. Dies war das Blau/ Silber der Wittelsbacher, später Rot-Gold, dann Blau-Rot (1785, vorher schwarz-rot-gold). Diese Farben waren im Portepee, in der Schärpe und im Hutkordon der Offiziere, in den Quasten und Hutpuscheln der Unteroffiziere zu finden. Offiziere trugen Ringkragen, ab 1785 hatten die Infanterie- und Artillerie-Offiziere keine Schärpen mehr. Infanterie (schon 1719 belegt) und Artillerie trugen dunkelblaue Röcke mit gelben Knöpfen sowie schwarze Gamaschen und Halsbinden.

Musketier aus dem Infanterie-Regiment Elberfeld im Siebenjährigen Krieg (von Knötel d. J.).

Die Infanterie-Regimenter unterschieden sich durch farbliche Unterschiede im Aufschlag, Rabatten, Futter, Kragen und Unterkleider.

Die Farben der Infanterie stellten sich im Jahre 1744 wie folgt dar:

1 Lehrbach - blaue Röcke, Aufschläge, Kragen und Futter rot, Unterkleider paille, Knöpfe gelb

2 Elverfeldt - blaue Röcke, Aufschläge und Futter rot, Unterkleider weiß, Knöpfe gelb

3 Corfey - blaue Röcke, Aufschläge und Futter rot, Unterkleider blau, Knöpfe weiß

4 Cavalles - wie Corfey

5 Pasqualini - wie Corfey

6 Schorlemer - blaue Röcke, Aufschläge und Futter gelb , Unterkleider gelb, Knöpfe gelb

7 Sachsen - Gotha - blaue Röcke, Aufschläge, Kragen und Futter rot, Unterkleider paille, Knöpfe gelb

Die Grenadiere trugen - je nach politischer Neigung des Fürstbischofs - mal (österreichische) ,,Bärenkappen" oder (preußische) ,,gelbe" Blechmützen. Ab 1787 ist wieder Tragen von Bärenmützen belegt.

Zu diesem Zeitpunkt bestand die Infanterie aus 2503 Mann, im Jahre 1756 waren es 2646 Mann.

Die Reiter trugen weiße (1718 weiß-graue) Röcke mit roten (Nr. 1) bzw. blauen (Nr. 2) Aufschlägen, Rabatten, Kragen und Futter, sowie paille bzw. gelbe Unterkleider und gelbe Knöpfe (gelb = paille).

Für die Leibgarde zu Pferde werden blaue Röcke mit roten Aufschlägen genannt.

Die Artillerie hatte rote Aufschläge, Rabatten, Kragen und Futter und weiße Unterkleider, gold-bordierte Hüte und blaue Überröcke.

In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ist - dem preußischen Beispiel folgend - in Münster - wie auch in anderen Staaten - eine Rationalisierung der Uniformierung zu beobachten. Ein Augenzeugenbericht aus dem Jahre 1803 beschreibt die Uniformierung münsterischer Truppen wie folgt: ,,Das Münsterische Militär hatte auch immer viele Ähnlichkeit mit dem preußischen. Die Infanterie trug blau, die Hälfte blau mit roth, die andere Hälfte blau mit gelb. Die Artillerie war schöner, sie trug auch blau mit roth und die Officiere trugen eine schwarze Feder. Die Cavallerie trug weiß mit Feder; die Pauker und Trompeter trugen roth mit weißer Feder".

Die Unterkleider wurden ab 1786 bei allen Infanterie-Regimentern weiß, das Futter rot.

Zwei Regimenter (Stael und Wenge) hatten nun rote Aufschläge und Rabatten und gelbe Knöpfe und zwei andere Regimenter (Lippe und Wartensleben) gelbe Aufschläg

In der bereits erwähnten dezidierten Arbeit von Dieter Zeigert über die münsterischen Truppen und ihre Übernahme in das preußische Heer 1802/03 zitiert der Autor im Anhang ein Dokument aus dem Archiv Tatenhausen, worin die letzte offizielle Beschreibung der Uniform für die münsterische Infanterie und Kavallerie enthalten ist:

Infanterie

"Diese Uniform besteht in einem dunkelblauen Rock, mit ponceau rothen Kragen, dergleichen schwedischen Aufschlägen; rothen Unterfutter, acht weißen erhabenen Knöpfen auf jeder Seithe, dazu gehören weiße Weste und Beinkleider nebst einer breiten gebogenen silbernen Treße um den Huth, und eine schwarze Halsbinde".

Kavallerie

"Diese Uniform besteht in einem weißen Rock mit rothen stehenden Kragen, und rothen schwedischen Aufschlägen mit sechs weißen kleinen erhabenen zu zweyen gesetzten Knöpfen auf jeder Seite, auf der rechten Seite werden außer dem noch zwey dergleichen vorne herausgesetzet, weißen Unterfutter nebst silbernen Achselband, paillie Westen und Beinkleider. Der Surtout ist dunkel blau, und rothen runden Aufschlägen, derengleichen Kragen und futter, großen weißen glatten Knöpfen nebst paillie Weste und Beinkleidern. Der Hut hat eine breite gebogene silberne Treße, silberne agraffe, das gehörige Cordon nebst Federbusch zu dieser Uniform wird wie schwarze Halsbinde getragen" 5.

Quellen und Fußnoten

  1. Dieter Zeigert, Die münsterischen Truppen und ihre Übernahme in das preußische Heer 1802/03, iIn. Westfälische Zeitschrift, 141. Band/1991, S. 206.

  2. Vgl. hierzu die ältere Arbeit von Bruno Haas-Tenckhoff, Das Fürstbischöflich Münsterische Militär im 18. Jahrhundert,. in: Westfalen Bd. 15, 1930, S. 141 ff.

  3. Vgl. hierzu insbesondere: Hans Bleckwenn, Kurköln/ Münster und der "Miles perpetuus", in: Johann Conrad Schlaun 1695 - 1773. Schlaunstudie III. Katalog. 1973, S. 173 ff.

  4. Angaben entnommen: G. Tessin, Beiträge zur Formationsgeschichte des Münsterischen Militärs, 106.

  5. In. Westfälische Zeitschrift, 141. Band/1991, S. 240.

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Bischöflich Münster`scher Infanterie-Offizier vom Regiment Kur-Köln. Um 1800. Knötel, Uniformkunde, II. Band, No. 9.

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