Szenen des Krieges - Soldaten an Geschützen
Zu Beginn des Krieges wurde die Artillerie noch als Hilfswaffe angesehen, die tatsächliche Entwicklung zeigte aber rasch, dass es sich hierbei um einen überholten taktischen Ansatz handelte. Die überwiegende Mehrzahl der europäischen Militärs betrachtete nach wie vor die Infanterie als Hauptwaffe, die Rolle der Kavallerie war hingegen umstritten. Mit dem Beginn des Stellungskrieges erinnerte der Frontalltag aber eher an die Gegebenheiten eines Festungskrieges und die technischen Waffen rückten folgerichtig in den Mittelpunkt des Geschehens.
Die monatliche Produktion von schweren Geschützen für die deutsche Armee betrug im Jahre 1917 durchschnittlich 400, für die Feldartillerie wurden monatlich im Jahre 3000 Geschütze hergestellt. Aufgrund des Rohstoffmaterials sanken diese Ziffern aber im Jahre 1918 deutlich. In diesem Jahr verfügte die deutsche Armee über beinahe 18000 Geschütze an allen Fronten. Diese Zahlen belegen die hervorragende Bedeutung der Artillerie im Weltkrieg.
In seiner Regimentsgeschichte des Kgl. Preuß. Feld-Artillerie-Regiments Nr. 92 äußert sich der Autor (Freyer, Berlin 1930) zur Entwicklung des Einsatzes der Artillerie im Stellungskrieg wie folgt: "Die Art des Stellungskrieges erforderte neue Maßnahmen. Es bildete sich allmählich das Planschießen, das Schießen nach eingeschossenen Punkten, das Sperr-, Vernichtungs-, Störungsfeuer aus. Seiten- und Höhenrichtungen nach allen markanten Punkten wurden festgelegt und ein umfassendes Fernsprechnetz ausgebaut. Insbesondere das Sperrfeuer, welches später eine so außerordentliche Rolle spielen sollte, wurde im Laufe der Zeit bis zu einer wahren Kunst ausgebildet, besonders nach der Einführung des Verfahrens zur Ausschaltung der Tageseinflüsse" (S. 55).
In dem vorgenannten Werk finden sich zur Munition und Gerät im Wandel des Krieges folgende Ausführungen: "Die vorzügliche Munition, welche im Frieden für den Kriegsbedarf hergestellt war, war leider bereits nach den ersten Monaten des Weltkrieges verbraucht, da niemand mit dem sich schnell ins Riesenhafte steigenden Verbrauch gerechnet hatte. Da die Industrie auf die Herstellung großer Munitionsmengen zunächst nicht genügend vorbereitet war, wurde etwa im Oktober 1914 eine Behelfsmunition, eine Grauguß-Granate hergestellt - die sogenannte "rote Munition". Diese war unzuverlässig., da die Geschosse, infolge des großen Gewichts-Unterschiedes, außergewöhnlich große Streuungen hatten. Die Geschoßwirkung war mangelhaft. Ein kleiner Trost dabei war, dass die Franzosen unter denselben Schwierigkeiten zu leiden hatten. Unter ihrer Munition traten zu unserer großen Freude außerordentlich viele Blindgänger auf. Auch die in den belgischen Festungen eroberte und von uns verschossene Munition war vielfach im höchsten Grade mangelhaft. Im weiteren Verlauf des Krieges wurde unsere Munition besser, insbesondere als Lang-Granaten und empfindliche Zünder an die Front kamen. Das immerhin komplizierte Schrapnell-Brennzünder-Schießen musste immer mehr dem einfacheren Aufschlag-Schießen weichen. Bereits gegen Ende 1914 wurden die Franzosen von Amerika mit vorzüglichen Stahlgranaten mit starker Brisanzladung versorgt, die uns viele Verluste verursachten. Hervorragend waren trotz zunehmender Schwierigkeit in der Rohmaterialversorgung unsere Geschütze, sie hielten eine ungeheure Beanspruchung aus. Geschütze, aus denen schon über 10000 Schuss verfeuert waren, schossen noch mit anerkennenswerter Genauigkeit. Auch die späteren Verlauf des Krieges hergestellten geschütze waren von verhältnismäßig hoher Güte, auch wenn sie schmuckloser hergestellt waren und nicht mehr die dem Artilleristen vertrauten Inschriften trugen: Pro gloria et patria - Ultima ratio regis" (S. 117).