Die Kaiserliche Marine - Das III. Seebataillon in Tsingtau - Fotonachlass

Tsingtau – Das Schutzgebiet - Die Besitzergreifung

Die Kiautschou-Bucht wurde am 14.11.1897 vom Deutschen Reich in Besitz genommen. Bereits früh hatte man hatte man dieses Gebiet als einen geeigneten Handelsstützpunkt ausgemacht.

Von Beginn an betrachtete die Leitung der Marine das neue Pachtgebiet als ureigenes Interessengebiet, man strebte eine Art Musterkolonie an.

Tsingtau – Das Schutzgebiet - Beschreibung

Das Schutzgebiet bestand aus zwei Halbinseln in China. Die nördliche Halbinsel war 462 qkm groß. Hier entstand die Stadt Tsingtau. Die südliche Halbinsel umfasste nur 47 qkm.

Zur Hochwassergrenze der dazu gehörigen Bucht gehörten auch noch zwei Inseln (Yintau und Huangtau). Die Fläche der Bucht selbst wird bei Hochwasser mit 560 qkm angegeben (Graudenz/Schindler, S. 297).

Im Zeitpunkt der Besitzergreifung zählte die Bevölkerung im Schutzgebiet 84000 Personen. Diese stieg aber nach der deutschen Besitzergreifung rasch an. In Tsingtau selbst lebten im Jahre 1903 bereits 928 Weiße. Dazu kamen 26000 chinesische Bewohner. 1907 waren es schon 1184 Weiße und 31500 Chinesen (Graudenz/Schindler, S. 298). Im Jahre 1913 zählte man in Tsingtau insgesamt 55700 Einwohner, davon waren 53000 Chinesen (Gründer, 191).

Mit einer durch die Reichsmarineverwaltung sorgsam gesteuerten Politik erfuhr das ursprünglich kleine chinesische Dorf eine stetige Bauentwicklung hin zu einem vor allem europäisch geprägten Ortsbild. Insbesondere wurde die Spekulation mit Grund und Boden durch strenge Vorgaben weitgehend verhindert.

Der weiter nördlich von Tsingtau gelegene Hafen wurde ausgebaut und verfügte über ein gegen Sturm und Wellen geschütztes Becken mit einer Größe von 293 Hektar.

Bedeutung des Schutzgebietes

In einer Denkschrift aus dem Jahre 1906/07 heißt es: "Das Kiautschougebiet stellt, im Gegensatz zu den übrigen deutschen Kolonien, den reinen Typus einer Handelskolonie dar, d. h., eines räumlich eng begrenzten Gebietes, dessen wirtschaftliche Hauptfunktion in der Vermittelung des Güteraustausches zwischen zwei großen Wirtschaftsgebieten liegt" (zitiert nach: Graudenz/ Schindler, S. 296).

Gleichzeitig war aber auch der Hafen und die Bucht von Tsingtau ein oder vielmehr der wichtigste Standort für das Deutsche Kreuzergeschwader und hatte damit auch eine militärische Funktion.

Insgesamt verfolgte man aber eine eher zurück haltende Chinapolitik, vor allem um andere konkurrierende Mächte nicht zu provozieren. Durch das englische-japanische Abkommen im Jahre 1902 wurde allerdings die deutsche Position deutlich geschwächt und bei Kriegsausbruch zeigte sich dann auch, dass dieser Standort militärisch nicht zu halten war (Gründer, S. 197).

Die von deutscher Seite verfolgten wirtschaftlichen Ziele wurden auch nicht erfüllt, vor allem die mit Blick auf die Bedarfe der Marine so wichtige Kohleförderung und die angestrebte Seidenproduktion. Die Bildungsambitionen mit ca. 5400 Schüler in den deutschen Missions-Schulen werden im historischen Rückblick ebenso kritisch beurteilt (Gründer, S. 204). Das Projekt der Shantung-Eisenbahn entwickelte sich hingegen günstiger.

Tsingtau – Das Schutzgebiet - Die Gouverneure

Gouverneure des Schutzgebietes waren im Laufe der Zeit:

Kapitän zur See Rosendahl (1898 – 1899),

Kapitän zur See Jäschke (1899 – 1901),

Kapitän zur See von Truppel (1901 - 1911) und

Kapitän zur See Meyer-Waldeck (1911 – 1914).

Die Marine-Infanterie

Zu den Marine-Teilen an Land gehörte die Marine-Infanterie. Diese bestand im Jahre 1914 nach Friedag (S. 288) diese aus 3 See-Bataillone, und zwar das

I.                     See-Bataillon – 4 Kompanien, 1 Festungstelegraphenzug und 1 Maschinengewehrzug (Kiel)

II.                   See-Bataillon - 4 Kompanien, 1 Festungstelegraphenzug und 1 Maschinengewehrzug (Wilhelmshaven)

III.                 Stamm- See-Bataillon - 2 Kompanien und Stammbatterie (Cuxhaven)

Seebataillon und Ostasiatisches Marinedetachement (Tsingtau).

Ausbildung und Aufgabe der Marine-Infanterie

Zur Ausbildung der Marine-Infanterie gehörte der Infanteriedienst. Ferner wurden die für den Festungsdienst wichtigen Dienstzweige eingeübt. Außerdem gehörte zum Ausbildungsprogramm das Exerzieren am geschütz und Bootsrudern.

Die im Schutzgebiet stationierten Marineteile

Das in Tsingtau stationierte III. Seebataillon umfasste 5 Kompanien, davon war die 5. beritten.

Ferner gehörte dazu 1 Marine-Feldbatterie, 1 Marine-Pionierkompanie, 2 Maschinengewehrzüge in einem Kompanieverband.

In Tientsin war in ein Marinedetachement und in Kiautschou eine Matrosenartillerieabteilung untergebracht.

Vom Ostasiatisches Marinedetachement stand ein Teil auch in Peking.

Im Schutzgebiet gab es auch ein Artilleriedepot, ein Minendepot, die Fortifikationverwaltung, ein Hafenamt, ein Observatorium, ein Gouvernementslazarett, die Gouvernementsverwaltung, die Bauverwaltung, die Unterrichtsverwaltung, ein Schlachthof, ein Wasserwerk, ein Verpflegungsamt, die Tsingtauer Werft.

Nach Haupt (S. 146) zählte der Stab des Gouvernements in Friedenszeiten 15 Offiziere und 30 Mannschaften, das III. Seebataillon 30 Offiziere und 1269 Mannschaften. Dazu kamen noch 11 Offiziere und 1790 Mannschaften des sonstigen militärischen Personals (z. B. der Werftdivision, Sanitätspersonal usw.) sowie 19 Offiziere und 755 Mannschaften der Matrosenartillerieabteilung.

Quellen

Friedag, Führer durch Heer und Flotte. Elfter Jahrgang 1914, Nachdruck Krefeld 1974.

Graudenz, Karlheinz/ Schindler, Hanns-Michael, Die deutschen Kolonien. 100 Jahre in Wort, Bild und Karte. Augsburg 1988.

Graichen, Gisela/ Gründer, Horst, Deutsche Kolonien. Traum und Trauma, Berlin 2005.

Gründer, Horst, Geschichte der deutschen Kolonien, Paderborn 1985.

Haupt, Werner, Die Deutsche Schutztruppe 1889 - 1918, 1989.

Kleist, Herbert von, Die Kämpfe des III. Seebataillons während der Wirren 1900/01, Missionsdruckerei Tsingtau

Knopp, Guido, Das Weltreich der Deutschen. Von kolonialen Träumen, Kriegen und Abenteuern, München 2010.

Melchior. Historischer Verlag, Deutsche Truppen im Land des Drachen. Boxeraufstand und Krieg mit China. Wolfenbüttel 2007.

Ruhl (Hrgb.), Die Deutsche Marine und die Deutsche Schutztruppe für Ost-Afrika in ihrer neuesten Uniformierung. Nachdruck Starnberg 1989.

Wiesinger, Otto, Als Kriegsfreiwilliger in Tsingtau. Bilder- und Erlebnisse aus der Belagerungszeit, Shanghai 1915.

Fotonachlaß eines Seesoldaten aus dem III. Seebataillon um 1910.

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