Das Lebens- und Dienstalter des altpreußischen Soldaten

Mit dem Blick auf heutige Verhältnisse ist man leicht versucht, sich den altpreußischen Soldaten als einen relativ jungen Menschen vorzustellen. Das dies nicht der Realität entspricht, zeigt das überlieferte Belegmaterial. Die zeitge­nössischen Dokumente belegen vielmehr ein verhältnis­mäßig hohes Lebens- und Dienstalter und zeigen, dass es in den Regimentern recht viele alte Leute gab.

Altpreußisches Feldlager. Bewachung der Regimentsfahnen. Zeichnung von Richard Knötel. Entnommen aus: v. Zepelin/ v. Scharfenort, Friedrich der Große. Berlin 1912.

Bei der Beschaffung von Ersatzmannschaften war nicht nur die Körpergröße der angehenden Rekruten mit Hinblick auf das vorgeschriebene Mindestmaß von Interesse, sondern es waren auch Mindest- und Höchstaltersgrenzen zu beachten. Das Infanterie-Reglement von 1743 normierte für die Infanterie zwar kein Mindestalter, jedoch sollten die Grenadiere von , ,reifem Alter"1 und die an die Garde abzugebenden Rekruten „nicht älter als von 18. bis 26. Jahr alt seyn"2. Nach den Reglements von 1743 sollten die Kürassier- und die Dragoner-Regimenter „keine Reuter unter 30 Jahr", die Husaren-Regimenter keine Rekruten „unter 28 Jahr" anwerben3. Als Friedrich der Große in seinen letzten Lebensjahren die Aufstellung von drei Freiregimentern vorbereitete, bestimmte er, dass die entsprechenden „Leute nicht alt sondern jung sein und solche die nicht viel über 20 Jahre alt sind und laufen können, indem sie gewisse Posten im Laufen attaquiren müssen"4. An anderer Stelle hielt der König für das Personal der Freibataillone einen Altersrahmen von 20 bis 45 Jahren für akzeptabel. Das Reglement für die Wer­bung vom 01.02. 1787 bestimmte hinsichtlich des Lebens­alters der Rekruten „Auf das Alter der Rekruten ist bey deren Anwerbung ebenfalls die sorgfältigste Rücksicht zu nehmen, und soll deren keiner über 30 Jahre alt seyn. Fänden sich aber dergleichen, welche das 30ste Jahre ohnlängst erst zurück gelegt, dabey aber gesund und von robuster Consti­tution wären, auch gute Zähne hätten, so können Leute die ser Art noch wohl angeworben werden. Jedoch ist kein Re­krute über 35 Jahr anzuwerben, und wenn er gleich die vor­ theilhafteste Gestalt haben sollte"5. Im Siebenjährigen Krieg war der Mangel an Soldaten teilweise so groß, dass kriegsbedingt bereits 15-jährige Kantonisten Dienst taten. Ei­ne Ordre vom 31.12. 1773 schrieb für die Einstellung von Kantonpflichtigen vor, daß die Regimenter aus ihren Aushe­bungsbezirken (Kantons) keine jungen Männer unter 20 Jah­ren mehr einziehen sollten, die bereits eingestellten Rekruten unter 20 Jahren durften in den Einheiten verbleiben.

Vorgehende Infanterie. Zeichnung von Richard Knötel. Entnommen aus: v. Zepelin/ v. Scharfenort, Friedrich der Große. Berlin 1912.

Nach Lossow6 befand sich „die Mehrzahl der Soldaten in der Armee König Friedrichs des Zweiten wenigstens bei dem Anfang seiner Kriege ... in dem mittleren Alter zwi­schen 30 und 40 Jahren ... ''. Berenhorst7 berichtet, dass es Regimenter gab, ,,die nicht einen Mann haben, der über fünfzig Jahr alt wäre". Solche Einheiten gehörten aber zu den Ausnahmen, wie die nachfolgend gebrachten Beispiele für das Altersgefälle in altpreußischen Regimentern doku­mentieren8:

Alters­-

 

unter

 

 

 

 

über

ins-

gruppen

 

20

20-30

30-40

40-50

50-60

60

gesamt

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regt.

Jahr

 

 

 

 

 

 

 

No.      2

1777

33

925

667

123

11

 

1759

No.      6

1771

 

323

295

114

23

2

757

No.      8

1783

47

611

710

325

41

4

1738

No.  10

1766

121

912

419

161

36

3

1652

No.  16

1701

12

54

35

24

18

7

150

No.  16

1805

55

1245

950

235

28

6

2519

No.  23

1784

32

870

780

292

48

6

2028

No.  35

1747

82

1021

430

98

25

5

1661

No.  58

1797

27

153

161

40

3

 

384

         2

1806

40

364

235

115

49

3

806

K          3

1806

8

322

336

106

31

3

806

 

 

 

 

 

 

 

 

 

         6

1806

28

354

312

88

23

1

806

K          7

1804

32

293

290

123

59

9

806

K          8

1755

27

297

225

130

41

 

720

K        10

1806

16

346

277

145

27

1

812

K        11

1806

15

371

262

110

42

6

806

D        III

1775

24

366

248

130

20

2

790

D       IV

1747

53

352

262

113

 

 

780

D       V

1764

56

672

333

157

80

22

1320

Im Durchschnitt waren z. B. die Musketiere des Infanterie-Regiments von Saldern (No. 5) im Jahre 1771 30 und die Grenadiere dieser Einheit 35 Jahre alt. Die Gemei­nen des Infanterie-Regiments von Hacke (No. 8) wiesen 1783 ein durchschnittliches Lebensalter von 33 Jahren auf, wobei wiederum die Grenadiere mit 35 älter als die Musketie­re mit 32 Jahren waren. Auch im Infanterie-Regiment von Thüna (No. 23) war im Jahre 1784 das Durchschnittsalter in den Grenadier-Kompanien am höchsten (36,5 bzw. 38 Jahre), während es in der Leibkompanie am niedrigsten war (29 Jah­re). Diese Kompanie hatte nur 9 Mann mit 40 Lebensjahren und darüber. Kopka  von Lossow  berichtet  über das Infanterie-Regiment No. 16, dass das Durchschnittsalter der Gemeinen zu verschiedenen Zeitpunkten zwischen 29 und 30 Jahren betrug9. Aus dem recht hohen Lebensalter resultier­ten natürlich lange Dienstzeiten. Beispielsweise betrug die durchschnittliche Dienstzeit der Gemeinen im Infanterie­-Regiment von Saldern (No. 5) 1771 8 Jahre, hingegen dien­ten die rangierten Gemeinen des Infanterie-Regiments von Hacke (No. 8)1783 durchschnittlich seit 9 (Inländer) bzw. 10 (Ausländer) Jahren. Abschließend einige Beispiele von Dien­stalterstrukturen in Kavallerie-Regimentern:

Attacke schwerer Kavallerie. Zeichnung von Richard Knötel. Entnommen aus: v. Zepelin/ v. Scharfenort, Friedrich der Große. Berlin 1912.

Alters-­

unter

 

 

 

 

 

über insgesamt

gruppen

5

5-10

10-15

15-20

20-25

25-30

30 und darüber

Regt.

Jahr

 

 

 

 

 

 

 

 

K  2

1806

250

174

129

99

67

53

34

806

K  3

1806

206

139

208

137

67

23

26

806

K 6

1806

212

192

166

126

60

33

17

806

K 7

1804

187

164

153

145

43

61

53

806

K 10

1806

173

198

168

109

95

39

30

812

K 11

1806

241

155

162

114

56

44

34

806

D IV

1755

207

184

135

51

62

53

28

720

D IV

1765

328

166

58

62

67

15

25

721

D III

1775

305

175

137

59

28

8

8

720

D IV

1776

288

154

143

75

23

22

15

720

D IV

1785

206

232

125

82

51

16

8

720

D IV

1796

210

190

106

107

53

36

18

720

D IV

1804

263

150

119

80

35

52

21

720

D III

1805

161

212

141

127

47

22

10

720

Husaren-Patrouille. Zeichnung von Richard Knötel. Entnommen aus: v. Zepelin/ v. Scharfenort, Friedrich der Große. Berlin 1912.

Die Dienstpflicht in der altpreußischen Armee war zeitlich nicht begrenzt, der Ausländer (ohne Kapitulation) und der Inländer dienten auf „lebenslang"10. Die Ausländer kapi­tulierten aber in der Regel auf eine bestimmte Anzahl von Jahren. Friedrich Wilhelm 1. verbot im Jahre 1713 den Ab­schluß von zeitlich befristeten Kapitulationen11); dies war aber in der Praxis nicht durchzusetzen. Laut Ziffer 15 der ,,Disposition  und Ordres,  wonach  die Königl.  Preuß. Infanterie-Regimenter von dato den 13. September1732 we­gen der Werbung sich zu verhalten haben sollen", sollten die neuen Kapitulationen für eine Laufzeit von sechs Jahren ab­geschlossen werden,es sind aber auch solche für drei Jahre bekannt12. Unter König Friedrich Wilhelm I. war bei einer erneuten Kapitulation nur für die Soldaten des 1. und 4. Gliedes auch eine erneute Auszahlung des Handgeldes ver­bunden. Das bereits erwähnte Reglement für die Werbung vom 01.02.1787 bestimmte, dass die Kapitulationen bei der Infanterie für einen Zeitraum von 10 Jahren (und einen Tag) und beider

Wie die Ausländer, welche sich freiwillig weiter verpflich­teten oder ihre Kapitulationen (z. B. zur Erlangung eines Heiratskonsenses) abgegeben hatten, dienten auch die Inlän­der im Grunde bis zur Invalidität. Eine Ausmusterung er­folgte grundsätzlich nur bei mangelnder körperlicher Tüch­tigkeit, was in der Regel eine zu kleine Statur bedeutete, oder bei Übernahme eines bäuerlichen Hofes. Erst die Novellie­rung der Kantonverfassung durch das Kanton-Reglement vom 12.02. 1792 brachte für die Inländer eine Regeldienst­ zeit von zwanzig Jahren mit sich. Ein Abschied sollte nach Ableistung der zwanzigjährigen Dienstzeit aber nur dann er­folgen, wenn der entsprechende Soldat nachweisen konnte,,wie er, ohne den öffentlichen Invaliden­ Versorgungsanstalten zur Last zu fallen, und, ohne etwas mehr, als das freye Bürger- und Meisterrecht zu verlangen, sich ernähren im Stande ist"13. Die noch nicht einrangier­ten Kantonpflichtigen hatten sich vom 16. bis zum 45. Le­bensjahr jährlich den Kantonrevisionen zu stellen und erst mit Erreichen des genannten Höchstalters galt die Dienst­pflicht als erloschen. Die Nichtbegrenzung der Dienstzeit für die Inländer wurde als Mangel empfunden. Deshalb schlug General von Moellendorff im Rahmen der Reformbemü­ hungen zu Beginn der Regentschaft Friedrich Wilhelms II in einer Denkschrift vom 9. VI. 1788 die Begrenzung der Dienstzeit auf 18 - 20 Jahre vor, diesem Gedanken schloß sich der Herzog von Braunschweig in einem Pro Memoria vom 19. VI. 1788 an14. Grundsätzlich dienten die Inländer aber auch schon vor der Festlegung einer Regeldienstzeit nur 20 Jahre15, wenn man überhaupt von einer zwanzigjähri­gen Dienstzeit sprechen konnte, denn der aktive Dienst der Kantonisten und auch eines Teiles der Ausländer, nämlich der Freiwächter, war auf die sogenannte Exerzierzeit be­schränkt. Diese währte nach dem Reglement von 1726 noch drei Monate, war aber schon im Reglement von 1743 auf zwei Monate reduziert und umfasste später nur noch sechs Wochen.

Technische Truppen. Ingenieure und Mineur. Zeichnung von Richard Knötel. Entnommen aus: v. Zepelin/ v. Scharfenort, Friedrich der Große. Berlin 1912.

In erster Linie standen Kostengründe einer Einschränkung der Dienstzeit entgegen, denn der verabschiedete Soldat musste ja nicht nur durch einen Rekruten ersetzt werden, was zumindest bei den Ausländern unter Umständen mit der Ausschüttung eines Handgeldes verbunden war, sondern ge­gebenenfalls auch noch versorgt werden. Die Versorgung dienstuntüchtiger Soldaten im Rahmen des Invalidenwesens war aber in der altpreußischen Armee vor allem mangels fi­nanzieller Mittel nur unzureichend geregelt. So nahm man lieber eine gewisse Überalterung der Mannschaft in Kauf. Allerdings begrüßte man auch das Vorhandensein eines ,,Al­ten Stammes" bei den Regimentern, da diese erfahrenen, im Dienst ergrauten Soldaten die Qualität einer Einheit stabili­sierten, quasi als Korsettstangen fungierten. Mit Ordre vom 13.09.1732 kritisierte deshalb Friedrich Wilhelm I.: ,,Wei­len Se. Königl. Majestät auch bemerkt, daß einige Regimen­ter große Kerls ausrangiert haben, welche noch gesund und frisch gewesen, auch noch lange hätten dienen können, ob sie schon gleich bei Jahren gewesen, so befehlen sie allen De­ro Chefs und Commandeurs, daß ins Künftige kein alter Kerl nicht eher ausrangiret werden soll, als bis er nicht mehr marchiren kann"16. Am 20. VI. 1742 befahl Friedrich der Große: ,,Die Stabsofficiers müssen eine sonderbare atten­tion auf conservation der alten Soldaten haben ... '' und in einer Kabinettsordre vom 9.08. 1747 hieß es: alte Unterof­fiziere sollen solange „als möglich bei dem Regiment" be­halten werden17. Der Chef von H 5, Joseph Theodor Frei­ herr von Ruesch, erhielt im Jahre 1749 ein scharfen königli­chen Befehl folgenden Inhalts: ,,Er hat in einem Monat 43 Husaren seines Regiments dimittiert. Davon bin Ich ganz übel zufrieden und begreife nicht, wie Ihr dazu kömmt ohne Mich zu fragen, so viele alte Leute auszurangieren. Nur ganz invalide Husaren dürfen ausrangiret werden, die anderen bleiben im Regiment, solange sie nur capable zu dienen"18. Gegenüber dem Chef des 1. Artillerie-Regiments und In­spekteur der gesamten Artillerie, Georg Ernst von Holzen­dorff, äußerte sich der König mit Schreiben vom 21. 06. 1783 noch einmal über die Bedeutung alter Soldaten: ,,Ich werde gewahr, daß Sie bey der Artillerie so viel Unteroffi­ciers verabschieden und herumschicken, die noch guth die­nen können, und Ich werde von dergleichen alle Tage über­lauffen, die keineswegs invalide sind und nur im Dienste ver­sorgt seyn wollen. Das ist aber keineswegs Meiner intention gemäß, daß Sie die Leuthe von der Artillerie so leichte gehen lassen sollen. Besonders was die Unterofficiers sind; denn wenn&olche auch alt geworden sind, so schicken sie sich um so besser zum Dienst; denn sie haben um so mehr Erfahrun­ gen, und ist das besser als andere junge Menschen, die die Sache erst lernen sollen ... "19.

Die Infanterie begleitendes Geschütz wird vorgebracht. Zeichnung von Richard Knötel. Entnommen aus: v. Zepelin/ v. Scharfenort, Friedrich der Große. Berlin 1912.

Den königlichen Befehlen und praktischen Erwägungen gehorchend, versuchte man die alten Soldaten zu „conservi­ren" und dokumentierte die Lebensaltersstruktur durch exakte Personalstatistiken auf Regimentsebene: zu den we­sentlichen persönlichen Daten des Soldaten, welche Eingang fanden in die Listen und Tabellen der Regimentsbücher, ge­hören neben Personenstand, Profession, Körpergröße und Nationalität (Vaterland) auch Angaben zum Lebensalter und zur Dienst- und Felderfahrung. In üblicher Manier wur­den die Werte zum Alter des Soldaten im Nachgang zu den einzelnen Kompaniestammrollen übersichtlich zusammen­ gestellt und dieses Gesamtergebnis festgehalten. So war es sofort möglich, detailliert Auskunft zu geben über die Al­terssituation im Regiment. Die momentane Bilanz wurde dem Vorjahresergebnis gegenüber gestellt, das Altersgefälle, nach Gruppen geordnet, fixiert und der „Alte Stamm" der Formation mit besonderer Berücksichtigung der „Krieges­ Begebenheiten" aufgeführt. Zeigt sich hier zum einen das Bedürfnis, das Potential an erfahrenen Kombattanten fest­zuschreiben, so kann man dies zum anderen auch mit einem gewissen Traditionsbedürfnis verbinden: das Regiment wur­de als ein geschichtsträchtiger Organismus verstanden, des­sen Angehörige als Akteure und Teilnehmer kriegsgeschicht­licher Aktionen Erwähnung verdienen.

Es gibt zahlreiche Beispiele für das Vorhandensein eines ,,Alten Stammes" in den Regimentern, hier eine Auswahl:

Von den Mannschaften des Infanterie-Regiments von Saldern (No. 5) gehörten im Jahre 1771 71 Unteroffiziere, 6 Spielleute und 179 Gemeine (einschließlich von 5 Überkom­pletten) zum „Alten Stamm". 1 Unteroffizier, 1 Spielmann und 2 Gemeine waren „in Schlesien ano 1740 et 42", 26 Un­teroffiziere, 2 Spielleute und 37 Gemeine „in Böhmen, Sach­sen, ano 1744 et 45". Auch ein „Rheinströmer" diente noch im Regiment (der Regimentstambour).

Das Infanterie­-Regiment von Hacke (No. 8) hatte 1783 noch 69 Unteroffi­ziere, 6 Spielleute, 155 Gemeine aus dem Siebenjährigen Kriege. 1787 dienten im Infanterie-Regiment von Braun (No. 13) noch „mehrere Unteroffiziere und 60 Gemeine", die bereits die Schlacht von Prag (6. V. 1757) mitgemacht hatten. 1777, also 14 Jahre nach der Beendigung des Sieben­jährigen Krieges, hatte das Infanterie-Regiment Prinz Hein­ rich (No. 35) noch 3/4 der Unteroffiziere, 1/5 der Spielleute und mehr als 1/ 4 der Gemeinen, die diesen Krieg als Akteure miterlebt hatten.

Im Jahre 1806 gehörten zu dem Kürassier­ Regiment von Beeren (K 2) vor Beginn des Feldzuges nicht weniger als 109 invalide Soldaten, die in Reih und Glied stan­ den und teilweise bereits seit 1802 als solche anerkannt wa­ ren.

Das Regiment der Garde du Corps (K 13) zählte 1788 noch 3 Unteroffiziere, 1 Trompeter und 14 Gardes du Corps, die noch an der Schlacht von Leuthen (05.12.1757) und 7 Unteroffiziere, 1 Trompeter und 22 Gardes du Corps, die noch an der Schlacht von Zorndorf (25. VIII. 1758) teilge­nommen hatten. 15 Unteroffiziere, 1 Trompeter und 56 Gar­des du Corps gehörten schon beim Einmarsch des Regimen­tes 1763 zu demselben.

Unter den Mannschaften, die 1806 in dem Dragoner-Regiment König von Bayern (D I) standen, war noch ein Quartiermeister, der schon seit 1756 diente. 374 waren in den „Rheinkampagnen" (1792-95), 153 im hollän­dischen Feldzug (1787) und 75 im Bayerischen Erbfolgekrieg (1778/79) engagiert.

1805 hatte das Dragoner-Regiment von Ansbach-Bayreuth (D V) noch 6 Mann, die den 7-jährigen Krieg mitgemacht hatten und 142 Mann, die schon 1779 dienten.

Das Dragoner-Regiment von Borcke (D VII) wies 1786 noch 1 Unteroffizier auf, der sämtliche Feldzüge Fried­richs des Großen mitgemacht hatte, 133 hatten schon im Sie­benjährigen Krieg in der Einheit gedient.

Mit Ordre vom 04.05.1743 wies Friedrich der Große den Chef von H 1; Johann von Bronikowski, an, dass die alten Husaren zu verabschie­den sind, es handelte sich um zwei 90-jährige (!) Husaren 20).

Beim braunen Husaren-Regiment (H 6) machte ein 86-jähriger Husar den Feldzug von 1792 mit21 und vom Husaren­ Regiment von L'Estocq (H 1) ist bekannt, dass Anfang 1806 in ihm ein 82-jähriger Unteroffizier diente, 3 Leute waren über 70 und 9 über 60 Jahre alt.

Marschierende Infanterie. Zeichnung von Adolph v. Menzel. Entnommen aus: Franz Kugler, Geschichte Friedrichs des Großen. Ungekürzte Volksausgabe. Leipzig o. J.

Das Festhalten bereits invalider Soldaten in Reih und Glied22 wirkte sich allerdings negativ auf die Schlagkraft der Truppe aus. Zu junge oder zu alte Soldaten litten natür­lich besonders unter den Belastungen eines Feldzuges; die dadurch bedingten erhöhten Ausfälle konnten insbesondere bei unregelmäßiger Verpflegung oder extremen Einsatzbe­dingungen (z.B. überlange Märsche) zum vermehrten Aus­fall oder ansteigender Fahnenflucht führen. Die den Anfor­derungen eines Ernstfalles nicht gewachsenen Soldaten stell­ten dann die Gruppe der Deserteure, der Zurückbleibenden und bevölkerten die Lazarette. Dennoch machte die „Conservirung" alter Soldaten Sinn, denn es gibt viele Beispiele für das beherzte Verhalten gerade älterer Soldaten in Krisen­situationen, z. B. in der Nachtschlacht von Hochkirch. Älte­re Soldaten hatten auch eine soziale Funktion im Regiments­verband inne, denn sie konnten durch vorbildliche Haltung und Zureden jüngeren Kameraden die Anpassung an die von Zwang und Gehorsam geprägte Welt des Militärs erleich­tern. Diese Integrationshilfe beim Sozialisationsprozeß von Rekruten oder widerwilligen Soldaten ist in der Literatur mehrfach bezeugt, so berichtet Fürst Leopold von Anhalt­ Dessau in seinen Schriften: ,,Es ist gewiß, daß ich es zu vie­len mahlen erfahren, daß liederliche Soldaten, die sich weder vor Straffe noch Zureden der Officiers beßern wolten, wenn ich sie durch alte Soldaten zureden !aßen, sich hierdurch so geändert, daß wenn ich von der Compagnie bin abwesend gewesen und wieder dabey gekommen, dieselben fast nicht wieder gekennet habe''23.

Der positive Einfluss älterer auf jüngere Soldaten im Sinne der Disziplinierung wird ebenso durch die Memoiren des wohl bekannten „armen Mannes im Tockenburg" (Bräker) bestätigt24. Hierzu trug auch bei, dass das Alter sich im 18. Jahrhundert auf der Höhe seines Ansehens befand, in der Hie­rarchie betonten Welt jener Zeit galt das Alter als Autorität und die Macht des Älteren war unangefochten25. Deutlich spricht Mente dies in seinen Erinnerungen an: ,,Wenn es den jungen Leuten auch gestattet war, im Kreise der Alten Platz zu nehmen, so war es ihnen doch keineswegs erlaubt, sich an der Unterhaltung zu betheiligen, denn der altgediente Soldat nahm damals einen besonderen Respekt in Anspruch, welchen er ungeahndet niemals verletzen ließ. Ja selbst der altgediente gemeine Mann gestattete seinen jüngeren Kameraden kein vorlautes Benehmen; derselbe durfte auch nur reden, wenn er gefragt wurde, auch war es ihm während seiner Rekrutenzeit, welche damals ein volles Jahr dauerte, nicht erlaubt, seine äl­teren Kameraden mit „Du" anzureden, sondern er musste das für respektvoller gehaltene „Er" gebrauchen26. So ist es nur verständlich, dass Friedrich der Große nach den ersten verlu­streichen Schlachten des Siebenjährigen Krieges den Verlust gerade dieser erfahrenen Kader beklagte: ,,Diese alten braven Soldaten waren nicht mehr vorhanden, und die neuen, aus de­nen die Armee zusammengesetzt war, bestanden größtenteils aus Deserteuren oder aus schwachen jungen Leuten unter 18 Jahren, die unfähig waren, die schweren Strapazen einer Kampagne auszuhalten"27.

Fußnoten:

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