Die preußische Armee unter Friedrich Wilhelm I. (1713 - 40) - Kapitel 17 - Der bunte Rock (Die Kavallerie).
Vorbemerkung
Nachfolgend wird die Uniformierung und Ausrüstung der altpreußischen Kavallerie unter König Friedrich Wilhelm I. (1713-40) beschrieben.
Zur Organisation und den inneren Verhältnissen sowie der Remontierung der Kavallerie in dem besagten Zeitraum wird ergänzend verwiesen auf den separaten Beitrag: Die preußische Armee unter Friedrich Wilhelm I. (1713 - 40) - 5. Kapitel - Die Kavallerie.
Dem zeitgenössischen Militärschriftsteller Wallhausen folgend bestand die deutsche Reiterei im 17. Jhdt. aus schwer gepanzerten Speer-Reutern, aus schwer gepanzerten Kürassieren und aus leicht bewaffneten Bandelier-Reuter oder Arkebusiere.
Die erstere Gattung, auch Lanzierer genannt, wurde von Wallhausen (1616) als "der Edelste, Principaleste, und Köstlichste Theil unter der Cavalleriey" genannt. Sie verschwand aber bereits zu Anfang des Dreißigjährigen Krieges. Hierbei hatte es sich vor allem um Edelleute gehandelt.
Übrig blieben die Kürassiere und die leichter berittenen Dragoner. Letztere waren vor allem - aus Gründen der Mobilität - als beritten gemachte Infanterie gedacht. Ihr Aufstieg zur regulären Schlachtenkavallerie wurde erst unter Friedrich dem Großen voran getrieben und gelang in den Schlesischen Kriegen.
Unter Friedrich Wilhelm I. wurde vor allem der Bestand an Infanterie vermehrt.
Die beim Regierungsantritt im Jahre 1713 vorgefundene Kavallerie wurde zwar auch ausgebaut, aber der Schwerpunkt der quantitativen und auch qualitativen Fortentwicklung vor 1740 fand bei den Fußtruppen statt.
Im Jahre 1740 waren nach Kling (Kürassier- und Dragoner-Regimenter, S. 7) 12 Kürassier- und 6 Dragoner-Regimenter vorhanden:
Der Kürass
Von der ursprünglichen schweren Panzerung bzw. dem Kürass leitete sich die Bezeichnung der Kürassiere ab.
Der Kürass wurde von König Friedrich Wilhelm I. wieder eingeführt (Befehl vom 27.02.1715), er war nämlich schon im vorigen Jahrhundert außer Gebrauch gekommen.
So erhielt z. B. nach Schwerin K 6 im Jahre 1715 - wie auch die anderen Regimenter - schwarze Kürasse. Diese waren mit Leinen gefüttert.
Es waren im Übrigen nur Rückenstücke, auch bei den Offizieren, allerdings spricht ein kgl. Befehl vom 27.02.1715 an K 10 von Brust- und Rückenstücken (Kling, S. 86). Dieser Befehl ging auch gleichlautend an alle anderen Kavallerie-Regimenter.
Die Kürasse wurden durch Rückenriemen gehalten.
Nach Jany sollen 1715 insgesamt 9000 Kürasse in Nürnberg und 3000 in Suhl bestellt worden sein (siehe auch König, Residenzsadt Berlin, IV., S. 373). Die entsprechenden Kosten werden mit 25690 Thaler, 16 Groschen, 9 Pfenning angegeben.
Das Offizierkorps von K 6 hatte als einziges Regiment der schweren Reiterei blanke Kürasse.
Als aber der Inhaber dieser Formation beim König anfragte, ob die Kürasse der Offiziere zukünftig auch schwärzen lassen sollte, antwortete dieser: " Ich finde Dero Meinung, die jetzigen Officier-Kürasse den übrigen egalisiren zu lassen recht und Meiner Meiner Absicht conform" (Schwerin, Bd. I., S. 208).
Auch die Dragoner hatten zunächst Kürasse bekommen, verloren diese aber später wieder. Es scheint so, als wenn der König Friedrich Wilhelm I. zunächst an die Schaffung einer Einheitskavallerie gedacht hatte.
Der Koller oder das Kollet der Kürassiere
Mit der Abschaffung der Kürasse vor 1740 war den schweren Reitern nur noch das metallene Hutkreuz und der lederne Koller bzw. das Kollet als Schutzbekleidung verblieben.
Die ledernen Koller bzw. Kollets hatte lange Schöße, einen niedrigen - daumenbereiten - Stehkragen und schmale Achselklappen. Die Ärmelaufschläge waren schwedisch.
Das Koller bzw. das Kollet wurde bei Bedarf gelb angestrichen.
Er bzw. es wurde im Übrigen gehakt und nicht geknöpft.
Ab 1732 wurden dann Koller bzw. Kollets aus Kirsey (= grober Stoff) und Tuch eingeführt.
Der Rock der Kürassiere
Über den erwähnten ledernen Kollets bzw. tuchenen Westen trugen Reuter und Dragoner schon im 17. Jhdt. Röcke.
Die Röcke waren von weißer Farbe.
Seit 1714 (07.05.) sollten die Röcke nur noch aus Kirsey (= Stoff) gefertigt werden..
Der entsprechende kgl. Befehl findet sich bei Kling (Kürassier- und Dragoner-Regimenter, S. 115).
Kragen und Aufschläge zeigten die differenzierende Regimentsfarbe (siehe die nachfolgende Übersicht).
Das Futter war aus Boy.
Ab Herbst 1714 wurde befohlen, dass sich die Regimenter auch wieder mit dem Koller bzw. dem Kollet ausstatten sollten.
Die Röcke blieben daneben gebräuchlich. Die Koller bzw. Kollet (= Dienstanzug) sollten nach Jany aber nur dann getragen werden, wenn das ganze Regiment zusammen war.
Der Rock (Kaputrock) konnte auch darüber angezogen werden.
Erwähnenswert ist, dass K 10 ausnahmsweise einen besonderen blauen Kaputrock hatte.
Die Weste der Kürassiere
Nach Einführung der ledernen Koller bzw. Kollets trugen die Kürassiere darunter eine Weste, später als Kamisol und noch später als Chemisette bezeichnet.
Auch unter den Kollets aus Kirsey wurden diese Westen getragen. Sie wurden nur gehakt und hatten vorn herunter und unten herum einen schmale Einfassungsschnur.
Bei K10 waren sie dunkelblau.
Der Hut des Kürassiers und des Dragoners sowie die besondere Grenadiermütze des Regiments Derflinger
Kürassiere und Dragoner trugen Hüte und diese erhielten unter König Friedrich Wilhelm I. ihre - wie bei der Infanterie - typische dreieckige Form.
Als Kopfschutz wurden zusätzlich die bereits erwähnten eisernen "Casquets" mitgeführt, in einem Futteral oder an einem Riemen.
Das Dragoner-Regiment D III. führte seit dem 22.08.1714 die ehrenvolle Bezeichnung "Grenadiere zu Pferde. Um diese Auszeichnung auch äußerlich zu dokumentieren, war die Formation mit besonderen Kopfbedeckungen ausgestattet. Neben den üblichen Hüten für den kleinen und mittleren Dienst trug das Regiment fortan eine Art Füsiliermütze (auch dargestellt in der Dessauer Spezifikation von 1729), später scheint es die von No. 6 abgelegte Garnitur von Grenadiermützen getragen zu haben (dargestellt in der Dessauer Spezifikation von 1737). Aufgrund eines bösen Versagens einer Schwadron des Regimentes am 27.02.1741 bei Baumgarten verlor es aber diese besondere Kopfbedeckung und musste sie an das Infanterie-Regiment No. 42 abgeben“ (Bleckwenn).
Die Haartracht
Noch unter dem Großen Kurfürsten wurde "das Haar frei getragen, ohne in irgend eine Form gebracht zu sein " (König, Residenzstadt Berlin. II., S. 493).
Unter König Friedrich Wilhelm I. wurde die Haartracht des Reuters bzw. Dragoners der (nun) in der ganzen Armee übliche Zopf bzw. der Haarschwanz (zum Wandel der Frisur in dieser Periode allgemein vgl. König, a. a. O., S. 258).
Im Cavallerie-Reglement von 1720 hieß es: "Die Haare müssen denen Leuten in guter Ordnung gehalten werden und wenn sie zu lang sind, muß man sie verschneiden und müssen die Pferde allezeit in geflochtenen Haaren gehen" (S. 287).
Und das Cavallerie(Kürassier)-Reglement von 1727 bestimmte: "Die Haare müssen allzeit gut verschnitten werden, daß die Ohren bedecket sind, und es soll kein Unter-Officier oder Reuter eine Perruque trage, es sei denn, daß der nothwendig eine Perruque tragen müste, als dann die Perruque von der Facon wie bey des Königs-Regiment gemachet sein soll" S. 557).
Der Mantel des Reiters
Der früher übliche große ärmellose blaue Reitermantel wurde unter Friedrich Wilhelm I. (ab 1727) aus Kostengründen abgeschafft.
Allerdings bekamen die Dragoner große weiße Röcke (Kaputrücke genannt). Diese hatten farbige Kragen und Ärmelaufschläge.
Die Bein- und Fußbekleidung
Die Kürassiere und Dragoner hatten als Beinbekleidung enge lederne Hosen. Diese reichten knapp unter das Knie.
Kennzeichnend für die Kürassiere und Dragoner waren Stiefel mit großen Stulpen.
Im Fußdienst und außer Dienst wurden Schuhe getragen.
Darüber wurden dann weiße Stiefeletten angezogen.
Aus kgl. Befehlen vom 30.06.1730 und vom 18.09.1732 ist ersichtlich, dass im Dienst schwarze Stiefeletten üblich wurden.
Besonderheiten bei der Uniform der Offiziere, Unteroffiziere und Trompeter der Kürassiere und Dragoner
Beim Kollet der Offiziere der Kürassiere lief die Tresse vorn herunter und um die zurück geschlagenen Schöße. Auch die Chemissette war mit Tresse eingefasst.
Die Unteroffiziere der Kürassiere und Dragoner hatten schwarz-weiße Hutkordons und einen besonderen (goldenen) Tressenbesatz um den Kragen und die Ärmelaufschläge sowie einen besonderen Degenquast.
Die besondere Ausstattung der Uniformierung der Pauker, Hautbois und Tambours der Dragoner oblag den Regimentsinhabern.
Die Hautbois trugen den Hut und den Degenquast der Unteroffiziere.
Text zu den zuvor gezeigten Porträts
Oben links:
Otto Gustav v. Lepell (1657-1735), seit 1721 Generalmajor, Kommandeur von K 2.
Oben rechts:
Friedrich Leopold v. Geßler (1688 - 1762), seit 1739 Generalmajor, seit 1733 Chef von K 4. Wurde 1751 Generalfeldmarschall.
Mittig:
David Hans Christoph v. Lüderitz (1699 - 1756), seit 1752 Generalmajor, seit 1753 Kommandeur en chef von K 5.
Unten links:
Dubislav Gneomar v. Natzmer (1654 - 1739), 1691 Chef von K 10, wurde 1728 Generalfeldmarschall.
Unten rechts:
Friedrich Wilhelm v. Brandenburg-Schwedt im Rock von K 5, um 1740 oder 42.
Der Rock der Dragoner
Schon vor dem Regierungsantritt Friedrich Wilhelms I. trugen (auch) die Dragoner weiße Röcke.
Wie bei den Kürassieren wurden solche ab dem Jahre 1714 aus Kirsey gefertigt.
Vom Schnitt her folgte der Rock der Entwicklung des Rockes der Infanterie.
Er bekam Klappen bzw. Rabatten. und hatte runde Ärmelaufschläge mit einer weißen Patte. D VII verlor aber später wieder die (weißen) Rabatten (Kgl. Befehl an Oberst v. Massow v. 19.01.1737, Kling, S. 115).
Die Knöpfe waren von Messing.
Die Klappen und Ärmelaufschläge zeigten die jeweilige Regimentsfarbe (siehe hierzu die nachfolgende Übersicht).
D II scheint aber weiße Klappen gehabt zu haben (laut Jany 1735, die Aufschläge blieben hellblau.).
Teilweise (bei K 6 und 7) hatten auch die Kragen die Regimentsfarbe.
Koller und die Weste des Dragoners
Auch die Dragoner erhielten zunächst lederne Koller.
Ab 1727 erhielten die Dragoner dafür "bockfellene" Westen oder Camisöler.
Am Ende seiner Regierungszeit wurde tuchene Westen (seit 1733) eingeführt.
Laut dem Dragoner-Reglement von 1727 (S. 552) sollten bei Neueinkleidung aus den alten Röcken Kamisöler gemacht werden.
Die Bewaffnung der Kürassiere und der Dragoner Pallasch/ Faustriemen/ Karabiner, Patrontaschen, Karabiner-Bandelier, Pistolen
Die Kürassiere erhielten unter Friedrich Wilhelm I. einen Pallasch. Vorher hatten sie einen schweren Degen gehabt.
In einem Rundschreiben aus April des Jahres 1733 wurde befohlen: "Hiernach sollen die Cavallerie-Regimenter neue Degen erhalten", die "mit tüchtigen Gefäßen und Scheiden gemachet sein". Die neuen Gehenke mit den Degentaschen sind "nur umzumachen vor dem König oder beim Marsch" (Kling, Kürassier- und Dragoner-Regimenter, S. 160).
Ende August des Jahres 1733 erhielt Friedrich Leopold Graf v. Geßler (* 24.06.1688 in Jodschen, untergegangener Ort im Landkreis Gumbinnen; † 22.08.1762 in Brieg, Regimentsinhaber von K 4) das das nachfolgende Schreiben v. 20.08.1733:
"An den Obristen von Geßler. Ich habe gut gefunden vor die Unter-Officiers und Reuter Eures Regiments Degens machen zu lassen, die da recht die Länge von Klingen haben und mit tüchtigen Gefäßen und Scheiden gemacht seynd. Ich sende also Eurem Regiment hiermit 730 Stück und befehle, solche niemahlen zu gebrauchen, als wenn Ich das Regiment sehen, oder aber wenn dasselbe marchieren muß., alsdann das Regiment die alte Degens in seinen Garnisonen lassen und die neue Degen tapfer umhängen und mitnehmen soll. Wenn ein Degen entzwey gehet, oder eine Klinge abbricht, sollen sie eben dergleich wieder machen lassen und eben solche gute steife lange Klingen einsetzen lassen, und diese seynd, derowegen sie dergl. Klingen aus der Potsdamschen Gewehr Manufactur in Vorrath kommen lassen sollen. Es sollen diese Degens von Eurem Regiment auch wohl bewahret werden, und zwar auf dem Schlosse zu Pr. Holland, woselbst Ihr einen bequeme Ort aptiren lassen sollet, da die Degens wohl auff gehangen werden und müssen die Klingen und Gefäße alle Woche abgewichset und also in gutem Stande erhalten werden" (Priesdorff, Geßler, S. 28/29).
Auch die Dragoner bekamen ab Mitte der dreißiger Jahren Pallasche bzw. längere Degen mit einem Korb aus Messing, welchen ein Adlerkopf schmückte. Die Scheiden waren aus Leder mit Beschlägen aus Messing. Die Kosten für die Erstbeschaffung beliefen sich auf insgesamt 183333 1/3 Thaler (22.11.1734, Kling, Kürassier- und Dragoner-Regimenter, S. 161).
Pallasche und Degen wurden in einem Gehenk getragen.
Dazu hatten die Kavalleristen Karabiner und Pistolen.
Über der linken Schulter hing für den Karabiner das Bandelier aus gelben Leder. Es hatte einen Karabinerhaken für die Schusswaffe und an ihm hing die Patronentasche mit 30 Schuss.
Das Lederzeug (auch Carabiner-Riemen, Gehenke, Handschuhe) wurde bei Bedarf angestrichen. Im Dragoner-Reglement von 1727 (S. 555, vgl. dazu auch S. 571) heißt es dazu: "Denn solches Lederzeug, wenn es gewaschen und angestrichen ist, ebenso gut als neu ist".
Die Säbeltasche der Kürassiere
Vor 1729 hatten die Kürassiere noch keine Säbeltaschen.
Sie wurden schließlich ab dem Jahre 1733 eingeführt, da die knapp sitzende Uniform nicht über Taschen verfügte.
Die Chiffre auf den Säbeltaschen war regelmäßig weiß.
Sonstiges (Halstuch bzw. Halsbinde), Hemd, Kittel. Fouragiermütze
Kavalleristen hatten im Übrigen - für den Stalldienst usw. - auch Kittel und sogenannte Fouragiermützen.
Pferdebekleidung
Zur Pferdebekleidung gehörten Schabracken und Schabruncken sowie der Mantelsack.
Der Sattel, das Gepäck und das Zaumzeug waren bei den Kürassieren und Dragonern gleich.
Die Schabracken und die Holferkappen (Schabruncken) hatten einen farbigen Besatz in der jeweiligen Regimentsfarbe und zeigten in den Ecken ein gekröntes Wappenschild mit dem schwarzen Adler.
In kgl. Befehlen aus den Jahren 1734 und 1736 (Kling, Kürassier- und Dragoner-Regimenter, S. 155) ist von der Anschaffung weißer Hammelfelle für den Marsch zu lesen (Tambours: schwarze). Sie scheinen sich aber nicht bewährt zu haben und wurden ab 1737 durch solche aus Kuhleder ersetzt.