Szenen des Krieges - Stellungskrieg - Schützenlöcher und - gräben.
Nach einem anfänglichen Bewegungskrieg erstarrte die Westfront nach der Marneschlacht im Stellungskrieg. Im Herbst 1916 hatten die deutschen Schützengräben im Westen eine Länge von 700 km, im Osten von 1000km und im Süden von 500 km. Hierbei sind die mehrfachen Linien und die Verbindungswege nicht gerechnet. Wöchentlich wurden Tausende Tonnen an Stacheldraht benötigt. Schon viele Jahre vor dem 1. Weltkrieg hatte einige Wenige genügend Weitblick, um das Kommende voraus zu sehen:“. Dies waren aber nur Einzelstimmen. Trotz der einschlägigen Erfahrungen in den verschiedenen Kriegen vor 1914 wollten die führenden Militärs das veränderte Kriegsbild nicht wahrhaben, sondern propagierten nach wie vor antiquierte taktische Grundsätze. Der Lösungsansatz mit immer größer werdenden Geschützeinsatz und Munitionsverbrauch die an Festungen erinnernden Stellungen auf beiden Seiten aufzubrechen und zum Bewegungskrieg zurück zu kehren, ging zu mindestens im Westen nicht auf.
Die Front im modernen Stellungskrieg bedeutete Drahtverhau zwischen den gegnerischen Schützengräben, dahinter mehr oder weniger befestigte Bereitschafts- und Reservestellungen. Schützenlöcher wurden miteinander zu Schützengräben verbunden, Laufgräben verbanden die Front mit rückwärtigen Stellungen. Befestigte unterirdische Unterstände wurden für die Fronttruppen angelegt.
Der Kriegsteilnehmer Ernst Jünger berichtet: „Um in die vordere Linie, kurz „der Graben“ genannt, zu gelangen, betreten wir einen der zahlreichen Annäherungswege oder Laufgräben, deren Aufgabe es ist, den gedeckten Anmarsch in die Kampfstellung zu ermöglichen. Diese oft sehr langen Gräben führen also auf den Gegner zu, sind aber, damit sie nicht der Länge nach bestrichen werden können, zickzackförmig oder in schwachen Bogenlinien geführt. Nach viertelstündigem Anmarsch schneiden wir die zweite Linie, die der ersten parallel läuft und in der Widerstand fortgesetzt werden soll, wenn der Kampfgraben genommen ist. Der Kampfgraben selbst unterscheidet sich schon auf den ersten Blick von den schwachen Anlagen, die zu Beginn des Krieges entstanden sind. Er ist längst kein einfacher Graben mehr, sondern zieht sich in doppelter oder dreifacher Mannstiefe unter dem Niveau dahin. Die Verteidiger bewegen sich also wie auf der Sohle eines Schachtes; wenn sie auf Stufen oder breiten hölzernen Leitern den Postenauftritt, eine lange Bank, die derart in die Erde gestochen ist, dass der auf ihr Stehende den gewachsenen Boden um Kopfeshöhe überragt. Der einzelne Schütze steht in seinem Postenstand, einer mehr oder weniger befestigten Nische, den Kopf durch eine Sandsackpackung oder durch einen Stahlschild gedeckt. Der eigentliche Ausblick findet durch winzige Scharten statt, durch die der Gewehrlauf geschoben wird. Die großen Erdmengen, die aus dem Graben gehoben wurden, sind hinter der Linie zu einem Wall aufgetürmt, durch den zugleich die Rückendeckung gebildet wird; in diesen Erdwall sind Maschinengewehrstände eingebaut. Auf der Stirnseite des Grabens dagegen wird die Erde stets sorgfältig verzogen, damit das Schussfeld offenbleibt...."
"... Vor dem Graben zieht sich, oft in vielfachen Linien, der Drahtverhau entlang, ein verschlungenes Geflecht von Stacheldrähten, das den Angreifer Aufenthalt bereiten soll, damit er in Ruhe von den Postenständen aus unter Feuer genommen werden kann. Der Verhau ist von hohem Kraut durchzogen, denn auf den verödeten Feldern siedelt sich bereits ein neuer und andersartiger Pflanzenbewuchs an. Die wilden Blumen, die sonst vereinzelt zwischen dem Getreide blühten, haben die Vorherrschaft gewonnen; hier und dort wuchert schon niedriges Buschwerk hervor. Auch die Wege sind schon überwachsen, aber sie zeichnen sich noch deutlich ab, denn auf ihnen breiten sich die runden Blätter des Wegerichs aus. In dieser Wildnis fühlen sich die Vögel wohl, so die Rebhühner, deren seltsamen Lockruf man oft in den Nächten vernimmt, so die Lerchen, deren vielstimmiger Gesang mit dem ersten Licht über die Gräben ertönt. Damit der Kampfgraben nicht flankierend bestrichen werden kann, ist er mäandrisch geführt, er springt also in regelmäßigen Ausbuchtungen zurück. Diese zurückspringenden Stücke bilden die Schulterwehren, durch die das von der Seite kommende Geschoß aufgefangen werden soll. Der Kämpfer ist damit nach hinten durch die Rückenwehr, nach den Seiten durch die Schulterwehren gedeckt, während ihn die vordere Wand des Grabens als Brustwehr schützt...."
"... Zur Ruhe sind die Unterstände bestimmt, die sich aus nunmehr aus einfachen Erdlöchern zu richtigen geschlossenen Wohnräumen entwickelt haben, deren Decke aus Balken aufgeführt ist und deren Wände mit Brettern verkleidet sind. Die Unterstände sind etwa mannshoch und derart in die Erde gebaut, dass ihr Fußboden auf der Höhe der Grabensohle liegt. Über ihrer Balkendecke ruht also noch eine Erdschicht, die leichten Treffern gewachsen ist. Bei schwerem Beschuss aber sitzt man in der Mausefalle und sucht daher lieber die Tiefe des Stollens auf. Die Stollen sind mit kräftigen Holzrahmen verkleidet. Der erste ist in der Höhe der Sohle in die vordere Grabenwand eingelassen und bildet den Stolleneingang; jeder weitere wird um zwei Handbreiten tiefer angesetzt, so dass schnell an Deckung gewonnen wird. Auf diese Weise entsteht die Stollentreppe; bei der dreißigsten Stufe hat man also neun, mit Einrechnung der Grabentiefe sogar zwölf Meter Erde über dem Kopf. Nun werden etwas größere Rahmen geradeaus oder im rechten Winkel zur Treppe geführt; sie stellen den Wohnraum her. Durch Querverbindungen entstehen unterirdische Laufgänge, feindwärts geführte Abzweigungen werden als Horch- und Minenstollen verwandt. Das Ganze muss man sich als eine mächtige, scheinbar ausgestorben im Gelände liegende Erdfestung vorstellen, in deren Innerem ein regelmäßiger Wach- und Arbeitsdienst verrichtet wird und in der wenige Sekunden nach einem Alarm jeder Mann auf seinem Posten steht. Man tut auch gut, sich die Stimmung nicht allzu romantisch auszumalen; es herrscht vielmehr eine gewisse Schläfrigkeit und Schwerfälligkeit, wie sie die nahe Berührung mit der Erde erzeugt …“1.
Das Schützengrabensystem war aber nicht einheitlich, es variierte von Frontabschnitt zu Frontabschnitt, aufgrund des extrem niedrigen Grundwassers war der Stellungsbau in Flandern besonders mühselig und spielte sich deshalb zumeist oberirdisch ab.
Hierzu ein zeitgenössischer Bericht: "Am nächsten Morgen standen wir mit nassen, frierenden Füßen im Regen am Geschütz. Da kam uns die ganze Trostlosigkeit des Zustandes zu Bewusstsein. Ringsherum war alles überschwemmt. Wasser bis an den Rand in den Schützengräben, Wasser in den Unterständen, Regen von oben, Matsch und Wasser von unten. Keine Gelegenheit zu schlafen, keine Gelegenheit zu kochen. O, wie sehnten wir uns nach etwas Kaffee! Na, zunächst mussten wir einen Weg pflastern zwischen den Geschützen aus den Steinen des abgebrannten Gehöftes. Und es regnete! Nachher saßen wir gedrängt im Unterstand und fanden nicht mehr den Mut, so nötig es war, heute noch anzufangen, einen neuen Unterstand zu bauen. Gegen Abend brachte unser Koch einen Pott Essen, das er weit weg in irgendeinem Haus gekocht hatte. Da kam Leben unter uns. Die zweite Nacht schliefen wir noch mal auf Geschosskörben. Am nächsten Morgen war schönes Wetter, da gingen wir an unseren Unterstand. Wir schachteten an einer möglichst trockenen Stelle aus und bauten Wände aus Grassoden. Wir waren freudig und tüchtig an der Arbeit, bis es dunkel wurde. Am nächsten Morgen – o Schreck – es regnet wieder! Unser neuer Unterstand hatte schon Wasser. Was tun? Wir warteten bis Mittag, da hörte der Regen auf, und wir arbeiteten weiter. Das Wasser kriegten wir beinahe heraus. Es wurde wieder Abend, und wir wurden noch nicht fertig. Am nächsten Morgen stand wieder Wasser im Neubau. Knietief, und die Mauern waren teilweise eingestürzt. Da gingen wir an einen neuen Unterstand. Den bauten wir auf ebener Erde auf und arbeiteten wie Löwen. Schleppten Baumstämme aus verlassenen Schützengräben und fern aus dem Wald. Da mussten wir über einen Acker, der sah aus wie eine Eierpfanne: Loch an Loch und Blindgänger, Ausbläser, Sprengstücke, und alle Löcher bis an den Rand voll Wasser. Abends waren wir fertig. Da hatten wir eine trockene, regendichte Schlafstelle. Heute sieht es schon ganz gemütlich drin aus", so der Artillerist Hans Olde in einem Brief vom 07.12.1914 (Bixschotte-Langemark).