Eine kleine Geschichte der Kaiserlichen Marine - 1. Teil
Vorgeschichte der kaiserlichen Marine
Die deutsche Flotte hat eine relativ junge Geschichte, vor 1848 war sie im Grunde nicht existent1. Es mangelte an einer zentralen Gewalt, wie z. B. in Großbritannien und Frankreich. In Preußen begann man in den 40iger Jahren mit dem zögerlichen Aufbau einer Flotte. Das eigentlich erste Kapitel der deutschen Reichsflotte begann aber im Jahre 18482. Angestoßen durch die Hanseaten und vor dem Hintergrund der Unabhängigkeitsbestrebungen in Schleswig-Holstein beschloss die Frankfurter Nationalversammlung die Gründung der deutschen Reichskriegsflotte und stellte die entsprechenden Geldmittel bereit. Doch analog zum politischen Schicksal der Nationalversammlung wurde die kleine Flotte (soeben ausgerüstet und bewaffnet) im Jahre 1852 (Beschluss des deutschen Bundestages vom 01.04.1852) wieder aufgelöst und die Schiffe verkauft. Der Schiffsbestand betrug zu diesem Zeitpunkt 11 Schiffe und 27 kleine Fahrzeuge. Einige Schiffe wurden von Preußen übernommen. Dieses verstärkte nun seine maritimen Anstrengungen und kaufte 1853 das Jadegebiet. Hier sollte der Kriegshafen Wilhelmshaven entstehen. Gleichzeitig wurde die Admiralität als zentrale und selbständige Kommando- Verwaltungsbehörde geschaffen (AKO vom 14.11.1853). Schon vorher war beim preußischen Kriegsministerium eine Marine-Abteilung entstanden. Als erster preußischer Offizier erhielt Prinz Adalbert den Rang eines Admirals der preußischen Küsten. Bereits 1852 hatte die preußische Marine ein Geschwader nach Südamerika entsandt. 1859 trat ein Geschwader eine wirtschaftspolitisch motivierte Reise nach Japan, China und Siam an. 1860 sank in einem Taifun die SMS Frauenlob mit der gesamten Besatzung vor der japanischen Küste. Ein schlimmer Verlust bedeutete auch der Untergang der SMS Amazone am 21.06.1861 in der südlichen Nordsee. Mit dem Schiff und der Besatzung gingen auch sämtliche eingeschifften Seekadetten unter. 1864 kam es im deutsch-dänischen Krieg zu kleineren Gefechten mit der dänischen Flotte.
Die Norddeutsche Bundesmarine
Die preußische Flotte wurde 1867 zum Kern der Norddeutschen Bundesmarine3. In diesem Jahr wurde auch der Ausbau der Flotte auf 10 Panzerschiffe, 20 Kreuzerfregatten/ - korvetten, 8 Avisos und 22 Dampfkanonenboote innerhalb eines Zeitraums von 10 Jahren beschlossen. Nach dem siegreichen Feldzug gegen Frankreich und der Reichsgründung im Jahre 1871 wurde aus der Norddeutschen Bundesmarine die Kaiserliche Marine. In Art. 53 der Reichsverfassung von 1871 hieß es: „Die Kriegsmarine des Reichs ist eine einheitliche unter dem Oberbefehl des Kaisers. Die Organisation und Zusammensetzung derselben liegt dem Kaiser ob, welcher die Offiziere und Beamten der Marine ernennt, und für welchen dieselben nebst den Mannschaften eidlich in Pflicht zu nehmen sind. Der Kieler Hafen und der Jadehafen sind Reichskriegshäfen. Der zur Gründung und Erhaltung der Kriegsflotte und der damit zusammenhängenden Anstalten erforderliche Aufwand wurde aus der Reichskasse bestritten. Die gesamte seemännische Bevölkerung des Reichs, einschließlich des Maschinenpersonals und der Schiffshandwerker ist vom Dienste im Landheere befreit, dagegen zum Dienst in der Kaiserlichen Marine verpflichtet“.
Chef der kaiserlichen Marine war (seit 1888) Wilhelm II. Er wurde durch einen Bundesausschuss für das Seewesen unterstützt, dessen Vorsitzender der Staatssekretär des Reichs-Marine-Amts war. Chef des Marine-Kabinetts (Berlin) war 1913 Admiral Müller. Bei den auswärtigen Missionen (Botschaften/ Gesandtschaften) befanden sich Marine-Attachés. Das Reichs-Marine-Amt als oberste Verwaltungsbehörde war in Berlin platziert und wurde vom Staatssekretär Großadmiral v. Tirpitz geleitet. Es gliederte sich in verschiedene Abteilungen bzw. Departements mit unterschiedlichen Zuständigkeiten. Dem Admiralsstab stand als Chef Admiral v. Pohl vor.
Für die einzelnen Bereiche der Marine gab es – wie beim Landheer – Inspektionen als Verwaltungs- und Kontrollstanzen. Die Marine selbst wurde nach Stationsbezirken eingeteilt, nämlich in die Marinestation der Ostsee (Kiel) und der Nordsee (Wilhelmshaven). Auf die beiden Marinestationen verteilten sich die verschiedenen Marineteile.: Matrosen-, Werft-, Torpedodivisionen, Matrosenartillerieabteilungen, Marineinfanterie, Unterseeboots-Abteilungen, Depots und Werften, Befestigungen, technische Institute, verschiedene Behörden, Schiffe usw. Die Hochseeflotte gliederte sich unter dem Chef Admiral von Ingenohl (Stand 1913) in die Geschwader I – III, sowie die Aufklärungsschiffe unter Kontreadmiral Hipper. Der kaiserlichen Marine unterstand auch die Ostasiatische Besatzungsbrigade im Schutzgebiet Kiautschou unter dem Gouverneur Kapitän z. See Meyer-Waldeck.
Etatsstärke der kaiserlichen Marine im Jahre 1903/04
Die Etatstärke der kaiserlichen Marine betrug im Rechnungsjahr 1903/04:
Etatstärke der kaiserlichen Marine im Rechnungsjahr 1903/044 | |||||||
Marineteile/ Behörden | Offiziere | Ärzte | Mannschaften | Summe | |||
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| Deck- | Unteroffiziere | Gemeine | Schiffsjungen |
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Seeoffiziere5 | 1169 |
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| 1169 |
Seeoffizieraspiranten |
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| 433 | 150 |
| 583 |
Marine-Ing.6 | 207 |
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|
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| 207 |
Matrosen-Divisionen und Schiffsjungen-Divisionen |
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| 223 | 2161 | 11292 | 1100 | 14776 |
a) Werftdivsionen - Maschinenpersonal |
|
| 667 | 2280 | 4971 | 791 | 8709 |
b) Werftdivisionen – sonstiges Personal |
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| 94 | 696 | 1172 |
| 9880 |
a) Torpedoabtlg. – seemännisches Personal |
|
| 47 | 347 | 1422 |
| 1816 |
b) Torpedoabtlg. – Maschinenpersonal |
|
| 185 | 590 | 1374 |
| 2149 |
Matrosenartillerie |
|
| 29 | 249 | 2109 |
| 2387 |
Marineinfanterie | 46 |
|
| 191 | 1038 |
| 1275 |
Mannschaften der Bekleidungsämter |
|
| 24 | 200 |
|
| 224 |
Sanitätspersonal |
| 186 |
| 142 | 138 |
| 466 |
Personal der Artillerieverwaltung | 64 |
| 86 | 49 |
|
| 199 |
Personal des Torpedowesens | 34 |
| 86 | 41 |
|
| 161 |
Personal des Minenwesens | 16 |
| 25 | 39 |
|
| 80 |
Zahlmeisteraspiranten und Applikanten |
|
| 67 | 180 | 40 |
| 287 |
Personal des Vermessungswesens und der Küstenbezirksämter |
|
| 26 |
|
|
| 26 |
Summe | 1536 | 186 | 1535 | 7422 | 23906 | 1100 |
|
insgesamt | 1722 |
| 33963 | 35685 |
Voraussetzungen und Werdegangs eines Seeoffiziers
Wer Seeoffizier werden wollte, musste zunächst seine persönliche und wissenschaftliche Geeignetheit nachweisen. Bei entsprechendem Bedarf konnte er seine militärische Laufbahn als Kadett beginnen. Nach Vereidigung diente der Aspirant als Gemeiner auf einem Kadetten-Schulschiff und erhielt hier die erste militärische Grundausbildung. Es folgte der Besuch der Marineschule an der Flensburger Förde. Hier erfolgte die Vorbereitung auf die Prüfung der Seekadetten. Nach bestandener Prüfung folgte die in der Regel zweijährige Kommandierung auf ein Schulschiff für Seekadetten.
Zur Seeoffiziersberufsprüfung
Nach Rückkehr war die erste Seeoffiziersprüfung zu bestehen. Erst nach Wahl durch das Korps der Seeoffiziere wurde der Seekadett zum Unterlieutenant zur See unter dem Vorbehalt der Patentierung ernannt. Nach praktischem Dienst im Sommer folgte ab Herbst nochmals ein etwa einjähriger Kursus (11 Monate) an der Marineschule. Dieser beinhaltete die weitere theoretische Vorbereitung auf die Seeoffiziersberufsprüfung. Nach bestandener Prüfung konnte die Verleihung des Patentes Allerhöchsten Ortes erbeten werden.
Marineakademie und Bildungsniveau im Seeoffizierkorps
Die Marineakademie befand sich wie die Seekadettenannahmekommission in Kiel, die Marineschule war in Flensburg-Mürwik und die Ingenieur- und Deckoffizierschulen in Kiel und Wilhelmshaven7. Die Bildungsqualifikationen hatten im Seeoffizierkorps als Selektionskriterien einen besonders hohen Stellenwert, in der Folge war dessen Bildungsniveau ungleich höher als beim Landheer. So betrug der Anteil der Seekadetten mit Abitur zwischen 1890-94: 45,4 %, zwischen 1895-99: 47,3 %, zwischen 1900-04: 59,0 % und zwischen 1905-06: 76,7 %8.
De Dienstgrade der verschiedenen Laufbahnen der Offiziere waren wie folgt:
Seeoffiziere | Marine-Ingenieure | Sanitätsoffiziere |
Leutnant z.S. | Marine-Ingenieur | Marine-Assistenzarzt |
Oberleutnant z.S. | Marine-Oberingenieur | Marine-Oberassistenzarzt |
Kapitänleutnant | Marine-Stabsingenieur | Marine-Stabsarzt |
Korvettenkapitän | Marine-Oberstabsingenieur | Marine-Oberstabsarzt |
Fregattenkapitän | Marine-Chefingenieur | Marine-Generaloberarzt |
Kapitän z. S. | Marine-Oberchefingenieur | Marine-Generalarzt |
Das Sanitätskorps der Marine
Das Sanitätskorps der Marine wurde durch die aktiven Ärzte und diejenigen des Beurlaubtenstandes sowie dem Personal der Lazarettgehilfen und der militärischen Krankenwärter gebildet. Es zerfiel in folgende Chargen:
Dienstgrade im Sanitätskorps | |
General-Stabs-Arzt der Armee im Range eines General-Majors | Assistenz-Arzt I. Klasse im Range eines Prem.-Lieutenants |
General-Arzt I. Klasse Im Range eines Obersten | Assistenz-Arzt II. Klasse im Range eines Sec.-Lieutenants |
General-Arzt II. Klasse im Range eines Oberstlieutenants | Unterarzt im Range eines Portepée-Unteroffiziers |
Ober-Stabs-Arzt I. Klasse im Range eines Majors | Einjährig-freiwilliger Arzt im Range eines Portepée-Unteroffiziers |
Ober-Stabs-Arzt II. Klasse im Range eines Hauptmanns | |
Stabs-Arzt im Range eines Hauptmanns |
Zusammensetzung der Mannschaften
Zu den Mannschaften der Marine zählten folgende Chargen: Ober-Deckoffiziere, Deckoffiziere, Feldwebel bzw. Wachtmeister, Vizefeldwebel, Seekadetten, Vize-Seekadetten, Unter-Ärzte, Einjährig-freiwillige Ärzte, Ober-Maate, Maate und Gemeine.
Das Deck- und Unteroffizierkorps.
In der Hierarchie folgten den Seeoffizieren die Deck- und Unteroffiziere. Deckoffiziere erhielten keine Löhnung, sondern waren Gehaltsempfänger. Für ihre Pensionierung bzw. Versorgung wurden auch die für die Offiziere maßgeblichen Vorschriften angewandt.
Beim Torpedomechaniker-, Torpeder-, Feuerwerks- und Zeugpersonals gab es Deckoffizier- und Unteroffizierlaufbahnen, die auch zu einer Offizierlaufbahn führen konnten. Andere Laufbahnen endeten mit der Stellung als Obermaat, als Feldwebel oder Deckoffizier. Voraussetzungen für jegliche Beförderung waren neben guter praktischer Qualifikation und guter Führung meist auch eine bestimmte Seefahrtzeit nebst dem Bestehen einer Prüfung.
Die Bootsmanns-, die Signalmeister- und Steuermanns-, die Stückmeister-, die Feuerwerkmeister-, die Maschinisten-, die Meister-, die Materialienverwalterlaufbahn führten ebenso zur Stellung eines Deck- und Oberdeckoffiziers. Die Unteroffiziere der übrigen Branchen konnten allenfalls Vize- oder Feldwebel werden9.
Die Dienstgrade der Marineingenieur-Anwärter und die allgemeinen Marine-Dienstgrade waren wie folgt:
Dienstgrade der Marineingenieur-Anwärter (seit 1903) | Allgemeine Marine-Dienstgrade |
Ingenieur-Anwärter | Matrose |
Ingenieur-Oberanwärter | Obermatrose |
Ingenieur-Applikant | Maat |
Ingenieur-Oberapplikant | Obermaat |
Ingenieur-Aspirant | Deckoffizier |
Ingenieur-Oberaspirant | Oberdeckoffizier |
Leben an Bord
Das Leben an Bord der Kriegsschiffe folgte einer in allen Flotten ähnlichen Tradition, der so genannten Routine bzw. Seeroutine10. Der Tagesablauf und die verschiedenen Verrichtungen waren genau festgelegt, wobei der Tag zumeist um 5.00 Uhr mit dem Weckruf des Bootsmannes begann und um 21.00 Uhr mit dem Zapfenstreich endete. Auf See entfiel der Zapfenstreich, da nun die jeweilige Schiffsbesatzung in Wachen aufgeteilt ihren Dienst verrichtete. Man unterschied Tages- und Wochenroutinen, Hafen- und Seeroutine, Arbeits- und Tropenroutinen. Für die verschiedenen Dienstverrichtungen gab es ferner so genannte Rollen. Jeder Angehörige der Schiffsbesatzung erhielt eine Schiffsnummer, die ihm für alle in Frage kommenden Pflichten seine jeweilige Aufgabe und Platz zuwies. Die Mannschaften mit ungerader Schiffsnummer gehörten zur Steuerbord-, die mit gerader Schiffsnummer zur Backbordwache. Die wachen waren in Korporalschaften eingeteilt. Besatzungen von Schiffen, die keine Takelage hatten, wurden in Divisionen eingeteilt. Es gab verschiedene Pläne zur Verteilung der Mannschaften bei verschiedenen Aufgaben (Rollen), insbesondere Klarschiffs- oder Gefechts-, Verschluss-, Berge-, Feuer-, Manöverrolle usw. Für jede Rolle war ein bestimmtes Signal vorgesehen. Diese erfolgten mit Trommel und Horn oder nur mit Trommel. Aus der so genannten Stationstabelle konnte jedes Besatzungsmitglied seine Schiffsnummer, Wachhälfte, Quartier, Division, Korporalschaft, Geschütz, Back-Platz für Gewehr, Kleidersack, Hängematte usw. ersehen, symptomatisch für den strengen Dienst an Bord. Die Klarschiff-Rolle enthielt die Verteilung der Mannschaft in alle Arbeiten, die welche dazu gehören, um das Schiff gefechtsbereit zu machen. Die Verschluss-Rolle sollte bei entstandenem Leck im Schiff und bei Gefahr ein schnelles Schließen aller wasserdichten Türen ermöglichen. Sie enthielt ferner die Verteilung der Mannschaft an den Pumpen. Die Feuer-Rolle enthielt die Verteilung der Mannschaft an die Feuerlösch-Vorrichtungen bei Ausbruch eines Feuers. Die Boots-Rolle verteilte die Mannschaft auf die mitgeführten Boote. Die Backs-Rolle war ein Verzeichnung der Mannschaften verteilt auf ihre Backen. Die Verteilung erfolgte mit Nummern und zwar von vorn anfangend. Die der Steuerbordseite hatten ungerade und die der Backbordseite gerade Nummer. Der so genannte Backälteste war während des Aufenthaltes in der Back für alle Angelegenheiten Vorgesetzter der Backsmannschaft. Die Berge-Rolle wies - wie die Boots-Rolle - jedem Mann seinen Platz in einem der Boote an, falls das Schiff evakuiert werden musste11.
Auszug aus dem Handbuch zur Instruktion des technischen Personals der kaiserlichen Marine, Kiel, Leipzig und Tsingtau 1905, S. 86 ff.
Zur Löhnungssituation
Das Jahresgehalt bzw. die Jahreslöhnung betrug bei den Oberdeckoffizieren: 2142 Mark, bei den Deckoffizieren: 1692 Mark, bei den Unteroffizieren Portepee: 828 Mark (Feldwebel) bzw. 7290 Mark (Vizefeldwebel), bei den Unteroffizieren ohne Portepee: 720 Mark (Obermaate) bzw. 540 Mark (Maat). Die Gemeinen erhielten als Obermatrose: 288 Mark bzw. als Gemeiner: 234 Mark und die Schiffsjungen: 234 Mark (Schiffsjungenunteroffizier) bzw. 144 Mark (Schiffsjunge). In der Löhnung für die Unteroffiziere und Gemeinen war auch das Kleidergeld (108 Mark) enthalten, welches nicht ausgezahlt, sondern einbehalten wurde.. An Land wurden Verpflegungszuschüsse gezahlt. An Bord wurde die volle Löhnung gezahlt und die vollständig freie Schiffsverpflegung gewährt. Ferner gab es verschiedene persönliche Zulagen, z. B. mit Blick auf das Dienstalter (Dienstalterszulage), die Weiterverpflichtung (Kapitulantenhandgeld) oder die Einschiffung als Reservist (Reservistenzulage). Im Übrigen kannte das System zahlreiche Stellenzulagen, z. B. bei Abkommandierung zum Arbeitsdienst auf Werften, Depots oder Torpedowerkstätten, für Taucher oder für bestimmte Fachtätigkeiten. Jedermann erhielt ferner eine Hängematte, eine Matratze, 1 oder 2 wollene Decken und 2 Handtücher.
Verpflegung an Bord
Die Offiziere und die im Offiziersrang stehenden Beamten waren Tischgenossen der Offiziersmesse12. Es gab ferner Deckoffizier-, Fähnrichs- und Seekadettenmessen. Der Kommandant hatte eine eigene Messe. Die Kosten der Messen wurden aus so genannten Messe- und Tafelgeldern bestritten. Mit diesen vom Reichsmarineamt festgesetzten Geldern wurde gewirtschaftet. Unteroffiziere, die nicht zur Deckoffiziersmesse gehörten und die Mannschaft erhielt freie Schiffsverpflegung, d.h. es gab keine Abzüge von der Löhnung. Für die Verpflegung teilte man die Mannschaften in so genannte Backmannschaften (jeweils 10-14 Leute), die an einem Tisch zusammen aßen. Die Backen (= Tische) wurde zu den Mahlzeiten im Zwischendeck und in der Batterie aufgeschlagen, das Essen bzw. der Proviant musste im Wechsel geholt und das Essgeschirr gereinigt werden. Über die Verpflegung auf einem Schulschiff berichtet der spätere General der Fallschirmspringer Bernhard Ramcke: „… Aber Hunger hatten wir immer. Die Verpflegung auf den alten Segelfregatten war auf See im Großen und Ganzen noch so, wie sie als Seemannskost seit alters üblich war. Erbsen, Bohnen, Linsen und Pökelfleisch mit Erbsen, Bohnen, Linsen, Labskaus und Kabelgarn (angebratenes Corned beef) spielten eine große Rolle. Am Sonntag gab es Hartbrotpudding mit Rosinen und weißer Tunke aus verdünnter Büchsenmilch als Nachspeise. Frisches Brot gab es nur im Heimathafen, sonst nur Hartbrot und zwei- bis dreimal in der Woche das in der Bäckerei an Bord in kleinen Formen gebackene Graubrot“13.
Bewertung
Das Leben an Bord war durch die Besonderheiten des Seelebens geprägt und in neuerer Zeit zunehmend von komplizierter werdenden Waffensystemen beherrscht. Drangvolle Enge, harter Drill und wenig persönlicher Freiraum prägten den Alltag auf den Schiffen. Da die deutsche Flotte im Weltkrieg nur sehr eingeschränkt zu Aktionen auf See auslief, entstanden lange Wartepausen. Diese führten zu Belastungen der auf engsten Raum zusammen lebenden Menschen, Kritik entzündete sich auch an der stark differierenden Verpflegungssituation zwischen Seeoffizieren und den übrigen Besatzungsmitgliedern. Nicht ohne Grund ging die Revolution 1918 nicht vom Landheer, sondern von der Marine (in Kiel) aus.
Fußnoten:
- 1. Vgl. zur Frühgeschichte insbesondere der brandenburgisch-preußischen Flotte: Hans-Georg Stelzer, Mit herrlichen Häfen versehen. Brandenburg-preußische Seefahrt vor dreihundert Jahren. Frankfurt/ Main 1981 und Ulrich van der Heyden, Rote Adler an Afrikas Küste, Berlin 1993.
- 2. Walter Hubatsch, Die erste deutsche Flotte 1848-53, Herford und Bonn 1981.
- 3. Zu den ersten Jahren bzw. Jahrzehnten der Kgl. – preuss. Flotte und dem Aufbau der Kaiserlichen Marine vgl.: L. Arnehold, Erinnerungsblätter an die Königlich-Preussische Flotte (1848-1860), Nachdruck Berlin 1994 und Clas Broder Hansen, Deutschland wird Seemacht (1867 – 1880), München 1991.
- 4. Neudeck/ Schröder, Das kleine Buch von der Marine, Kiel und Leipzig 1904, S. 529.
- 5. Zum Seeoffizierkorps vgl. Holger H. Herwig, Das Elitekorps des Kaisers. Die Marineoffiziere im Wilhelminischen Deutschland, Hamburg 1977.
- 6. Vgl. hierzu: Werner Bräckow, Die Geschichte des deutschen Marine-Ingenieur-Offizierkorps, Oldenburg und Hamburg 1974.
- 7. Vgl. hierzu: Richard v. Stosch, Vom Seekadetten zum Seeoffizier. Berlin 1913. und Siegfried Sorge, Zur Seeoffizierausbildung im Ersten Weltkrieg, in: Derselbe, Vom Kaiserreich zur Bundesrepublik. Hrgb. Vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt. Herford 1993, S. 29 ff.
- 8. Detlef Bald, Der deutsche Offizier. Sozial- und Bildungsgeschichte des deutschen Offizierkorps im 20. Jahrhundert. München 1982, S. 128. Die Prozentsätze umfassen auch das Abitur an einer Kadettenanstalt.
- 9. Sie hierzu: Neudeck/ Schröder, Das kleine Buch von der Marine. Ein Handbuch alles Wissenswerten über die deutsche Marine ..., Kiel und Leipzig 1904, S. 71 ff.
- 10. Vgl. zum Dienst an Bord: Georg Neudeck/ Heinrich Schröder, Das kleine Buch von der Marine, Kiel und Leipzig 1904, S. 115 ff. Zur Ausbildung siehe: Herbert Graubohm, Die Ausbildung in der deutschen Marine von ihrer Gründung bis zum Jahr 1914, Düsseldorf 1914.
- 11. Handbuch zur Instruktion des technischen Personals der kaiserlichen Marine, Kiel, Leipzig und Tsingtau 1905, S. 87 ff.
- 12. Vgl. zur Verpflegung an Bord: Georg Neudeck/ Heinrich Schröder, Das kleine Buch von der Marine, Kiel und Leipzig 1904, S. 130 ff.
- 13. Derselbe, Vom Schiffsjungen zum Fallschirmspringer-General, Berlin 1943, S. 33.
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