Die Deutschen Kolonien und die Schutztruppen

Soldaten der internationalen Truppenkontingente zur Niederschlagung des sogenannten Boxeraufstandes. Originales Foto aus dem Jahre 1901.

Die deutsche Kolonialgeschichte ist heute nur noch eine historische Fußnote, aber auch das kaiserliche Deutschland strebte wie alle anderen westlichen Mächte nach Kolonialbesitz1. Die entsprechenden expansiven Bestrebungen fallen in die 80iger und 90iger Jahre des 19. Jahrhunderts. In den Jahren 1884-85 wurden in Südwestafrika, Kamerun, Togo, Ostafrika, ferner in Neuginea, auf dem Bismark-Archipel und den Marschall-Inseln deutsche Kolonien gegründet. 1899 kamen die Samoa-Inseln Upolu und Sawaii unter die deutsche Verwaltung, von Spanien hatte Deutschland die Karolinen-, Marianen- und Polau-Inseln erworben. In China war bereits    1897 die Kiautschou –Bucht okkupiert worden (560 qkm). Hier investierten die Deutschen enorm, bis 1913 über 200 Millionen Mark. Um 1900 verfügte Deutschland über einen Kolonialbesitz mit einer Fläche von 2 962842 qkm, Großbritannien hingegen über 13 692 252 qkm, Frankreich über 11 377 058 qkm, Portugal über 2 081 911 qkm und Spanien über 260 171 qkm2. Die Kolonien waren in Deutschland populär, vom Kaiser gefördert und es gab es eine organisierte Kolonialbewegung. 1919 verlor Deutschland sämtliche Kolonien, damit blieb die Kolonialgeschichte - einst aus privaten Initiativen von Kaufleuten entstanden – ein Intermezzo der deutschen Geschichte.

Struktur des Reichs-Kolonialamtes. Entnommen aus: B. Friedag, Führer durch Heer und Flotte. Elfter Jahrgang 1914. Berlin 1913 (Nachdruck Krefeld 1976).
Deutsche Soldaten des Ostasiatischen Expeditionskorps gehen in Shanghai an Bord. Originales Foto aus dem Jahre 1900. Die Soldaten tragen den Drillichrock und Strohhüte mit der rechs aufgeschlagenen Hutkrempe mit der Reichskokarde.

Zu Anfang des 20. Jahrhunderts entlud sich die Volkswut in China gegen die Ausländer, die sich überall im Lande festsetzten und um Einfluss untereinander wetteiferten3. An die Spitze des Volksaufstandes setzte sich eine Gemeinorganisation, die Boxer. Im so genannten Boxeraufstand kam es zu blutigen Übergriffen auf Ausländer, so zur Einschließung und Beschuss des Fremdenviertels in Tientsin und des Gesandtschaftsviertels in Peking. 1900 wurde der deutsche Gesandte, Clemens Freiherr von Ketteler, ermordet.

Offiziere des II. Bataillon des Ostasiatischen Infanterie-Regiments im Sommeranzug. Dieses wurde aus dem I., II. und III. bayerischen Armeekorps in München formiert. Kommandeur desselben war Major Graf v. Montgelas. Originales Foto aus einem privaten Fotoalbum. 1900.
Gruppenfoto von Angehörigen - Unteroffiziere und Offiziere - des Ostasiatischen Expeditionskorps überwiegend im Drillichrock, aber auch in Litewka. Getragen werden Mützen mit Nackenschutz. Wohl Feldartilleristen. Fotograf: Noack/ Berlin. Großformatiges Foto um 1900.

Das Ausland reagierte mit der Entsendung von Truppen. In Deutschland wurde mit Befehl vom 25.06.1900 das erste Expeditionskorps gebildet. Es bestand aus 2 See-Bataillonen, 1 fahrenden Feld-Batterie, 1 Detachement Pioniere und Telegraphisten und 1 Sanitäts-Detachement, insgesamt 2528 Mann.  Diese erste deutsche Truppe wurde durch ein aus Freiwilligen der Landarmee gebildetes Ostasiatisches Expeditionskorps verstärkt.  Dieses Korps  bestand aus

3 Ostasiatischen Infanterie-Brigaden mit jeweils zwei Infanterie-Regimentern,

1 Ostasiatischen Jäger-Kompanie,

1 Ostasiatischen Reiter-Regiment (Stärke: 4 Eskadronen),

1 Ostasiatischen Feld-Artillerie-Regiment (zu 3 Abteilungen zu je 3 Feldbatterien),

1 Ostasiatischen Bataillon schwerer Feldhaubitzen (zu 2 Batterien schwerer Feldartillerie),

1 Ostasiatischen Pionier-Bataillon (zu 3 Kompanien),

1 Ostasiatischen Eisenbahn-Bataillon (zu 3 Eisenbahnbau-Kompanien),

1 Korps-Telegraphen-Abteilung,

1 Sanitäts-Kompanien, verschiedenen Munitions-Kolonnen, Trains und Etappen-Formationen,

sowie Feld-Verwaltungs-Behörden.

Da Armee-Oberkommando in Ost-Asien unter Generalfeldmarschall Graf Waldersee bestand aus 41 Offizieren und Beamten, 172 Mann, 185 Pferden und 27 Fahrzeugen.

Vorübergehend wurde beim Kriegsministerium eine Ostasiatische Abteilung eingerichtet (16.08.1900 – 21.08.1902).

Soldat des Ostasiatischen-Expeditionskorps im Drillichanzug mit Bordmütze vor der Abreise nach China. Fotograf: R. Schubert/ Berlin. Originale KAB aus dem Jahre 1900.
Unteroffizier des Ostasiatischen-Expeditionskorps in der blauen Litewka mit Strohhut. Der Soldat ist feldmarschmäßig montiert. Fotograf: Müller/ Berlin. Originale KAB aus dem Jahre 1900.
Soldat des Ostasiatischen Expeditionskorps im Khakianzug mit Strohhut feldmarschmäßig. Originale KAB um 1900. Fotograf: Ludwig Nitsche/ Alt-Damm.
Offiziere des Ostasiatischen Expeditionskorps in Litewka mit Hüten mit hier links aufgeschlagener Hutkrempe nebst Reichskokarde. Die Hüte haben Kinnriemen. Originales Foto aus dem Jahre 1901. Die Offiziersdegen sind teils unter-, teils übergschnallt.
Soldaten aus dem 2. Ostasiatischen Infanterie-Regiment in verschiedenen Anzugsarten. Dessen I. Bataillon wurde aus dem VI., XII. und XIX. Armeekorps und das II. Bataillon aus dem IV., XI. und XVIII. Armeekorps formiert. Der Stab wurde in Berlin beim 2. Garde-Regiment zu Fuss gebildet. Originales Foto um 1901.
Offizier aus einem Ostasiatischen Infanterie-Regiment mit Pickelhaube und im Waffenrock. Originale CDV um 1901.
Soldat aus dem 2. Ostasiatischen Infanterie-Regiment mit Pickelhaube und in Litewka (mit verdeckter Knopfleiste). Originale KAB um 1901. Fotograf: Hung Chang. Die Pickelhaube zeigt als Zierrat den besonderen Reichsadler.
Soldat aus dem 3. Ostasiatischen Infanterie-Regiment mit Pickelhaube und in Litewka. Originale KAB um 1901. Fotograf: Yuen Chang/ Tientsin.
Reiter aus dem Ostasiatischen Reiter-Regiment in Litewka mit dem KD 89. Fotograf: Ernst Zink/ Potsdam. Um 1900.
Reiter aus dem ostasiatischen Reiter-Regiment in Khakiuniformen und teiweise mit dem Tropenhelm. Originales Foto um 1901.
Unteroffiziere des Ostasiatischen Feld-Artillerie-Regiments in weißer und in Khaki-Uniform mit Feldmützen. Auf den Schulterklappen der Khaki-Uniform ist eine platzende Granate zu sehen.
Feldartilleristen des Ostasiatischen Expeditionskorps mit Geschützen. Originale KAB um 1901. Die Pickelhaube hat keine Spitze, sondern eine Kugel (wie bei der Artillerie beim sonstigen Reichsheer - außer in Bayern).

Am 17.05.1901 wurde das Ostasiatische Expeditionskorps aufgelöst. Aus diesem Verband entstand d ie Ostasiatische Besatzungsbrigade. Diese war in Peking, Tientsin, Langfang, Yangtsun, Tangku und Schanghaikwan stationiert und gliederte sich wie folgt:.

1 Kommandostab nebst Verwaltungsbehörden

2 Infanterie-Regimenter mit je 6 Kompanien (davon jeweils eine Kompanie beritten)

1 Eskadron Jäger zu Pferde

1 Feldbatterie

1 Pionier-Kompanie mit Telegraphen-Detachement

1 Feldlazarett

Diese Ostasiatische Besatzungsbrigade wurde im Verlauf des Jahres 1902 weiter reduziert und am 06.03.1906 gänzlich aufgelöst. Die militärische Funktion wurde durch die Marine(-Infanterie) übernommen, welche bis zur Eroberung durch die Japaner im Ersten Weltkrieg die Besatzung von Tsingtau stellte.

Das originale Foto zeigt die 2. berittene Kompanie des 2. Ostasiatischen Infanterie-Regiments. So die umseitige Beschriftung. Hier schon als Teil der Ostasiatischen Besatzungsbrigade. Foto um 1904.

1897 wurde von Kiautschou durch das ostasiatische Geschwader unter Admiral Otto v. Dieterischs Besitz ergriffen. Als Vorwand diente die Ermordung zweier deutscher Missionare. Der Pachtvertrag wurde mit der chinesischen Regierung auf 99 Jahre erst am 06.03.1898 abgeschlossen. Kiautschou mit der Stadt Tsingtau war bis 1919 deutsches Schutzgebiet. Der deutsche Handel mit China belief sich im Jahre 1897 bereits auf 80 Millionen Reichsmark, während im gleichen Jahr der Gesamthandel mit den deutschen Schutzgebieten erst 35 Millionen Reichsmark ausmachte. Das zur Provinz Schantung gehörende Pachtgebiet umfasste 552 qkm zuzüglich eines 50 km breiten neutralen Landstreifens. Im Jahre 1912 zählte die Gesamtbevölkerung ca. 200000 Menschen, darunter 4500 Weiße und nur 400 Deutsche. Die dem Reichsmarineamt unterstehenden Gouverneure waren:

Kapitän zur See Karl Rosendahl - 07.03.1898 – 19.02.1899

Kapitän zur See Otto Ferdinand Paul Jäschke - 19.02.1899 – 27.01.1901

Kapitän zur See Max Rollmann (provisorisch) – 27.01.1901 – 08.06.1911

Kapitän zur See Oskar von Truppel – 08.06.1901 – 19.08.1911

Kapitän zur See Alfred Meyer-Waldeck – 19.08.1911 – 07.11.1914

Unteroffizier des 3. See-Bataillons in Khaki-Uniform. Originale KAB. Fotograf: T. Takahashi/ Tsingtau.

Die Besatzung von Kiautschou bestand in erster Linie aus dem III. Seebataillon und einem Matrosen-Artillerie-Detachement. Die Stammkompanien des III. Seebataillons blieben mit einer Stärke von 755 Soldaten in der Heimat stationiert. Die für Übersee bestimmten Soldaten mussten für den Tropendienst tauglich sein. Sie verbrachten die ersten 7-8 Monate ihrer dreijährigen Dienstzeit zur Ausbildung in der Heimatgarnison bzw. auf der Anreise, um dann für 24 Monate in Kiautschou Dienst zu tun. Die restlichen beiden Monate waren für die Rückreise bestimmt. Die Marineinfanterie war vor allem in Tsingtau, aber auch in Kiautschou, Schatzykou und Tsangkou untergebracht, in Litsun befand sich eine Chinesen-Kompanie. Die Stärke des im Pachtgebiet stationierten III. Seebataillons betrug 18 Offiziere, 112 Unteroffiziere und 1004 Gemeine, das Matrosen-Artillerie-Detachements zählte 4 Offiziere, 30 Deck- und Unteroffiziere und 205 Gemeine. Dazu kamen noch 110 Soldaten der Marine-Feldartillerie, 141 Angehörige der Chinesen-Kompanie und weiteres Personal der Matrosen-, Werftdivision, Sanitätspersonal.

Parademäßige Aufstellung der Garnison von Windhuk. Großformatiges Foto. Umseitig datiert: 27.01.1897.

Zum Schutz der Deutschen und des Kapitals in den Kolonien bedurfte es bewaffneter Verbände.  Zur „Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit“ entstanden in den afrikanischen Schutzgebieten nach und nach dem Kaiser direkt unterstehende Schutztruppen.

Appell beim Verkehrszug in Karibib in Deutsch-Südwestafrika. Fotograf: Erich Staebe. Originales großformatiges Foto. Um 1910.

Das kaiserliche Kommando der Schutztruppen war als oberste Verwaltungsinstanz im Reichs-Kolonialamt (Berlin) angesiedelt. Kommandeur der Schutztruppen war 1913 Generalmajor v. Glasenapp. Das Bekleidungsdepot der Schutztruppen befand sich in Berlin-Schöneberg. Kaiserliche Schutztruppen gab es in Deutsch-Ostafrika, Südwestafrika, Kamerun und Togo. Im Kamerun und Togo waren nur die Offiziere und Unteroffiziere deutsche Staatsbürger, während die Gemeinen aus angeworbenen Farbigen bestanden. Für die Schutzgebiete sah der Haushalts-Etat von 1913 fortdauernde Ausgaben von insgesamt 20 124 961 Reichsmark und einmalige Ausgaben von 1 113 607 Reichsmark vor. Die Gehälter waren höher als beim Landheer bzw. der Marine.

Offizier (Leutnant) der Schutztruppen in der Heimatuniform aus Tuch. Undatiertes originales Foto um 1905. Der Offizier führt den besonderen IOD für die Schutztruppen mit der aufgesetzten Kaiserkrone.
Reiter der Schutztruppe in Deutsch-Südwestafrika im Kordrock. Porträtaufnahme. Undatiert. Gut zu sehen ist das typische Achselband der Schutztruppe.

Die Schutztruppe in Südwestafrika bestand überwiegend aus berittener Infanterie und war nach europäischen Maßstäben ausgerüstet und ausgebildet.  Die Schutztruppe wurde laut § 1 des Gesetzes vom 22.03.1891 aus Offizieren, Ingenieuren des Soldatenstandes, Sanitätsoffizieren, Beamten und Unteroffizieren des Reichsheeres und der kaiserlichen Marine gebildet. Voraussetzung war freiwillige Meldung. Ferner wurde angeworbene Farbige eingestellt. Die der Schutztruppe zugeteilten Mannschaften schieden für die Zeit des Dienstes aus dem Reichsheer bzw. der Marine aus. Die Kapitulation (= Dienstvertrag) lautete für Deutsch-Südwestafrika in der Regel über einen Zeitraum von 3 Jahren.

Reiter der Schutztruppe in Deutsch-Südwestafrika im Kordrock zu Pferd. Undatierte originale Pappaufnahme vor 1914. Gut zu sehen ist die Tragweise des Karabiners im Holfter am Sattel.

Soweit sich Freiwillige der Fußtruppen meldeten, wurden Kenntnisse in der Behandlung und Wartung von Pferden verlangt. Bei ehemaligen Kavalleristen wurde besonderer Wert auf gute Schießausbildung gelegt. Im letzten Friedensjahr (1913) umfasste die Schutztruppe in Deutsch-Südwestafrika 1967 Deutsche. Die Pferde waren zunächst deutscher Herkunft, später wurden aber belastbarere argentinische Pferde eingeführt.

Studioaufnahme eines Schutztrupplers im Kordrock in vollständiger Montierung und Ausrüstung vor der Abfahrt nach Deutsch-Südwestafrika. Fotograf: Schubert/ Berlin.
Angehörige der Schutztruppe in DSWA. Originales Foto um 1905.
Erinnerungsfoto an die dreijährige Dienstzeit bei der III. Feld-Kompanie der Schutztruppe in DSWA. Originales Foto aus dem Jahre 1905.

Die Schutztruppe in Deutsch-Südwestafrika hatte verlustreiche Kämpfe gegen die einheimischen Herero7 und Hottentotten8 zu bestehen (1904/07). Der deutschen Kolonialmacht gelang es nur mühevoll den überraschenden Aufstand  der einheimischen Hirtenvölker niederzuschlagen, sie musste nach Beginn der Erhebung gegen die deutschen Kolonialherren- kurzfristig  stark vermehrt werden.

Geschütz mit Ochsengespann in Deutsch Südwest-Afrika. Originale Fotokarte. Um 1905.

Der Kriegszustand wurde erst am 31.03.1907 aufgehoben. Vor allem in der Anfangsphase waren zahlreiche deutsche Farmer umgekommen, im späteren Verlauf der Auseinandersetzung kam es unter den aufständischen Stämmen zu großen Verlusten bei den  Nichtkombattanten, also Alten, Frauen und Kindern, vor allem als die Schutztruppe die Hererokämpfer mit ihren Familien nach der Schlacht am Waterberg in die wasserlose Omaheke-Wüste abdrängte. Nur wenige konnten sich in das benachbarte britische Territorium flüchten.

Reitende Feldartillererie-Abteilung mit Gespannen. Fotograf: O. Ziegler/ Laribib - Omaruru. Vor 1914.

Zur Schutztruppe gehörte auch eine Kamelreiter-Kompanie (7.) in Gochas und Arahoab. Die Schutztruppe bestand im Übrigen aus Freiwilligen aus dem Reichsherr bzw. Marine, erst ab 1913 ließ man auch weiße Landesbewohner als Freiwillige zu. In Deutsch-Südwestafrika wurden – wie in den anderen Schutzgebieten – an den wichtigsten Plätzen Militärstationen errichtet. Die Schutztruppe verteilte sich in Deutsch-Südwestafrika im Süden und im Norden. Im Norden standen 1906 11 Kompanien, 4 Geschütze, 2 Maschinenkanonen und 2 Maschinengewehre, im Süden 25 Kompanien, 38 Geschütze, 6 Maschinenkanonen und 19 Maschinengewehre. Ferner gab es auch rückwärtige Verbindungen. Kommandeur war zu diesem Zeitpunkt: Oberst Dame. An Artillerie existierten 1905 2 reitende Feldartillerieabteilungen. Im zum Südbezirk gehörigen Keetmannshoop befanden sich u. A. das Artillerie- und Traindepot, ein Lazarett, das Sanitätsdepot, das Bekleidungsdepot, das Proviantamt, sowie die Garnisonverwaltung.

Angehörige der Kamelreiter-Kompanie. Originales Foto um 1900.
Angehörige der Kamelreiter-Kompanie. Originales Foto um 1900.

 

Die Gliederung der Schutztruppe in Deutsch-Südwestafrika war im Mai 1914 wie folgt:

Kommando/ Windhuk

 

Gericht des Kommandos, Intendantur, Sanitätsamt und Vermessungstrupp

 

Nordbezirk/ Kommando Windhuk

Südbezirk/ Kommando Keetmanshoop

Artillerie- und Train-Depot , Lazarett, Haupt-Santäts-Depot, Ortskommandeur, Garnison- und Bauverwaltung

Verkehrszug 2, Artillerie- und Train-Depot, Lazarett, Sanitäts-Depot, Bekleidungs-Depot, Proviant-Amt, Ortskommandantur, Garnison-Verwaltung

1. Kompagnie-Regenstein, Seeis

2. Kompagnie - Ukamas

4. Kompagne (MG) - Okanjande

3. Kompagnie - Kanus

6. Kompagnie – Outjo und Otavi

5. Kompagnie (MG) – Chamis und Churufabis

2. Batterie – Johann-Albrechts-Höhe

7. Kompagnie (Kamelreiter und MG) – Gochas und Arahoab

Verkehrszug 1 - Karibib

8. Kompagnie und Lazarett - Warnbad

Proviantamt – Karibib

9. Kompagnie - Kabus

Pferde-Depot - Okawayo

1. Batterie - Narubis

Ortskommandantur und Proviant-Amt - Swakopmund

3. Batterie – Kranzplatz bei Gibeon

 

Pferde-Depot - Aus

 

Kamelgestüt – Kalkfontain N.

 

Ortskommandantur und Proviant-Amt - Lüderitzbucht

Stärke: 90 Offiziere, 22 Ärzte, 9 Veterinäre, 59 Beamte, Feuerwerker usw., 342 Unteroffiziere, 1444 weiße Soldaten

Schiffe auf Station: Kanonenboote „Panther“ und „Eber“

Etatsstärke der Schutztruppe in Deutsch-Südwestafrika. Entnommen aus: B. Friedag, Führer durch Heer und Flotte. Elfter Jahrgang 1914. Berlin 1913 (Nachdruck Krefeld 1976).
Musiker bzw. Kapelle der Schtztruppe in Deutsch-Südwestafrika. Originale Fotokarte vor 1914.
Appell bei der kaiserlichen Schutztruppe in Kamerun. Der Appell wird abgenommen von einem weißen Offizier in Tropenuniform. Undatierte Fotokarte vor 1914. Das farbige Personal der Schutztruppe in Kamerun zählte 1400 Mann in 11 Feldkompanien, 50 Mann zum Artillerie-Detachement gehörig und 100 Mann der Stamm-Kompanie. Dazu kam das europäische Personal. Der Stab war in Sappo stationiert.

Die Deutsche Schutztruppe für Kamerun und Togo bestand aus deutschen Offizieren und Unteroffizieren. Die einfachen Soldaten waren angeworbene Farbige, meist Haussa oder Lagosleute. Die Schutztruppe umfasste neben etwa 300 farbigen Gemeinen 1 Hauptmann, 1 Premierlieutnant, 2 Secondelieutenants, 1 Arzt, 19 Unteroffiziere, 1 Lazarettgehilfen, 1 Zahlmeister-Aspiranten und 1 Büchsenmacher. Standorte in Kamerun waren Jaunde, Lolodorf und Victoria.

Etatsstärke der Schutztruppe in Kamerun. Entnommen aus: B. Friedag, Führer durch Heer und Flotte. Elfter Jahrgang 1914. Berlin 1913 (Nachdruck Krefeld 1976).
Angetretene Angehörige der Schutztruppe in Togo. Originales Foto vor 1914.
Wachdienst bei der Polizeitruppe in - laut umseitiger Aufschrift - in Togo.
Deutsche Offiziere in Tropenuniform in Ostafrika nebst farbigen Melder bzw. Späher. Der Stab, das Rekrutendepot, die 10. Kompanie, die Signal-Abteilung waren in Daressalam stationiert. Originales undatiertes Foto vor 1914.

Zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung – insbesondere zur Bekämpfung des Sklavenhandels - wurde auch in Ostafrika eine Schutztruppe aufgestellt. So begründete die Formierung § 1 des Gesetzes, betreffend die Kaiserliche Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika vom 22.03.1891. Zum Stiftungstag wurde der 08.02.1889 in Erinnerung an die so genannte Wissmann-Truppe bestimmt.

Diese hatte bereits im April 1889 aus 25 deutschen Offizieren, 7 deutschen Feldwebeln und 56 deutschen Unteroffizieren, 6 Kompanien Sudanesen (600 Mann), 1 Kompanie Zulus (100 Mann), 1 Abteilung Askari (80 Mann), 1 Abteilung sudanesischer Artilleristen (30 Mann) und 1 Abteilung Somalis (40 Mann) bestanden.

Vorbeimarsch von Einheiten der kaiserlichen Schutztruppe in Deusch-Ostafrika. Zeitgenössisches Foto. Um 1910.

Die neue Schutztruppe unter dem Kommando von Leutnant v. Zelewski verteilte sich die Militärstationen Tanga, Bagamoyo, Daressalam, Kilwa, Lindi (Mgao), Mpapua, Bukoba, Muana, Masinde und Moschi. Nach einer schweren Niederlage im Kampf gegen die Wahehe wurde die Schutztruppe weiter ausgebaut.

Wachdienst durch einen Askari- Zeitgenössisches Foto.

Sie gliederte sich in einen Stab, bestehend aus dem Kommandeur, 1 Oberführer, 7 Leutnants, 1 Oberarzt, 1 Intendanten und 10 Kompanien zu je 150 Mann. Das europäische Personal (165 Mann) bestand schließlich aus 2 Stabsoffizieren, 11 Hauptleuten, 17 Premierlieutenants, 15 Secondelieutenants, 60 Unteroffzieren, 1 Ober-Stabsarzt, 15 Stabs- und Assistenzärzten, 26 Lazarettgehilfen, 1 Zahlmeister, 13 Zahlmeister-Aspiranten, 1 Ober-Feuerwerker und 3 Büchsenmacher.

Exerzierübungen von Askaris in Deutsch-Ostafrika. Originales Foto der Zeit (Ausschnitt). Vor 1914.

Das farbige Personal bestand aus 16 Offizieren, 134 Unteroffizieren und 1900 Gemeinen. Die 12 Kompanien standen in 1. Moschi, Kisuami und Marangu, 2. Iringa, 3. Lager Idunda, 4. Kilimatinde und Mpapua, 5. Daressalam, 6. Kilwa, 7. Pangani, 8. Lindi, 9. Udjidji, 10. Tabora, 11. Bukoba und Manza und 12. Kiloossa. Das Stabsquartier war in Daressalam.

Deutsche Offiziere in Ostafrika. Nicht datiertes originales großformatiges Foto.
Etatsstärke der Schutztruppe in Deutsch-Ostafrika. Entnommen aus: B. Friedag, Führer durch Heer und Flotte. Elfter Jahrgang 1914. Berlin 1913 (Nachdruck Krefeld 1976).
Matrosen und Musiker der Schutztruppe in Deutsch-Ostafrika. Die Matrosen sind Besatzungsmitglieder der SMS Geier. Zeitgenössisches Foto.

Insgesamt haben die Deutschen zwischen 1884 und 1918 mehrere zehntausend Söldner in Afrika, Asien und Ozeanien für die Schutztruppe rekrutiert. In Ostafrika waren das einheimische Personals die Askaris, mit denen sich ein gewisser Treue-Mythos verbindet. Zunächst vor allem noch Ausländer, also Sudanesen, Somali, Abessinier, Manyema, Baganda und Bemba, stellte bereits Einheimische im Jahre 1914 72,5 % der Askari. 

In Deutsch-Neuguinea und Deutsch-Samoa gab es keine eigentlichen Schutztruppen, sondern nur Polizeisoldaten.

Seltene Aufnahme von Exerzierübungen der Polizeitruppe in Deutsch-Neuguinea wohl in Herbertshöhe (heute: Kokopo). Herbertshöhe und war von 1899 bis 1910 Hauptstadt der ganzen Kolonie und Sitz des Gouverneurs. Originales Foto um 1905.

Bereits zu Beginn des Weltkrieges war die Situation der deutschen Einheiten in den Kolonien aussichtslos, auf personelle Verstärkungen oder Nachschub an Material konnten sie nicht hoffen. Nur in Deutsch-Südwestafrika existierte eine gut bewaffnete und aus Deutschen bestehende Schutztruppe, sie war allerdings zahlenmäßig nicht sehr stark. Sie kapitulierte nach verschiedenen Kämpfen gegen den überstarken Gegner – zumeist britische und südafrikanische Verbände - am 09.07.1915 und hatte insgesamt einen Verlust von  ca. 170 Toten zu beklagen.

Parade in Keetmanshoop (DSWA). Vor 1914.

Die Kämpfe in Ostafrika  unter Paul v. Lettow-Vorbeck sind legendär. Unter seiner Führung konnte sich die überwiegend aus Farbigen bestehende Schutztruppe (Friedensstärke ca. 3000 Mann, nämlich 410 Deutsche und 2682 Askaris) bis zum Ende des Weltkrieges behaupten. In der Regel die direkte Konfrontation mit dem Gegner vermeidend, war der Krieg in Ostafrika durch Kleinkrieg und Patrouillenunternehmungen geprägt. Überaus beweglich, konnte die Schutztruppe nicht gestellt werden und soll im Laufe der Jahre etwa 300000 gegnerische Soldaten gebunden haben. Ihre maximale Kopfstärke hatte sie mit 14000 Mann, darunter nur 3000 Europäer. Erst nach dem in Europa am 13.11.1918 geschlossenen Waffenstillstand ergab sich die fern der Heimat kämpfende Truppe den Briten. Nach dem 1. Weltkrieg waren die teilweise abenteuerlich anmutenden Kämpfe in Ostafrika überaus populär, dazu trugen auch die vor allem für die Jugend in einem lockeren Ton geschrieben Erinnerungen des zuletzt zum Generalmajor beförderten Kommandanten bei.

Literaturhinweise

Zur deutschen Kolonialgeschichte vgl. u. A. Horst Gründer, Geschichte der deutschen Kolonien, Paderborn 1985. , Gisela Graichen/ Horst Gründer, Deutsche Kolonien. Traum und Trauma. Berlin 2005 und Guido Knopp, Das Weltreich der Deutschen, München 2010.

Vgl. zum Boxeraufstand allgemein: Egbert Kieser, Als China erwachte. Der Boxeraufstand. Esslingen und München 1984.

Jean Mabire, Blutiger Sommer in Peking. Der Boxeraufstand in Augenzeugenberichten. Wien 1978.

Mechthild Leutner/ Klaus Mühlhahn, Kolonialkrieg in China. Die Niederschlagung der Boxeraufstand 1900 – 1901. Berlin 2007.

Zum Einsatz deutscher Truppen im Boxeraufstand siehe: Herbert v. Kleist, Die Kämpfe des III. Seebataillons während der Wirren 1900/01, Tsingtau  o. J. und Deutsche Truppen im Land des Drachen. Boxeraufstand und Krieg mit China. Wolfenbüttel 2007.

Zur Garnison Tsingtau:

Unsere Truppen in Ostasien. Neudruck der Ausgabe Leipzig (2. Auflage) Starnberg 1989.

C. Huguenin, Geschichte des III. Seebataillons. Tsingtau 1912.

Zu den Schutztruppen:

Vgl. hierzu: Werner Haupt, Die Deutsche Schutztruppe. 1898/1918. Utting (1988). und Reinhard Schneider, Die Kaiserliche Schutz- und Polizeitruppe für Afrika. Felduniform, Ausrüstung und Bewaffnung.  Stegen/ Ammersee 2005.

Thomas Morlang, Askari und Fitafita. „Farbige“ Söldner in den deutschen Kolonien. Berlin 2008.

Zu den Kämpfen in Afrika:

Walter Nuhn, Sturm über Südwest. Der Hereroaufstand von 1904 – Ein düsteres Kapitel der deutschen kolonialen Vergangenheit Namibias. Bonn 1996.

Walter Nuhn, Feind überall – Guerillakrieg in Südwest. Der große Nama-Aufstand 1904-1908. Der Große Nama-Aufstand (Hottentottenaufstand) 1904-1908 in Deutsch-Südwestafrika (Namibia). Bonn 2000.

Lettow-Vorbeck, Heia Safari. Deutschlands Kampf in Ostafrika Leipzig 1920.

Hans Dollinger (Hgb.), Der Erste Weltkrieg in Bildern und Dokumenten, Wiesbaden S. 1965, S. 18 - 19.

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