Die preußische Armee unter Friedrich Wilhelm I. (1713 - 40) - Kapitel 13 - Die Offiziere.

Beschreibungen der Abbildungen folgen.

Zu den Auswirkungen der Zentralisierung des Heerwesens

Eine wesentliche Leistung Friedrich Wilhelms I. als Heeresbildner war die Bildung und Erziehung eines auf ihn fixierten Offizierkorps, wobei sich der König bereits nicht mehr der ehemals sehr eigenständigen Regimentsinhaber zu erwehren hatte. Schon früh war der Staat gegen die Allgewalt der Obristen vorgegangen, deren Befugnisse und Vorrechte wurden beschnitten und Kontrollorgane sollten eine korrekte Verwendung geldlicher Mittel gewährleisten. Sowohl der Kurfürst, als auch die Stände hatten ein Interesse daran, die Machtbefugnisse des Militärs zu begrenzen. Die Zentralisierung machte sich bald im Heerwesen bemerkbar, zum Beispiel bei der Besetzung der Offizierstellen: 1659 wurde bestimmt, daß die Regimentsinhaber Offiziere nur aufgrund eines auf dem ordnungsgemäßen Rechtsweg zustande gekommenen Urteils entlassen durften. 1672 setzte dann der Kurfürst durch, daß die Offiziere zukünftig "tüchtige, capable und kriegserfahrene, auch uns anständige Personen" sein mußten und im Jahre 1684 schrieb man den Grundsatz fest, daß sich der Rang der Offiziere stets nach dem Dienstalter bestimmte. Aus dem Bestätigungs- wurde unter König Friedrich I. ein Ernennungsrecht der Offiziere und so griff der absolutistisch regierende Landesherr immer mehr in die inneren Verhältnisse der Truppenteile ein. Unter der Regentschaft Friedrich Wilhelms I., in der der preußische Staat zur drittstärksten Militärmacht Europas werden sollte, fand diese Entwicklung ihren Abschluß1.

Zahlenmäßige Entwicklung des Offizierkorps 1713 - 40

Parallel zur Armee wuchs auch das Offizierkorps, zählte es im Jahre 1713 noch 1163 Personen, war es 1740 bereits auf 2523 Offiziere angewachsen. In diesem Jahre machte es im Verhältnis zur gesamten Heerestärke 3,3 % aus und war in der Masse adliger Herkunft, wenn auch dasselbe noch stärker mit bürgerlichen Elementen durchsetzt war als unter Friedrich dem Großen.

Bedeutung des (einheimischen) Adels und "Dienstzwang"

In seinem politischen Testament von 1722 analysierte Friedrich Wilhelm I. den Adel der einzelnen Provinzen und es wird trotz seiner kritischen Äußerungen deutlich, daß der König in dem inländischen Adel einen idealen Offiziernachwuchs sah. Seit dem Rezeß von 1653 war der Adel der politischen Macht beraubt, verblieb aber an der Spitze der sozialen Pyramide und wurde erst allmählich an den königlichen Dienst gewöhnt. Die Rekrutierung und Schaffung einer bodenständigen militärischen Führerschicht vollzog sich aber nicht ohne königlichen Druck. Friedrich Wilhelm I. dekretierte praktisch einen Eintrittszwang in das Heer für den einheimischen Adel und verbot den Dienst im Ausland. Schon unter seinem Vorgänger, König Friedrich I., hatte die Heranziehung des Adels Fortschritte gemacht, aber erst dem Soldatenkönig gelang die Schaffung eines Dienstadels. So standen nach den Klassifikationstabellen von 1718/19 z.B. vom neumärkischen Adel 340 männliche Mitglieder im königlichen Dienst, und zwar 287 in der Armee und 53 im höheren Zivildienst. Dazu kamen noch 111 Junker, die außerhalb Preußens dienten2. Im Jahre 1724 wurde festgestellt, daß sämtliche Adlige Pommerns im Heer dienten oder gedient hatten3. Dies schien aber dem König offenbar noch nicht zu genügen, da er in einem Erlaß vom 09.10.1738 an alle Kammern mit Mißfallen bemerkte, daß es laut den Vasallentabellen immer noch geeignete Adlige gab, die nicht in der Armee dienten. Deshalb ordnete der König genaue Nachforschungen und detallierte Erhebungen über den einheimischen Adel an, deren Ergebnisse ihm jährlich zu melden waren.

Friedrich Wilhelm I. , König von Preußen. Abbildung entnommen aus Priesdorff, Kurt v., Soldatisches Führertum, Bd. I., S. 101.

Haltung des einheimischen Adels zum stehenden Heer

Trotz der "Verstaatlichung des Adels" (Hoven) belegen die Gravamina des Jahres 1740 einen Widerwillen des Adels gegen das Regime und so ist die Regierungsperiode Friedrich Wilhelms I. noch geprägt von dem Wettbewerb der Krone mit den Ständen um die reale Macht im Staate. Neben der Krone mit ihrem umfangreichen Domänenbesitz war der Adel der größte Landbesitzer im Staat, der Grundbesitz der Städte, Körperschaften und Köllmer trat demgegenüber an Volumen und Bedeutung zurück. Die adlige Vormachtstellung auf dem Lande basierte auf dieser Besitzstruktur, sowie auf der für Ostelbien typischen Gutsherrschaft mit ihren Attributen der Schollenpflichtigkeit, der Erbuntertänigkeit, des Gesindezwangdienstes, der Patrimonialgerichtsbarkeit und des Patronatsrechtes des Grundherrn über Kirche und Schule. Diese eigentümliche Agrarverfassung entzog das Gros der Bevölkerung dem Einfluß des Staates, jedoch mußte der Adel durch das in den Jahren 1733/35 eingeführte Kantonsystem eine schwere Beschädigung seiner Eigenständigkeit durch den empfindlichen Einbruch der Staatsgewalt in seine Herrschaftssphäre hinnehmen. Die von Friedrich Wilhelm I. durchgesetzte allgemeine Wehrpflicht mit Exemtionen entzog auf Dauer große Teile der ländlichen Bevölkerung der Gerichtsbarkeit des Adels, knüpfte somit ein direktes Band zwischen dem Landesherrn und seinen Untertanen und bewirkte damit eine gewisse Emanzipation dieser bäuerlichen bzw. unterbäuerlichen Bevölkerungsgruppen.

Offiziere die unter Friedrich Wilhelm I. (* 14.08.1688, 1713 - 40) zum General aufstiegen (nach Priesdorff, Soldatisches Führertum, I)

Aufstiegsmöglichkeiten von Bürgerlichen in das Offizierskorps

Waren zwar dem Adel in erster Linie die Offizierstellen zugedacht, so ist dies nur grundsätzlich gemeint gewesen und Bürgerliche mit Talent und Ambition haben unter Friedrich Wilhelm I. durchaus die Möglichkeit des Eintrittes in das Offizierkorps und sogar des Aufstieges in die höheren Ränge gehabt. Bekannt sind die aus dem bürgerlichen Mileau stammenden Generale Carl Gottlieb von Decken (Vater: Joachim Decken, Professor an der Universität zu Frankfurt a.d.O.), Friedrich von Egeln (Vater: Friedrich Egeln, Kaufmann) und Christian Nikolaus von Linger (Vater: Salomon Linger, kurbrand. Zeugmeister). Im Reglement von 1726 war die Beförderung verdienter Unteroffiziere bürgerlicher Herkunft zum Offizier ausdrücklich vorgesehen: "Wenn ein Unter-Officier, welcher kein Edelmann ist, sehr grosse Meriten (Verdienste) und einen offenen Kopff hat, auch dabei ein guter Exterieur, und wenigstens 12. Jahr gedienet hat, soll selbiger zum Seconde-Lieutenant Seiner Königl. Majestät vorgeschlagen werden"4. Das dies auch in der Praxis vorkam, beweisen Befehle vom 20.II.1727 an den Obristen von Plotho und an den Fürsten Leopold von Anhalt-Dessau, in denen Friedrich Wilhelm I. befahl, 10 bzw. 15 "tüchtige Unteroffiziere vor(zu)schlagen, die capable sind, daß Ich sie zu Ober-Offizieren machen kann". Vier bzw fünf hiervon sollten nicht adliger Herkunft sein, "es müssen aber solches rechte tüchtige Leute sein, und so viel möglich, die schon in campagne gewesen und die capable seind, daß Ich sie gleich zu Lieutenants machen kann, davon Ihr auch versichert, daß es keine Branntweinsäufer seind. Sie müssen auch nicht zu jung sein ...". Mit Nobilitierungen war Friedrich Wilhelm I. weniger zurückhaltend als sein Sohn, die Nobilitierungspraxis orientierte sich aber im Gegensatz zur postfriderizianischen Epoche streng an Fähigkeiten und Leistungen und betraf in erster Linie Militärs. Am 9.VI.1729 erhob der König General Meier und dessen Sohn in den Adelsstand und schrieb dazu: "Weyl Ihr ein alter, braver Officier seyd, so mache Ich Euch hiermit zum Edelmann und überschicke Euch hierbey das Patent". Johannes Friedrich August Roeseler (1665 - 1738) wurde 1721 geadelt, zu jener Zeit Regimentskommandeur von D I. und später Chef des bisherigen Garnison-Bataillons von Lilien (in Geldern). Im Jahre 1722 (30.06.) stieg der Stabskapitän Ernst Ludwig Goetze in den Adelsstand auf, sein Vater war Roßhändler in Berlin gewesen. Der Kapitän und Kompaniechef Hans Kaspar Ernst Schulte im Infanterie-Regiment No. 15 (Vater: Kapitän der Artillerie) erfuhr mit Datum vom 21.06.1732 seine Standeserhöhung. 

Ersatz aus dem Kadettenkorps

Neben dieser Variante entstammte der Offiziernachwuchs dem Kadettenkorps, der Pagerie oder wurde als Junker direkt von den Regimentern eingestellt. Die Anfänge des Kadettenkorps gehen auf den Großen Kurfürsten zurück, der die Ritterakademien in Berlin (1645), Kolberg (1653), Magdeburg (1653) und Küstrin (1666) begründete. Friedrich I. (1688-1713) errichtete 1701 in Berlin, 1706 in Magdeburg und 1703 in Kolberg Kadetten-Akademien, die Friedrich Wilhelm I. 1716-1719 zusammenlegte (1716 wurden die Kolberger Kadetten und 1719 die Magdeburger Kadetten nach Berlin verlegt). Bereits 1701 hatte sich Friedrich Wilhelm I. als Kronprinz im Geheimen Kriegsrat  dafür ausgesprochen, daß die Kadettenkompanie zu einer allgemeinen Einrichtung gemacht werden sollte und „sich alle Jungen vom Adel im Lande sich dazu melden sollen“, hier wurde schon früh der Gedanke der Einbindung des einheimischen Adels in die Armee und der Einbau des Junkertums in den Staat sichtbar5.

Offiziere die unter Friedrich Wilhelm I. (1713 - 40) zum General aufstiegen (nach Priesdorff) II

Von der Errichtung des Kadettenkorps bis zum Tode Friedrich Wilhelms I. wurden insgesamt 1612 Kadetten ausgebildet, von diesen wechselten 1483 in das Heer über und 39 stiegen unter dessen Nachfolger zum General auf6. Von den 91 in der Zeit von 1713 bis 1740 zum General aufgestiegenen Offizieren entstammten 5 der Pagerie, 1 den Kadetten, 30 traten als Gemeiner oder Junker in eine Formation ein, 27 begannen ihre Laufbahn gleich als Offizier und 28 waren Quereinsteiger, d.h. sie hatten vorher in anderen Heeren gedient und gelangten erst später in die preußische Armee, zumeist mit höherer Charge.

Die Kadetten wurden den Regimentern überwiesen, wo sie zunächst als Unteroffiziere Dienste verrichteten, ehe sie zum Offizier aufstiegen. Dies war frühestens nach drei Jahren möglich: "Es soll kein Unter-Officier zum Officier Seiner Königl. Majestät vorgeschlagen werden, bevor er wenigstens 3. Jahr bey dem Regiment nicht gedienet hat" (Reglement von 1726, S. 546). Ferner konnten Generale junge Adlige als Pagen in ihre Obhut nehmen und sich um deren militärische Ausbildung vor dem Eintritt in das Regiment kümmern.

Beginn der Laufbahn als Gefreitenkorporal

ie meisten Offiziere begannen aber ihre Laufbahn als Junker (Gefreitenkorporal bei der Infanterie und Standartenjunker bei der Kavallerie): "Von denen 11. Unter-Officiers bey jeder Compagnie soll allezeit ein Edelmann Gefreyter Corporal seyn, und die Fahne tragen; Auch soll außer dem Gefreyten-Corporal eine jede Compagnie noch einen Edelmann zum Unter-Officier haben, welche alle beyde im Lande zu Hause gehören müssen" (Reglement von 1726, S. 5). Bevor der Gefreitenkorporal bzw. Standartenjunker aber Unteroffizier wurde, mußte er "3 Mohnat Schildwacht" stehen, "damit er in solcher Zeit den Dienst und das Exerciren lerne". Ging bei einem Regiment ein Offizier ab, hatte der Obrist (oder Regimentskommandeur) einen geeigneten Adligen "welcher im Lande zu Hause gehöret, und welcher es am besten meritiret, zum Officier Sr. Königl. Majestät" vorzuschlagen, aber auch ausländische Adlige ließ man als Offiziernachwuchs gelten, verlangte jedoch vorher die verpflichtende Unterschrift unter einem "Revers", "niemahlen aus Seiner Königl. Majestät Diensten zu gehen, sondern ewig zu dienen".

Offiziernachwuchs und Körpergröße

Am 02.02.1736 befahl Friedrich Wilhelm I. den ostpreußischen Regimentern nur solche ausländische Edelleute als Junker einzustellen, "die ansehnlich und von gutem Wachstum wären", also auch beim Offiziernachwuchs spielte die Körpergröße eine Rolle. Bei diesem uneinheitlichen Ersatzsystem blieb es im Grunde bis zum Niedergang der altpreußischen Armee in den Jahren 1806/07. Die praktische und theoretische Ausbildung überließ man den Regimentern und deshalb wurde diese von Formation zu Formation unterschiedlich gehandhabt.

Offiziere die unter Friedrich Wilhelm I. (1713 - 40) zum General aufstiegen (nach Priesdorff) III

Zum Leitbild des Offiziers

In einem Nachruf auf seinen Generaladjutanten Oberst August von Köppen 1717 äußerte sich der Soldatenkönig über das Leitbild des preußischen Offiziers: "Um folgende Eigenschaften hat der Offizier sich zu bemühen: Gottesfurcht, Klugheit, Herzhaftigkeit, Verachtung des Todes, Nüchternheit, Wachsamkeit, Geduld, innerliches Vergnügen und Zufriedenheit mit sich selber, unveränderliche Treue gegen seinen Herrn, Gehorsam und Respekt gegen die Vorgesetzten, Aufmerksamkeit. Er soll danach trachten, sich Falkenaugen und leise Ohren zuzulegen, auch nichts zu vergessen, was man einmal gesehen und gehört. Er braucht Feinschaft und Haß gegen die Weichheit und schnöden Listen, aber Begierde, Ruhm und Ehre zu erlangen. Er darf kein Räsoneur sein, muß seinen Dienst und seine Schuldigkeit ohne Fehler verrichten, muß Wissenschaften besitzen oder sich bestreben, derer zu erlangen"7.

Zentrale Werte des Offiziers und damit maßgebliche Antriebskräfte seines Handelns waren Ehrgefühl und Streben nach Ruhm. Dem Ideal der Festigkeit folgend, versuchte der Offizier stets Contenance (Haltung) zu bewahren. Während nationale Momente noch wenig Bedeutung besaßen, handelte es sich bei den Leitmotiven: Ehre, Ruhm und Festigkeit beinahe um übergreifende Denkschemata des Adels, die den Edelmann sowohl in Preußen als auch in den anderen europäischen Staaten bewegten bzw. berührten. Hinzu traten eine kirchlich-religiöse Bindung und eine transformierte Form des ritterlichen Vasallentums als weitere wesentliche Bezugspunkte. Der altpreußische Offizier war bestrebt, seine Pflichten zuverlässig und mit Gleichmut zu absolvieren, ein anderes Verhalten wäre seiner Ehre abträglich gewesen. Darüberhinaus verlangte der König von seinen Offizieren Sparsamkeit, eine einfache Lebensführung und verbot das Schuldenmachen (Reglement von 1726, S. 595 ff.). Neben diese zumeist individualistisch geprägten Motive traten auch gruppenbezogene Leitbilder, z.B. Regimentskorpsgeist, aber auch der Offizierstand schlechthin begann sich allmählich als gleichartiger Stand zu begreifen, grenzte sich von dem zivilen Adel ab8, und war sich seiner priveligierten Stellung in der Gesellschaft sehr wohl bewußt. So verfügte der adlige Offizier über eine feste Basis an Werten. Aber auch der bürgerliche Offizier, einem gänzlich anderen Mileau entstammend, wird wohl viele der genannten Wertkategorien verinnerlicht haben, vermutlich kombiniert mit einem ausgeprägten (bürgerlichen) Leistungswillen, das hervorragende Merkmal des sozialen Aufsteigers.

Bedeutung der Religion

Die wenigen Memoiren, die wir aus der Epoche vor 1740 besitzen, machen deutlich, daß der altpreußische Offizier jener Tage fest im christlichen Glauben lutherischer oder calvinistischer Prägung wurzelte und Gottesfurcht und Gottvertrauen sein soziales Handeln maßgeblich beeinflußten. Den der Aufklärung bzw. dem Rationalismus verbundenen oder den romantisch-empfindsamen Offiziertypus konnte man erst unter Friedrich dem Großen bzw. dessen Nachfolgern im Offizierkorps antreffen.

Offiziere die unter Friedrich Wilhelm I. (1713 - 40) zum General aufstiegen (nach Priesdorff) IV

Bildungsgefälle im Offizierkorps

Waren die Werte und Normen der adligen Offiziere durchaus übereinstimmend, da sie einer gesellschaftlichen Schicht entstammten, so hat man sich das Offizierkorps aber dennoch nicht als eine homogene Gruppe vorzustellen. Auch hier gab es ein Gefälle im Bildungsniveau, war die wirtschaftliche Basis recht unterschiedlich. Die Skala reichte vom vermögenden Gutsbesitzer bis hin zum mittel- und landlosen Adligen, der als einzige Einnahmequelle sein Traktament hatte.

Verhältnis des grundbesitzenden Adels zum Offizierkorps

Die These von der personellen Identität von Offizier- und Gutsbesitzerstand gemäß der Formel "Offizier=Gutsherr" ist unzutreffend, obwohl es natürlich zwangsläufig viele Landbesitzer bzw. potentielle Erben unter den Offizieren gab. Das aber Kantonbezirk und Rittergut lokal übereinstimmten, dürfte wenn überhaupt, wohl eher zufälliger Natur und den königlichen Intentionen zuwider gewesen sein. Vielmehr wird man den landbesitzfernen Anteil am Offizierkorps als beträchtlich bezeichnen müssen, da der häufig sehr arme preußische Adel in der Regel sehr kinderreich war und die Offizierstellen deshalb eine große Zahl männlicher Adligen ohne ausreichende materielle Basis absorbierten und wirtschaftlich erhielten, die Anzahl der Rittergüter beschränkt blieb, während die adlige Oberschicht zahlenmäßig anwuchs und auch nicht in ausländische Dienste ausweichen durfte, und sich zudem viele Güter in einer Hand befanden, obgleich ausgesprochener Großgrundbesitz eher selten war. Darüberhinaus war der Offizierdienst zwar ehrenvoll und daher standesgemäß, aber wirtschaftlich unattraktiv, so daß viele Adlige, die anderweitige Perspektiven hatten, gar nicht dienten oder den Dienst vorzeitig verließen, eine Tendenz, die Martiny für die Kurmark zu einem späteren Zeitpunkt belegt hat9. Im Übrigen scheinen die Hohenzollern die Vermischung von dienstlicher und privater Sphäre bewußt verhindert zu haben, diese Praxis ist vergleichbar der im Zivilbeamtentum praktizierten Trennung von Heimatprovinz und Dienstort10.

Nationale Struktur des Offizierkorps

In Bezug auf die nationale Herkunft ist für die Zeit unter Friedrich Wilhelm I. noch von einer gewissen Konformität auszugehen, da der König zunächst noch keine Ausländer als Offiziere wollte. Einige Beispiele für die nationale Zusammensetzung des Offizierkorps vor 1740 mögen diese Aussage belegen:

No 2 (1715)        

No. 6 (1713)         

No. 14 (1730)       

K 10 (1734) 

Kurland

3

Altmark

1

Altmark

1

Altmark

4

Lothringen

1

Hildesheim

1

Halle

1

Cassuben

2

Magdeburg

 

1

Magdeburg

1

Kurland

1

Havelland

1

Mark

4

Mark

4

Livland

1

Magdeburg

2

Pommern

2

Neumark

4

Mecklenburg

2

Mittelmark

3

Preußen

26

Ruppin

4

Mittelmark

4

Neumark

3

Sachsen

2

Pommern

9

Münster

1

Niederlande

1

Uckermark

1

Preußen

8

Neumark

3

Pommern

5

 

 

Prignitz

1

Polen/ Danzig

2

Preußen

3

 

 

Westfalen

2

Pommern

5

Prignitz

2

 

 

Württemberg

1

Preußen

18

Uckermark

5

 

 

 

 

Schlesien

1

Westfalen

1

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Bildung und geistiges Spektrum im Offizierkorps

Das geistige Spektrum wies hingegen eine differenzierte Struktur auf, denn neben Offizieren mit universitärer Bildung, trugen auch viele Adlige die Offiziermontur, die bereits in frühen Jahren in das Heer eingetreten waren und in ihrer Kindheit nur eine äußerst bescheidene Bildung erfahren hatten. Klöden berichtet über die Erziehung seines Vaters: „Bei der Junkererziehung zur Zeit Friedrich Wilhelms I., wo Bildung und Kenntnisse, wenn sie nicht den Militärstand betrafen, von dem Adel so gut als gar nicht beachtet wurden, ja sogar als unpassend und schädlich galten, hatte Hans Gottfried zwar Lesen, Schreiben, Rechnen, Reiten, Fechten, Jagen, Vogelstellen und Exerzieren gelernt, ..., kannte aber außerhalb dieser Sphäre nichts als die Nahmen und Schicksale einer kleinen Reihe seiner Voreltern“11. Ein Urteil über das Offizierkorps Friedrich Wilhelms I. aus dem Jahre 1785 entspricht der heute noch anzutreffenden Bewertung12: „Nach dem Vorbild Leopold`s von Dessau bildete sich nicht nur Friedrich Wilhelm, sondern die ganze Armee vom General bis zum gemeinen Soldaten. Selbst seine Rohheit und Unwissenheit in anderen Kenntnissen wurde als ein Stück des militärischen Charakters angesehen und nachgeahmt. Man sah Alles, was ein guter Unteroffizier nicht notwendig zu wissen brauchte, für überflüssige Grübelei an und es wurde bei einem General eben so wenig für unanständig gehalten, wenn er kaum seinen Namen zu schreiben wußte, als dass er nicht auf dem Seil tanzen konnte. Wer mehr schreiben konnte, wurde ein Tintenkleckser oder Schmierer genannt. Noch gegenwärtig versteht man unter der Benennung ´Friedrich-Wilhelms-Offizier´ einen Mann von 5 ½ - 6 Fuß Länge, mit einem kurzen blauen Rock, langen Degen und zugeschnürten Hals, der alle seine Handlungen steif und ernsthaft, wie ein Soldat im Dienst verrichtet und sonst nichts gelernt hat“13. Selbst Friedrich der Große äußerte sich gegenüber seinem Vertrauten d`Argens am 14.10.1762 in ähnlicher Weise über das Bildungsniveau vor 1740: „Ich erinnere mich, daß zu Zeiten meines Vaters das Studium unterdrückt wurde, daß wissenschaftliche Kenntisse gewissermaßen für einen Schandfleck galten. Das machte die Jugend denselben abholdund hielten sie es für eine verbrecherische Handlung, die Grenzen ihrer Kenntisse zu erweitern und sich um Aufklärung zu bemühen. Ich spüre die üblen Folgen noch jetzt; aber das sind nicht Sachen, die ich sofort ändern kann. Der Geist der Nation muß eine andere Richtung nehmen...“. Diese Urteile erscheinen aber in ihrer Verallgemeinerung ungerecht, denn Friedrich Wilhelm I. schuf nicht nur die Grundlagen für eine Schuldbildung des Volkes14, sondern wußte sehr wohl auch den Wert einer höheren Bildung zu schätzen. Allerdings legte er auf eine wirklichkeitsnahe und praktische Zielsetzung Wert15, rein theoretische wissenschaftliche Ansätze mißachtete der König. Die Vorstellungen Friedrich Wilhelms I. über das erforderliche Maß an Grundwissen werden im Zusammenhang mit dem Erziehungsplan des Geheimrates v. Berlepsch für den verwaisten Sohnes des General-Majors v. Albe deutlich, zu dem der König folgende Bemerkungen machte: „Sein Sohn kann er lassen leren was er will, aber Albe sein Sohn soll die pedantsiche Latin nich lernen, aber die Historie von 100 Jahr her, seine Religion fundamentellement, Geographie und Mathematique und die Rechenkunst fundamentallement; perfekt Französisch lesen, schreiben, fechten, dantzen und wenn die Jahre kommen zu Halle Reiten. Mehr soll Albe sein Sohn nich lernen „16. Tharau urteilt abschließend: „Zusammenfassend kann von der Höhe der geistigen Kultur des Offizierkorps unter dem Soldatenkönig gesagt werden, daß sie der der Vergangenheit durchaus gleichkam. Zwar hatten die Kavaliersreisen aufgehört, aber was dadurch an Bildungsweite verloren  ging, wurde wettgemacht durch das geistig-sittliche Moment, das druch Betonung des pont d`honneur und des Standesgedanken in das Offizierkorps heineingetragen worden war, und durch die Straffheit und Solidität, die das ganze Leben und auch das Bemühen um geistige Kultur gewannen“17. Für die Beurteilung des Bildungsniveaus in der preußischen Generalität unter dem Soldatenkönig sind folgende Angaben von Interesse: unter den in der Zeit von 1713 bis 1740 zum General-Major beförderten Offizieren besuchten Carl Gottlieb von Dechen (ab 1716 General-Major), Erdmann von Glasenapp (ab 1714 General-Major), Kurt Hildebrand Frhr. v. Loeben (ab 1713 General-Major, Chef von No. 26), Achaz von der Schulenburg (ab 1719 General-Major, Chef von D V., später Ritterakademnie zu Wolfenbüttel), Arnold Christoph zu Waldow (ab 1731 General-Major, Chef von K 12) die Universität Frankfurt a. d. O., Christoph Martin Graf von Degenfeld-Schonburg (ab 1722 General-Major) das Gymnasium zu Schwäbisch-Hall, dann die Universitäten zu Utrecht und Leyden, Curt Christoph Graf von Schwerin (ab 1720 General-Major, aus mecklenburgischen Diensten übergetreten, Chef von No. 24) die Universität Leyden (später Greifswald), Adelf Friedrich Graf von der Schulenburg-Beetzendorf (ab 1728 General-Major, Chef von D III.) die Universität Uetrecht (vorher Ritterakademnie zu Lüneburg), Wilhelm Dietrich von Buddenbrock (ab 1728 General-Major, Chef von K 1), Erhard Ernst von Roeder (ab 1714 General-Major, Chef von No. 2) die Universität von Königsberg. Es besuchten: Georg Joachim von der Wense (ab 1718 General-Major, Chef von D I.) das Gymnasium zu Merseburg, Georg Friedrich Heinrich v. Borcke (ab 1736 General-Major, Chef von No. 29), Georg Levin von Winterfeldt (ab 1720 General-Major, Chef von K 12) das Gymnasium zu Stettin, Friedrich Wilhelm v. Dossow (1732 General-Major, Chef von No. 31) das Joachimthalsche Gymnasium (später Ritterakademie zu Kolberg). Es handelt sich aber hierbei zumeist um Offiziere aus bedeutenden adligen Familien, die den Aufstieg in die Führungselite der preußischen Armee geschafft hatten, insoweit handelt es sich um Einzelfälle. Für das Gros der Offiziere dürfte hinsichtlich der Bildung das zuvor Gesagte Gültigkeit haben.  

Verhältnis zwischen Offizier- und Unteroffizierkorps

Die Gruppe der Offiziere wurde gegenüber dem Unteroffizierkorps nun scharf abgegrenzt, was auch durch den Umstand dokumentiert wurde, daß die Kriegsartikel vom 12.07.1713 nur noch "vor die Unter-Officiren und gemeine Soldaten" galten, während das Reglement von 1726 umfangreiche "Ordres, wornach die sämtliche Officiers ferner sich zu verhalten haben" (Reglement von 1726, S. 525 ff.) enthielt. Wesentliches Ziel all dieser Bestimmungen war die Aufrechterhaltung und Festigung der "Subordination". Diese sollte "unter denen Officiers bey einem Regiment vom General bis zum jüngsten Fähnrich auf das allergenaueste beobachtet werden" (Infanterie-Reglement von 1726, S. 526). Gehorsam und strikte Befehlsausführung wurde gefordert, bei Befehlsempfang Gegenrede und Opposition verboten. Deutlich ausgesprochen wurde, daß man vom Offizier Diensteifer und Engagement erwartete: "... derjenige Officier, welcher sein Devoir nicht aus eigener Ambition thut, sondern zu seinem Dienst angehalten werden muß, nicht meritiret (verdient) Officier zu seyn" (Reglement von 1726, S. 220). Im Übrigen hatten die Offiziere das Reglement zu kennen (Befehl vom 17.12.1729). Außerhalb der Exerzierzeit und der diese abschließenden Revue war der Dienst des Offiziers vor allem durch einen umfangreichen Exerzier- und Wachdienst geprägt. In der Ausbildung sollte der Kompaniechef "sich auf die Unter-Officiers nicht so sehr verlassen" und die Rekruten zum Teil selbst, zum Teil durch die Offiziere der Kompanie "das Exerciren lernen lassen" (Infanterie-Reglement von 1726, S. 221). In einer Ordre aus dem Jahre 1730 faßte der König die dienstlichen Anforderungen insbesondere an die Adresse des Regimentsinhabers bzw. -kommandeurs wie folgt zusammen: „Also befehle Ich Euch hierdruch in Gnaden, darauf fest zu halten, und meinen Willen gemäß darnach einzuführen, daß es bey Euren Regiment, in der Ordre und exactitude im ganzen Dienst, in Chargirungen, und  in allen Stücken, es mag Nahmen haben wie es wolle, allemahl dergestalt in Ordre sey, als wenn Ich beständig zugegen wäre. Wie denn auch der Dienst in denen Garnisonen, so exact und ordentlich egahlten werden soll, als wenn der Feind vor dem Thore stünde. Wobey Ihr auf die proprete an Mundirung und Hüthen und Lederzeug ebenfalls halten, und dahin sehen müssen, daß die Mundirung propre und gut gemachet werde, und daß Sie recht auf dem Leibe sitze, und nicht so herum hänge. Woferne Ich also selber das Regiment nicht in dieser Ordre finden sollte, oder auch in meiner Abwesenheit davon was negligiret würde, und nicht alles so wäre, wie meine Befehle und das Reglement lautet, und Ich es in Erfahrung bekomme, so werde Ich den Commandeur und sämbtliche Regiment-Officier, snder einige excuse scharf davor ansehen. Der Commandeur soll auch die sämbtlichen Ober-Officiers scharf zu ihrem devoir anhalten, daß Sie sich nicht negilgiren, wie es bis dato geschehen, und woferne Sie ihr Devoir nicht thun, Sie scharf strafen. Woferne auch die Stabs-Officiers ihr devoir nicht fleißig und exactement thun, soll es mir gleich gemeldet werden, und wo es Mir nicht gemeldet wird, soll der Commandeur davor responsable seyn, Desgleichen auch die Capitains und Premier-Lieutenants. Ich habe auch in Erfahrung gebracht, daß es bey den Compagnien, wegen der kleinen Mundirung an Stiefeletten, Schuen und Hemden offt nicht richtig zugehe, und auch desertiones geschehen, und Leute wieder attrapiret werden, die darüber geklaget. Ich hoffe zwar nicht, daß Ich solche lache und Pflicht- vergessene Officiers in der Armee hätte. Aber wie in einer Heerede Schafe auch räudige sind; Also befehle Ich hiermit denen Commandeurs von den Regimentern sich fleißig zu erkundigen, daß sowohl Ober-Officiers, Unter-Officiers, Tambours und Gemeinen das ihrige bekommen ...“18. Das Regelement von 1726 bestimmte unmißverständlich: „Wenn befunden werden sollte, daß einem Soldaten an Tractament und Quartier-Gelde nicht alles gut gethan worden ist, alsdenn der Capitaine von der Compagnie cassiret seyn soll“.   

Offiziere die unter Friedrich Wilhelm I. (1713 - 40) zum General aufstiegen (nach Priesdorff) VI

Aufstiegsmöglichkeit im Offizierkorps

Der Aufstieg in der Hierachie der Chargen erfolgte grundsätzlich nach dem Anciennitätsprinzip. Laut Friedrich Wilhelm I. sollte bei Beförderungen das Dienstalter die Norm geben. Auch Offizieren prinzlichen Geblüts wurde kein Anspruch auf einen schnelleren Beförderungsgang zugebilligt. So folgten die Beförderungen keinem eigentlichen Leistungsprinzip, da der König darauf bedacht war, den anderen Offizieren keinen "Tort" anzutun. Jedoch konnten Pflichtverletzungen, Verfehlungen, Disziplinlosigkeiten - brachte der König diese in Erfahrung - natürlich jederzeit das Ende einer Offizierkarriere bedeuten. Eine Beförderung sollte überhaupt erst dann ausgesprochen werden, wenn eine Stelle frei wurde. Die lange Friedensperiode unter dem Soldatenkönig führte zu einer gewissen Überalterung (der Stabsoffiziere und der Generalität) und zu langen Zeitspannen zwischen einer Beförderung und der nächsten. Dies war besonders schmerzlich für die subalternen Chargen, welche sich mit kärglichen Lebensumständen aufgrund relativ niedriger Besoldungssätze abfinden mußten, aber manche Offiziere konnten ihr Salär durch elterliche Zuwendungen oder Zulagen aus eigenem Vermögen aufbessern. Im Übrigen standen die Preise vor 1740 zum Traktament noch in einem akzeptablen Verhältnis und die Lebenshaltungssitution war von Garnison zu Garnison, von Provinz zu Provinz verschieden.

Es gab aber auch glückliche Offiziere, die recht früh einen höheren Dienstgrad erreichten. So wurde v. Geßler am 21.01.1714 zum Major im Dragoner-Regiment v. Pannewitz befördert, er war erst 26 Jahre alt. Das nicht in jedem Fall das Anciennitätsprinzip die Vergabe von Chargenplätzen oder gar die Verleihung einer Kompanie bzw. eines Regimentes beeinflußte, sondern hier auch leistungsorientierte Motive eine Rolle spielen konnten, belegt ein Vorgang aus dem Jahr 1738: eine vakant gewordene Kompanie des Dragoner-Regimentes v. Geßler (D IV) wird aufgrund eines königlichen Befehls nicht dem Rittmeister v. Engelbrecht verliehen, obwohl dieser nach der Tour an der Reihe wäre. Auf eine Beschwerde des besagten Offiziers antwortet der König: "Ihr habet Euch selbst bey zu messen, daß Euch vor dieses mahl mit der Compagnie vorbey gegangen worden ist. Denn warum habt Ihr bey Übernehmung der letzten remonte keine so gute(n) Pferde wie das vorige mahl gebracht? Potsdam, 23. Jan 1738".

Gehaltssituation

Die Bandbreite der Gehaltssätze (netto) staffelte sich bei der Infanterie von 386 Taler, 9 Groschen, 6 Pfennig für einen Obristen bis zu 6 Taler, 6 Groschen und 5 Pfennig für einen Seconde-Lieutenant bzw. Fähnrich (Reglement von 1726, S. 581 ff.). Dem Adjutanten wurde zusäzlich als "Fourage-Geld vor ein Pferd" 3 Thl. gezahlt. Der Kapitän (Kompaniechef) mußte "das Gewehr, Säbel und Bajonets, im Stande halten, und alle Unkosten, welche bey der Compagnie vorfallen" bezahlen. Bekam ein Regiment eine neue Garnitur Gewehre und ging in den ersten zehn Jahren ein Kapitän ab, so sollte dieser von seinem Nachfolger für die Gewehre, Bajonette, Kurzgewehre und Trommeln 800 Taler. erhalten. Nach Ablauf der zehnjährigen Frist hatte der neue Kompaniechef nur noch 500 Thl. zu erstatten (Reglement von 1726, S. 608). Die Kompanie wurde praktisch als Besitzstand ihres Inhabers angesehen und hatte einen bestimmten Wert. Wesentlicher als die fixierte Wertigkeit des Bestandes an den oben erwähnten Waffen und Ausrüstungsgegenstände, waren aber die Bereicherungsmöglichkeiten, die sich aus der Selbstbewirtschaftung der Kompanie, insbesondere aus dem Beurlaubungswesen, ergaben. Der Kompaniechef wirtschaftete auf Gewinn und Verlust, von seinem Gewinn mußte er aber u.a. die Kosten für die Werbung bestreiten. Er glich somit praktisch einem Unternehmer, wobei aber die Vollzähligkeit und die Qualität seiner Einheit einer gestrengen Überprüfung unterlag.

Offiziere die unter Friedrich Wilhelm I. (1713 - 40) zum General aufstiegen (nach Priesdorff) VII

Anforderungen an Kompanie- und Regimentsinhaber

Der König begrüßte es, wenn die Rekruten "schön" waren (Schreiben vom 08.04.1731 an Generalmajor v. Schwerin), deshalb sollten sich die Offiziere "auf der Werbung recht tummeln" (Schreiben vom 20.10.1733 an den Obristen v. Plotho), nur dann konnten diese auf Avancement hoffen. Ein wesentliches Kriterium für eine gute Kompanie war das Maßniveau, d.h. die Körpergröße der Soldaten, aber auch die Exerzierfertigkeit und die Disziplin wurden als wesentliche Merkmale einer leistungsfähigen Einheit vom König kritisch begutachtet. Da Mißbräuche im Bereich der Kompaniewirtschaft häufig Desertionen provozierten, mahnte Friedrich Wilhelm I. wiederholt die verantwortlichen Offiziere, daß die Soldaten alles ihnen Zustehende auch richtig bekommen sollten (Löhnung, Kleinmontierungsstücke, usw.). Bei solchen Vergehen drohten den pflichtvergessenen Offizieren harte Strafen. Kompanieinhaber, deren Kompanien nicht den Normen des Befehles vom 13.09.1732 entsprachen, mußten strafweise mit pauschalen Abzügen rechnen. Bei der Kavallerie war die Remonte Gegenstand des königlichen Interesses und mitunter fiel eine Rüge Friedrich Wilhelms I. recht schroff aus. Fiel hingegen eine Formation postiv auf, sparte der König auch nicht mit Lob und Anerkennung: "Mir ist lieb zu vernehmen, daß bey dem Regiment noch alles in guter Ordnung ist, und daß dasselbe auch fleißig exerciret" (Friedrich Wilhelm I. am 4.05.1731 an Johann Caspar von Herztberg, Kommandeur von No. 9).

Nicht jeder Regiments- bzw. Kompanieinhaber war ein guter "Wirth". Als der Generalmajor Martin Arend von Dockum (1665 - 1732), Chef von D VI, in einem Duell mit dem Lieutenant v. Woldau erstochen wurde, hinterließ er 9000 Taler. Schulden. Am 1.06.1732 schrieb daraufhin der Soldatenkönig an die Witwe und bat, wenigstens 3000 Taler. zu beschaffen. Übernahm ein Offizier endlich eine Kompanie, so konnte es sein, daß er die verbesserten Einkommensverhältnisse zunächst noch nicht voll geniessen konnte. Bernd von Marwitz (1661 - 1726) hatte z.B. als Kompaniechef seinem Vorgänger monatlich 20 Taler. zu zahlen und Friedrich Casimir von Botzheim (1672 - 1737), Chef von No. 7, mußte, als er am 11.11.1704 Kapitän und Chef der Kompanie des abgegangenen Kapitäns von Quoss wurde, diesem als Invaliden monatlich das 1/2 Kapitänsgehalt überlassen. Und als im Jahre 1713 der Kapitän Justus (Friedrich) Maximilian v. Hembyze im Infanterie-Regiment No. 8 verabschiedet wurde, erhielt er ein Gnadengehalt in Höhe von 12 Taler. mtl. "aus d. jüngsten Kompanie". Neben dem Traktament konnten Offiziere durch Geldgeschenke, Immobilien oder anderweitige Pfründe (z.B. Amtshauptmannschaften) belohnt werden.

Familienstand und Möglichkeiten der Heirat

Das allgemeine Dienstreglement von 1726 enthielt für das Heiraten von Offizieren einschneidende Bestimmungen, wobei die jüngeren Offiziere nur dann heiraten durften, wenn die Braut vermögend war, während die Ehen älterer Offiziere mit höherer Charge vor allem standesgemäß sein mußten19. Im Grunde sahen es aber sowohl Friedrich Wilhelm I., als auch Friedrich der Große lieber, wenn die Offiziere ledig blieben und sich auf ihren dienstlichen Pflichtenkreis konzentrierten. Von beiden Herrschern sind diesbezüglich viele ablehnende bzw. ungehaltene Schreiben überliefert, teilweise in harte und unter Umständen sogar zynische Worte gefaßt. Am 13.09.1734 erhielt Christoph Burggraf und Graf zu Dohna-Schlodien (1702 - 1762, seit 1745 Generalmajor und Chef von No. 4, später von No 23 und dann von No. 16) die Erlaubnis zur Heirat, allerdings verbunden mit der drastischen Bemerkung des Königs: „Ich gebe Euch auf Euer Schreiben vom 28. August zur Antwort, daß Euer Meinung nach die Welt austerben würde, wenn Ihr nicht heyrathet“ (Priesdorf, Bd. I., S. 311 ff.).

Urlaubsmöglichkeiten

Genau wie eine Heirat, war auch ein Urlaubsbegehren genehmigungspflichtig, wobei allerdings der Anlaß begründet sein mußte. In der Regel wurde ein Urlaub im Falle der Heirat, beim Tod eines nahen Angehörigen, wegen sonstiger Familien- (Erb-)schaftsangelegenheiten oder (bei älteren, verdienten) Offizieren auch zur Erholung bzw. Wiederherstellung der Gesundheit gewährt (manchmal bis zu mehreren Wochen oder sogar Monaten), dennoch war dies eher die Ausnahme und dienstliche Obliegenheiten gingen stets vor. Nach einer Verfügung des Königs vom 26.08.1738 durfte kein Offizier (in Ostpreußen) länger als 2 Nächte mit Genehmigung seines Chefs außerhalb seiner Garnison sein und im Interesse der Gleichheit wünschte der König nicht, daß ein Generalmajor mehr Urlaub als ein anderer erhielt.

Abschied und Abgang sowie Versorgungsfragen

In dem Zeitraum von 1713 - 40 verstarben von der Feldinfanterie und Artillerie 382, bei den Garnisonen 106 und bei der Kavallerie 136 Offiziere (insgesamt 624). Dimittiert wurden während dieser Periode: 868 Offiziere bei der Feldinfanterie und Artillerie, 78 Offiziere bei den Garnisonen und 256 Offiziere bei der Kavallerie (insgesamt 1202). Der Abschied war nur schwer zu erlangen. Das Reglement von 1726 enthielt keine Bestimmungen für die Behandlung von Abschiedsgesuchen der Offiziere, nicht ohne Grund, denn Friedrich Wilhelm I. erteilte eine entsprechende Bewilligung nur äußerst ungern. Häufig wurden Anträge auf Entlassung aus dem königlichen Dienst abgelehnt, vor allem wenn es sich um einen fähigen und bewährten Offizier handelte: so erfuhr das Dimissionsgesuch von Friedrich Jakob Heinrich von Briest am 18.06.1739 eine Ablehnung mit der nachfolgenden Begründung: "Ihr seyd einer der besten Officirs vom Regiment. Ihr müsset Euch nur curiren lassen". Auch das Abschiedsgesuch des Generallieutenants Peter von Blanckensee wurde wiederholt abgeschlagen. Als 1736 ein Major der Infanterie den Abschied forderte, verweigerte ihn der König mit den Worten: "Es ist nicht fein von Euch, daß Ihr Hühner füttern wollt, wenn das der alte M. (des Majors verstorbener Vater) wüßte, was würde Der sagen". Vor allem alte Offiziere entließ der König nicht gern, aber auch auf Anträge jüngerer Offiziere konnte er sehr ungehalten reagieren: als ein Lieutenant von Kirschendorff (No. 11) wiederholt um seinen Abschied einkam, verfügte der Monarch: "Er bekommt ihn nicht; kommt er wieder damit, so wird er in die Wacht gesetzt". Die Gewährung von Ruhegehältern war reine Gnadenssache und an Verdienst und Bedarf orientiert, auch die Versorgung von Hinterbliebenen verstorbener Offiziere war nicht die Regel.  Generallieutenant Stephan v. Dewitz, Chef von K 8, wird am 15.04.1723 mit 500 Talern verabschiedet, Schnackenburg nennt weitere Beispiele, so werden 1724 General-Major v. Lilien mit 600, 1726 General-Major v. Montargues (Chef des Ingenieur-Korps) mit 1000 und 1739 General-Lieutenant v. Rittberg mit 400 Talern dimittiert. Auch die Verabschiedung mit einer höheren Charge kam vor, so wird der Rittmeister Graf v. Wittgenstein (K 2) im Jahre 1722 als Oberst-Lieutenant entlassen.  Nur noch beschränkt diensttüchtige Offiziere versetzte man zu den Garnison-Formationen bzw. zu den Landregimentern. Höhere Offiziere wurden auch zu Festungskommandeuren und niedere Offiziere zu Platzmajoren ernannt oder man verschaffte ihnen eine Anstellung in der Zivilverwaltung, z.B. als Salzfactor. Eine andere Form der Versorgung war die Verleihung von Amtshauptmannschaften oder erledigten Lehnsgütern.

Urteile über König Friedrich Wilhelm I. und sein Verhältnis zum Offizierkorps

Über König Friedrich Wilhelm I. urteilte der Militärschriftsteller Georg Heinrich v. Berenhorst in seinen Betrachtungen zur Kriegskunst durchaus zutreffend indem er schreibt: "Der König selbst hatte sein Regiment und seine Compagnie, war Oberster und Hauptmann, im strengsten Verstande, lebte so, dachte so, und willigte, Kriegsherr, wie er war, beinah stillschweigend ein, als General betrachtet, unter Leopold`s höherer Einsicht zu stehen. Mit den Offizieren bis zum Hauptmann herunter, ging er - der König - wie Kamerad, mit den Subalternen - Lieutenanten und Fähnrichen - wie Vater um. Er hätte sich selbst nach der Wacht geschickt, wenn er sich in einem Kleidungsstück, das nicht montierungsmäßig war, betroffen hätte"20. Über den persönlichen Verkehr Friedrich Wilhelms I. mit seinen Offizieren existieren zahlreiche Belege. Sie dokumentieren eindrucksvoll das patriarchalische Verhältnis zwischen ihm und den "Herren Brüder und Söhne", wie er mitunter die Offiziere nannte, zeugen von der Anteilnahme des Königs an den Lebensschicksalen seiner Offiziere. Seine diesbezüglichen Entäußerungen sind mehr als nur Formalien. So schreibt er am 27.02.1727 an den Generalmajor Georg Levin v. Winterfeld: "Mahrwitz sehr ellent krank, ist ein brav Kerel den nicht gern verliehren möchte. Macht daß ihr zur Revue gesund werdet, sind Fohlgen von Ausschweifungen die nuhn zu Hause kohmen, wer Venus liebt in Jugenth muhss im Alter dafor büssen". Im Jahre 1739 erkrankte Reinhold v. Derschau (1679 - 1742) schwer, der König schickte ihm durch seinem Generaladjutanten 10 Flaschen Wein und versuchte sich als ärztlicher Ratgeber: "... er soll kein Obst essen, aber kräftig Bouillions nehmen, um wieder zu Kräften zu kommen". Am 07.01.1722 schrieb Friedrich Wilhelm I. an den Obristen v. Marwitz: "... schreibet mir wies mit eure gesundheit stehet und was euch fehlet, wo ich euch helfen kan tuht mir zu wißen will es mit Plesir tuhn". Der Tod des Generals v. Beschefer ging dem König sehr nahe: "Es thut mir von Herzen leid, daß ich einen so hohen braven Offizier und Freund verloren habe, als Beschefer, ich bin sensiblement chagrinirt und bin auch heute nicht wohl, dann ich nit auf die Jagd gegangen. Es gehet mir so nahe, als wenn es mein Blutsfreund wäre" - hier wird echte Trauer erkennbar. Im Kreise seiner Offiziere fühlte sich Friedrich Wilhelm I. wohl, deshalb suchte er den persönlichen Kontakt mit ihnen; am 14.09.1720 schrieb er Fürst Leopold von Anhalt-Dessau:  "Wen(n)  E.L. wollen morgen herkommen, so wirdts mir lieb sein aber sie müssen vorlieb nehmen, da ich kein Koch hier (in Potsdam) habe und ich zu gaste gehe bey meine officier". Laut Carstedt speiste der Soldatenkönig "öfters bei seinen Generals"21. Der zeitgenössische Biograph des Soldatenkönigs (Fassmann) weiß interessante Details über den persönlichen Umgang Friedrich Wilhelms I. mit seinen Offizieren zu berichten: "Alle Generals, Obersten, Oberstlieutenants und Majors pflegen des Königs Majestät zu küssen, wenn sie diesselben eine Zeitlang nicht gesehen und solche nach Hofe gerufen werden oder mit königlicher Erlaubniss dahin kommen, oder wenn des Königs Majestät auf der Reise bei ihnen eintreffen. Solches geschiehet auch, wenn ein Regiment die Speziel-Revue vor Seiner königlichen Majestät passiret, und es sind Ihre Majestät gewohnt, dadurch die Versicherung Ihrer Gnade und Zufriedenheit an den Tag zu legen" 13). Bezeichnend für den frugalen Lebensstil des Königs ist ein Schreiben vom 01.07,1726 an General-Major v. Marwitz: „Mein lieber General-Major von Marwitz, Ich werde morgen über 8 Tage mit Gottes Hülfe des Mittags um 3 Uhr bei Euch in Halberstadt seyn. Ich werde aber die Nacht nicht da bleiben, sondern noch bis Hornburg gehen. Ihr sollt also vorm Thor ein Zelt auffschalgen lassen und mir eine gute Suppe und ein Stück Wurst vprsetzen; auch ein gut Glas Wein und recht rein Wasser geben, durchaus aber sollt Ihr Euch keine Unkosten machen, als welches ich euch expresse hierdruch verbiete ...“22. Der König verfügte über ein erstaunliches Personen- und Namensgedächnis und vor allem während der jährlich stattfindenen Revuen konnten die Offiziere ihren obersten Dienstherrn von Angesicht zu Angesicht erleben. Diese Musterungen waren aber gefürchtet, da der König bei ungenügender Leistung oder vermeintlichen Versagens äußerst ungnädig werden konnte. War er mit dem Erscheinungsbild oder der Exerzierfertigkeit einer Einheit nicht zufrieden, pflegte er ohne Abschied abzureisen, es drohten dann harsche Kritik und harte Sanktionen bis hin zum Beförderungsstopp oder gar zur Kassation. 

Rolle des "Alten Dessauers"

Leopold Fürst v. Anhalt (1676 - 1747) war der militärische Ratgeber und Vertraute des Soldatenkönigs und man kann durchaus sagen, daß den Fürsten eine enge Freundschaft mit seinem königlichen Herrn verband. Leopold Fürst von Anhalt-Dessau23 wurde am 03.07.1676 zu Dessau geboren und bereits am 05.01.1688 zum Oberst und Inhaber des kaiserlichen Alt-Diepenthalschen-Regiments zu Fuß ernannt. Am 13.09.1693 wurde er Chef des preußischen Infanterie-Regiments No. 3 (Halle), dessen Inhaber er bis zu seinem Tod (09.04.1747) blieb. Seit dem 14.03.1696 General-Major, wurde er im Jahre 1698 regierender Fürst von Anhalt-Dessau, verblieb aber in der preußischen Armee und wurde 1701 auch Gouverneur von Magdeburg. Am 14.03.1703 avancierte der Fürst zum Generallieutenant, am 20.01.1704 zum General und am 02.12.1712 zum Generalfeldmarschall. Zuvor kommandierte er die preußischen Hilfstruppen im Spanischen Erbfolgekrieg, nahm teil an den Belagerungen von Kaiserswerth, Venloo und Roermonde, an den Schlachten von Höchstedt (20.09.1703 und 13.08.1704), war in der Lombardei bei Calcinato, Cassano, Turin, Susa (1705) und kämpfte auf dem westlichen Kriegsschauplatz bei der Einnahme von Tournay, in der Schlacht bei Malplaquet, bei der Einnahme von Mons, Douai, Landrecies und der Zitadelle von Mons. 1715 kämpfte er in Pommern gegen die Schweden und 1734 im polnischen Erbfolgekrieg im Feldzug am Rhein. Am 06.12.1735 wurde Leopold Fürst von Anhalt-Dessau auch Gouverneur von Küstrin. Die Person des Alten Dessauers ist eng mit der Geschichte des altpreußischen Heeres verbunden, er hat viel zur Ausbildung der für die preußischen Armee typischen Feuertaktik beigetragen. „Leopold that bei der Sache (Anmerkung: der Feldzug von 1715) das Beste. Nun hatte dieser, was die Armee anbelangte, das volle Vertrauen des Königs, welches bis zur Ehrfurcht ging. Beide begegneten sich in dem Endzwecke, aus der preußischen Armee etwas Außerordentliches zu machen.... Aber Leopold vergaß nicht, neben den angeführten Bestrebungen, seinen Erfahrungssatz, von welchen er den König und die mehrsten Generale zu überzeugen gewußt hatte, in Ausübung zu bringen, nämlich auf eine solche Überlegenheit im Schießen hinzuarbeiten, daß man den Feind, gleich beim Einschreiten in die Wirkungslinie des kleinen Gewehrs, niederhageln könne. Alle übrige Weisheit mochte der in seinem Kopfe bei Seite setzen, rühmte sich dessen jedoch nicht“24. Im lebhaften gedanklichen Austausch mit Friedrich Wilhelm I. hat er durch zahlreiche Verbesserungsvorschläge zur Fortentwicklung der preußischen Armee maßgeblich beigetragen, war aber - wie der König - einseitig auf die Infanterie fixiert. Leopold von Anhalt-Dessau war neben seiner Rolle als Landesfürst in militärischer Hinsicht Ausbilder und Taktiker, Feldherr und Militärschriftsteller25. Bereits in der Zeit, als Friedrich Wilhelm als Kronprinz seine Machtstellung in der Armee ausbaute, gehörte Leopold zu den ihm eng verbundenen Offizieren. Hierzu Hinrichs: „Hierbei mußte der eigentlich gebende Teil bei seinem Alter und seiner praktischen Erfahrung Fürst Leopold sein, während der Kronprinz die von ihm kommenden Anregungen und Neuerungen verarbeitete, in die Gesamtreform einordnete und für ihre Anwendung im großen zu sorgen bemüht war. Fürst Leopold legte in seinem Regiment die Grundlagen für die unerbittliche Exaktheit des preußischen Exerzierens, für die Beherrschung des Waffengebrauchs und der taktischen Bewegungen, Errungenschaften, deren Übertragung auf die gesamte preußische Infanterie das als Kronprinz begonnene Werk Friedrich Wilhelms I. war, der damit seine Musketiere und Grenadiere an die Spitze jeder europäischen Infanterie stellte. Die Arbeit Leopolds war möglich gerade auf der Grundlage der Willkür und Buntheit des Exerzierens in dieser Übergangszeit des Spanischen Erbfolgekries, die es einzelnen begabten Offizieren ermöglichte, in ihrem Befehlsbereich zu experimentieren und Neuerungen auszuprobieren. So ist wahrscheinlich der Paradeschritt von einem hessichen Hauptmann erfunden, der seine Kompanie eingedrllt hatte, „daß jeder Kerl mit allen anderen Tritt halte“. Es handelte sich dabei nicht um den gewöhnlichen Gleichschritt nach der Trommel, den schon die Landsknechte kannten, sondern um „den eigentümlichen langsamen, unter scharfen hörbaren Betreten mit gestrecktem Knie“ ausgeführten Exerzierschritt, dessen Kenntnis wahrscheinlich durch den späteren Feldmarschall von Kalckstein, der ihn im Spanischen Erbfolgekrieg als Offizier gesehen hatte, nach Berlin gebracht wurde. Fürst Leopold erkannte in dem taktmäßigen Exerzierschritt ein wichtiges Hilfsmittel für seine höchste taktische Aufgabe, Feuer und Bewegung zu verbinden, da er den langen Linien der Pelotons „eine Festigkeit und Haltung gab, die damals unmittelbaren Gefechtswert hatte“26. Dazu kam die Einführung der eisenen Ladestöcke, die die zerbrechliche hölzerne Ausführung ablöste, welche in der Hitze des Gefechts oft zerbrach.  Doch die Bedeutung Leopold erschöpfte sich nicht in Militaria, sondern teilweise wurde er sogar innenpolitischer Berater Friedrich Wilhelms I., zumal in wirtschaftlichen Fragen, da der Fürst nicht nur organisatorisches, sondern auch ökonomisches Geschick - z. B. als Kolonisator in Ospreußen - bewies. Der veröffentlichte Briefwechsel ist für die fruchtbare Beziehung der beiden Männer ein beredtes Zeugnis. Seine erfolgreiche militärische Karriere krönte der Exerziermeister der preußischen Armee mit dem Sieg über die mit Österreich verbündeten Sachsen in der Schlacht von Kesselsdorf im Jahre 1745. Sein Verhältnis zu Friedrich dem Großen war allerdings nicht ungetrübt. Im Übrigen waren von seinen Söhnen alle 5 preußische Generale, 3 davon sogar Generalfeldmarschälle. Zu den Favoriten Friedrich Wilhelms I. zählten neben dem "Alten Dessauer" Gottfried Emanuel v. Einsiedel (1690 - 1745), Christian Reinhold v. Derschau (1679 - 1742) und Johann v. Lehwald (1685 - 1768, ab 1752 Generalfeldmarschall). Lehwald gehörte früher zum Regiment des Kronprinzen. Auch Oberst v. Koeppen wird zu den Favoriten des Königs gerechnet. Seinem Generaladjutanten, Hans Christoph Friedrich Graf v. Hake (1699 - 1754), "gab der König auf dem Sterbebette viel wichtige Aufträge für seinen Sohn und dessen künftige Regierung, schenkte ihm auch zwei Tage vor seinem Ableben, sein bestes Reitpferd, mit den Worten: dieses ist das letzte, was ich euch geben werde, behaltet es zu meinem Andenken"27.

Fußnoten:

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