Die preußische Armee unter Friedrich Wilhelm I. (1713 - 40) - Kapitel 16 - Der bunte Rock (Die Infanterie).

König Friedrich Wilhelm I. (* 14. August 1688 in Cölln; † 31. Mai 1740 in Potsdam). Nach einem Ölgemälde. Entnommen aus: Deiß, Das deutsche Soldatenbuch, Bd. I., 1926, S. 149.

Allgemeine Vorbemerkungen

Die Uniform als eine mittels detaillierter Bestimmungen genau festgelegte einheitliche militärische Bekleidung bestimmt die Zugehörigkeit des Trägers zu einer bestimmten Armee, zu einer bestimmten Waffengattung und zu einem bestimmten Regiment. Die in Schnitt, Farbe, Abzeichen, Tragweise normierte Bekleidung des Soldaten entstand - unabhängig von einigen vereinzelten mittelalterlichen Versuchen - erst mit Aufkommen der stehenden Heere, wobei sich der Prozeß der Einführung der Uniformierung in den verschiedenen Staaten von der Mitte des 17. bis in das 18. Jahrhundert hinziehen konnte. Voraussetzung für die einheitliche Bekleidung ganzer Armeen war zum einen das Entstehen der Zentralgewalt der Fürsten unter gleichzeitiger Sicherstellung der Finanzierung der Heeresbedürfnisse gegen den Widerstand der Stände, zum anderen das Aufkommen frühkapitalistischer Produktionsmethoden im Rahmen von Manufakturen. Das stehende Heer - also der miles perpetuus - war Ausdruck fürstlicher Regierungsgewalt. Bereits im 30jährigen Krieg begriff man zudem den ökonomischen Nutzen der Massenanfertigung militärischer Bekleidung und Waffen. Neben diesem wirtschaftlichen Aspekt hatte die Einführung einer einheitlichen militärischen Bekleidung auch rationelle Gründe. Durch den vermehrten Einsatz von Feuerwaffen wurde auf dem Schlachtfeld die massive Rauchentwicklung der Vorderlader zum Problem. Aus diesem Grunde mußten die verschiedenen Truppeneinheiten kenntlich farblich gemacht werden, Tarnung war der Gedankenwelt damaliger europäischer Militärs völlig fremd. Daneben wirkte die einheitliche Bekleidung soziologisch auch als gruppenbindenes Element, d. h., man war sich der psycholgischen Wirkung der Uniform auf Freund und Feind durchaus bewußt. Farbe war in diesem Sinne Trumpf1.   

Vorgeschichte der Uniformierung in Brandenburg-Preußen

Die Anfänge der Uniformierung der preußischen Armee gehen bis in die Zeit des Kurfürsten Georg Wilhelm zurück, so soll die Leibgarde des Kurfürsten (1000 Mann Fußvolk und 150 Reiter) im Jahre 1632 dunkelblau gekleidet gewesen sein. Erst seit 1670 trat der Uniform in Preußen im größeren Maßstabe auf. Im Jahre 1685 befahl der Große Kurfürst, daß „einem jedweden Regimente eine gewisse Couleur von Fähnleins und Kleidern“ gegeben werden sollte. Mit einigen Ausnahmen war die Infanterie zu diesem Zeitpunkt bereits dunkelblau uniformiert2. Dennoch waren die Infanterie-Regimenter unter dem Großen Kurfürsten oft sehr verschieden gekleidet, unter Friedrich I. ist hingegen eine deutliche Tendenz zu den Farben Blau und Rot festzustellen. Eine umfassende und auch das letzte Detail berücksichtigende Regelung erfuhr das Gebiet der militärischen Bekleidung aber erst in der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I., dessen frühen Einfluß auf die Angelegenheiten Heeres im Allgemeinen und auf die Uniformierung und Ausrüstung im Besonderen z. B. anläßlich des Entwurfs eines Infanterie-Reglements im Jahre 1707 deutlich wird3.      

Grenadier des Kurbrandenburgischen Regiments Anhalt zu Fuß. Nach einem Ölgemälde, ehemals im Zeughaus zu Berlin. Entnommen aus: Deiß, Das deutsche Soldatenbuch, Bd. I., 1926, S. 142. Hier erinnert die frühe Form der Grenadiermütze noch sehr an ihren Ursprung in der Zipfel- bzw. Lagermütze.

Quellen zur brandenburg-preussischen Uniformierunggeschichte vor 1740

Wollen wir die Bekleidung und Ausrüstung des preußischen Soldaten in dem hier behandelten Zeitabschnittbeschreiben, stellt sich in diesem Zusammenhang sofort die Frage nach den Quellen. Die ersten umfassenden bildlichen Übersichten altpreußischer Uniformen sind die Dessauer Spezifikation von 1729 und 1737 und stellen damit unverzichtbare Quellen zur Uniformierung der preußischen Armee für die Zeit vor 1740 dar. Die Dessauer Spezifikation von 1729 entstand als Geburtstagsgeschenk des Fürsten Leopold von Anhalt-Dessau für Friedrich Wilhelm I. Neben den stammesgeschichtlichen Texten, die Vorbild und Grundlage für alle weiteren Stammlisten der preußischen Armee im 18. und 19. Jahrhundert sein sollten, begründeten die Dessauer Spezifikationen auch die Tradition der schematischen Uniformdarstellungen, die im Gegensatz zur figürlichen Darstellung steht. Die Dessauer Spezifikation von 1729 zeigt neben den 31 Regimentern zu Fuß auch die Kürassiere (12 Regimenter) und Dragoner (5 Regimenter), wobei jede Formation mit der schematischen Darstellung der Montur des Gemeinen nebst des entsprechenden Feldzeichens vertreten ist.

Schwarz-Weiß Foto eines Blattes aus einer Kopie der DS 29 (hier: IR 31). Aus einer originalen frühen Fotoserie aus dem ehemaligen Archiv von Hans Bleckwenn/ Münster (dem Verfasser überlassen).

1737 folgte eine Neuauflage der Dessauer Spezifikation. Bleckwenn weist auf eine solche nachvollziehbare Notwendigkeit hin, da die Ökonomie-Reglements von 1733 und 1736 zu Uniformänderungen geführt hatten. Die Dessauer Spezifikation 1737 (DS 37) zeigte nunmehr neben der Fahne der jeweiligen Einheit den Rock und die Weste des Offiziers, des Unteroffiziers, des Tambours, des Grenadiers uzw. Musketiers und ergänzend die Grenadier- und Füsiliermütze., verfolgte also einen deutlich umfassenderen Ansatz. Die Datierung dieser Bilderserie auf das Jahr folgt aus den aufgezeigten geänderten bzw. noch nicht erfolgten Änderungen von Regimentsinhabern. Für das Infanterie-Regiment No. 24 fehlt das entsprechende Blatt. An Infanterie zeigt die DS 37 insgesamt 31 Einheiten (ohne No. 24), das Garnison-Regiment, die Artillerie, 12 Kürassier-Regimenter und 7 Dragoner-Regimenter.

Schwarz-Weiß Foto eines Blattes aus einer Kopie der DS 37 (hier: IR 1). Aus einer originalen frühen Fotoserie aus dem ehemaligen Archiv von Hans Bleckwenn/ Münster (dem Verfasser überlassen).
Frühe brandenburgische Uniformen im Wandel von links nach rechts: 1685 - 1704 - 1721. Originale Chromolithographie aus dem späten 19. Jhdt.

Die Grundzüge der Uniformierung des Infanteristen

In der Ausrüstung und Bewaffnung, in der Ausbildung und Organisation der Infanterie gab es bereits in dieser Periode keinerlei grundlegende Verschiedenheiten, wenn man einmal von den mit Handgranaten ausgerüsteten Grenadieren absieht. 

Grenadier der "Riesengarde". Nach einem Ölgemälde ehemals im Hohenzollern Museum zu Berlin (ehemals im Schloß Monbijou). Entnommen aus: Deiß, Das deutsche Soldatenbuch, Bd. I., 1926, S. 156. Wohl ein Gemälde von G. Merk (1714). Es gab hiervon eine ganze Reihe gleichartiger Gemälde. Die Abgebildeten wurden auch namentlich benannt.

Der Rock des Infanteristen

Die Grundfarbe des Infanterierockes ist traditionell blau, wobei der Rock bei den meisten Regimentern mit Rabatten - auch Klappen genannt - ausgestattet ist, No. 3, 5 und 21 haben Röcke ohne Rabatten. Der Kragen findet sich erst bei 3 Regimentern (No. 3, 6 und 30). Der Ärmelaufschlag ist in der Hauptsache der runde - geschlossene - , wobei er von der Hälfte der Regimenter zu Fuß in schlichter Form getragen wird, die restlichen Formationen haben entweder eine - rot vorgestoßene - Ärmelpatte oder verschiedenartigen und - farbigen Borten- und Schleifenbesatz. Kragen (falls vorhanden), Rabatten und Ärmelaufschläge sind zumeist rot, nur No. 1 zeigt weiße und No. 12 hellpaille Abzeichen. No. 21 hat dunkelblaue Ärmelaufschläge, No. 29 trägt einen Rock mit dunkelblauen Rabatten und ebensolchen Ärmelaufschlägen. Die Schoßumschläge sind durchgehend rot, zeigen also das regelmäßig dunklere Rot des Rockfutters. Gehalten werden die Schoßumschläge in der Regel durch einen Tuchfleck, wobei für einige Regimenter nur ein schlichter Knopf dargestellt ist. Da sich die Regimenter demnach in ihrer Unformierung stark ähneln, dient ein verschiedenartiger und - farbiger bzw. - gemusterter Schleifen- und Bortenbesatz zu ihrer Differenzierung. Viele Regimenter zeigen eine gleichartige Verteilung der Schleifen und Borten, so ist folgender Besatz bei einer Vielzahl von Formationen festzustellen: je 2 Schleifen bzw. Borten unter den Rabatten und je eine in der Taille. Desöfteren treten noch 2 Schleifen bzw. Borten auf den Ärmelaufschlägen hinzu. No. 22 und 29 haben eingefaßte Rabatten.

Hut und Rock eines preußischen Musketiers nach DS 29. Zeichnung des Verfassers.
Typen verschiedener Ärmelaufschläge nach der DS 29. Zeichnung des Verfassers.

Die Bestandteile der Uniformierung des Infanteristen neben dem Rock

Zur vollständigen Uniformierung des Infanteristen gehörten neben dem Rock eine Ärmelweste, Kamisol genannt, das Hemd, die Halsbinde, die Kniehosen, die Stiefelletten (nebst Knieriemen), die Strümpfe, die Schuhe und natürlich die Kopfbedeckung, also Hut, Grenadier- oder Füsiliermütze, zudem das Lederzeug nebst Patronentasche und die übrige Ausrüstung (Feldequipage) sowie Bewaffnung (Gewehr und Säbel).

Das tuchene Kamisol wurde unter dem Rock getragen und war bei den meisten Regimentern um 1715 zunächst rot, später überwiegend paille oder weiß, es sollte kurz, nicht zu weit, auch die Ärmel nicht länger als die Rückärmel seyn“ (Infanterie-Reglement von 1726, S. 624). In der „Designiation, wie des Fürsten von Anhalt Regiment zu Fuß von Anno 1725 an alle Jahr mundiren ... soll“ heisst es: „Alle 2 Jahr von 1727 an sollen neue Camisöhler Ermel sonder Futter gemachet werden. Des Sommers werden solche nicht unter die Mundirung angezogen, sondern die Bursche lassen sich solche nur des Winters annähen“.

Aus den alten Westen sollten sich die Soldaten Schlafmützen anfertigen, „und den Püschel vom alten Hut daran setzen lassen, auch soll der Umschlag von der Schlaaf Mütze roth sey. Die Schlaaf Mützen werden von denen Hintertheilen des Camisohls aus dem Schooße gemachet und das übrige vom Camisohl sonder Ermel wird zum Brusttuch gebrauchet“ (vgl. auch Infanterie-Reglement von 1726, S. 617).

Detailzeichnungen zur Uniformierung eines altpreußischen Musketiers um bzw. nach 1740. I. Teil. Zeichnungen des Verfassers. Überwiegend nach Menzel (Armeewerk).
Detailzeichnungen zur Uniformierung eines altpreußischen Musketiers um bzw. nach 1740. II. Teil. Zeichnungen des Verfassers. Überwiegend nach Menzel (Armeewerk).

In der Dessauer Spezifikation von 1729 wird neben dem Rock auch die Weste dargestellt, diese ist bei 12 Regimentern rot, bei 10 paille und bei den restlichen 9 weiß. In der bereits weiter oben genannten Designation von 1727 haben 13 Regimenter rote, 8 paille und 5 weiße Unterkleider (von 29 Regimentern, zu drei Einheiten fehlen die Angaben). Bei 3 Regimentern sind die Westenärmel über den Rock gestülpt. Auf den Röcken sind die Knöpfe stets gelb.

Das (Unter)hemd bestand aus grober Leinwand, über das ein feineres Oberhemd getragen wurde.

Ferner wurden rote Halsbinden getragen, der Kragen des Oberhemdes war darüber geschlagen, später wurde dies durch einen weißen Streifen aus Landwand ersetzt. Das Königs-Regiment(No. 6) hatte weiße Halsbinden.

Preussische Infanterie im Jahre 1715. Von links nach rechts: Musketier, Grenadier und Offizier aus dem Infanterie-Regiment No. 22. Nach einer farbigen Zeichnung von Knötel d. J. Aus der Uniformkunde, Neue Folge, Nr. II/14.

Die Kniehosen waren von dem Material und der Farbe des Kamisols, sie mußten „enge um die Beine und im Gesäß, auch kurz über das Knie gemachet werden“ (Infanterie-Reglement von 1726, S. 625, vgl. auch Reglement von 1714, S. 256).

Die Stiefeletten „müssen von egaler weisser Leinwand mit messigenen Knöpfen, nicht länger als biß an die Knie, und enge um den Fuß laut Probe gemachet werden“ (Reglement von 1726, S. 625). Die Stiefeletten waren unter Friedrich I. eingeführt worden und lösten die bisherigen bis über die Knie reichenden (zumeist roten oder weißen) Strümpfe ab. Bereits in dem Regelment von 1714 heißt es: „Hingegen so soll ein jeder Soldat alle Jahr ein Paar neue Stiebeletten haben und wann er seine Dienste thut, solche allezeit anhaben“ (vgl. auch Reglement von 1718, S. 442). Zunächst (bis etwa 1716) waren die Stiefeletten von grauer Farbe4. Während das Infanterie-Reglement von 1726 schwarze Stiefeletten noch ausdrücklich verbot, wurden unter Friedrich dem Großen (1744) schwarze Stiefeletten - zunächst für die Winterszeit, später allgemein - eingeführt.

Die Strümpfe reichten laut dem Infanterie-Reglement von 1726 (S. 619) nur noch „bis an die Knie“ und kosteten 8 Groschen.

Preußische Grenadiere aus der Zeit König Friedrich Wilhelms I.. Nach einer Zeichnung von Ricard Knötel. Entnommen aus: Deiß, Das deutsche Soldatenbuch, Bd. I., 1926, S. 168. Zu sehen sind Grenadiere vom Leib-Bataillon des Königs-Regiment (No. 6) um 1713. Die Zeichnung entstand nach einer zeitgenössischen Holzfigur im damaligen Berliner Zeughaus. Es werden auch noch Strümpfe getragen, die später durch die Gamaschen ersetzt werden sollten.

Der Hut und die Grenadier- und Füsiliermütze

Die Musketiere trugen den Dreispitz, der immer noch der frühere Rundhut war, allerdings mit aufgeschlagenen Seiten. Der Hut wurde im Laufe der Zeit (nach 1740) immer flacher. Er bestand aus schwarzem Filz. Für einen festen Sitz wurde er hinter dem Zopf festgebunden.

Die Krempen des Hutes hatten eine schmale Einfassung, diese war weiß. Bei No. 6 bestand sie aus goldener Tresse. Auch die Unteroffiziere trugen am Hut eine Goldtresse sowie schwarz-weiße Hutpuschel.

Ferner wurden Hutpuschel getragen. Diese waren farblich unterschiedlich und dienten als zusätzliches Regimentsabzeichen. Am 09.03.1731 befahl der König für das Infanterie-Regiment Nr. 10 (Inhaber: Prinz Dietrich v. Anhalt-Dessau, ab 27.05.1730): "Prinz Dietrich soll statt des rot und weisen Hutpüschels wie Königs Rgt.; rot, weiss und schwarz nehmen, wie noch kein Rgt. hat" (Kling, I., S. 21). Im Infanterie-Reglement 1726 (S. 618) heißt es grundsätzlich: "Es sollen allezeit neue Hüthe mit Püschels auf der Mundirungs-Cammer in Verwahrung seyn, damit, wenn ein Marche kömt, oder es sonst befohlen wird, die Regimenter neue Hüthe haben".

Dieselben Farben wie der Hutpuschel zeigte auch eine Hutschnur, welche mit zwei kleinen Quasten um den Hutkopf gelegt war.

Auf der linken Seite des Hutes war vorn ein Messingknopt befestigt.

In einer Disposition für das Infanterie-Regiment No. 14 aus dem Jahre 1733 (Dieterich, S. 243) heißt es: "Sobald die Bursche zusammen gekommen sind, muß die Compagnie Wacht gestellet werden, da denn die Ober- und Unteroffiziers Mann für Mann durchsehen solle, ob das Gewehr blank, ob das Schloß in Ordnung, ob alles Messing an Gewehr und Säbel, auch das Schäfft Holz in Ordnung ist, ob des Soldaten seyne Mundirung, Lederzeug und Haarbundt in Ordnung ist, ob die Taschen und Säbel recht hängen, auch die Hüthe recht aufgestutzet sind, und ein Huth so sitzen muß, wie der andere, auch fest angebunden, daß sie nicht runterfallen".

Die Grenadiere hatten bis zum Jahre 1725 auch noch den Hut, dannach nur noch die weiter unten besprochene Grenadiermütze. Allerdings trugen die Offiziere der Grenadiere weiter den Hut. Laut dem Infanterie-Reglement 1726 (S. 634) galt im Übrigen: "Die Grenadiers müssen niemahlen sonder Grenadiers-Mützen, und die Musquetiers niemahlen sonder ihrem Mundirungs-Hut, auch muss kein Kerl ohne Säbel auf der Strasse gehen".

Grenadier aus dem Infanterie-Regiment Nr. 2 um 1715. Zu sehen ist hier eine frühe Form oder eine Zwischenform zwischen Zipfelmütze und Grenadiermütze. Farbige Zeichnung von Herbert Knötel.

Besonderes Charakteristikum der Grenadiere war deren Grenadiermütze als besondere Kopfbedeckung. Diese Grenadiermütze hatte sich aus der Zipfelmütze (Lagermütze) entwickelt, welche an Stelle des Hutes getragen wurde. Letzterer war beim Überwerfen des Gewehres vor dem Handgranatenentwurf hinderlich. Eine ähnliche Entwicklung findet sich in anderen Heeren auch bei den Dragonern als berittener Infanterie.

Der Mützensack der Grenadiermütze war vor 1700 noch hängend und wurde dann mittels Fischbeinschienen aufgerichtet und stabilisiert. Die Spitze der Mütze zierte ein wollener Puschel. Dieser stimmte mit dem Hutpuschel des Musketierhutes überein. Die nun steife tuchende Vorderseite wurde zunächst durch Stickereien und später durch Metallbeschläge bzw. metallene Embleme geschmückt. Diese wuchsen im Laufe der Zeit zu einem Blechschild zusammen. Das zunächst noch durchbrochene Blechschild zeigte in dieser frühen Phase die Tuchunterlage und wurde dann aber zu einem vollmetallenen Vorderschild, z. B. für No. 6 schon um 1729 belegt. Das Vorderblech bestand aus Tombak. Die Grenadiermützen der Regimenter zeigten auf diesem Vorderschild unterschiedlichen Zierrat mit manigfaltigen Schmuckelementen, Motiven und Mustern, insbesondere den königlichen Namenszug, den gekrönten (preußischen) Adler, den Stern des Schwarzen-Adler-Ordens, den Löwen als Ausdruck kriegerischer Stärke, verschiedenartige Chiffren und die üblichen Kriegsarmaturen im opulenten barocken Dekor.

Die Grenadiere hatten bis zum Jahre 1725 auch noch den Hut, danach jedoch nur noch die Grenadiermütze. Allerdings trugen die Offiziere der Grenadiere weiter den Hut. Laut dem Infanterie-Reglement 1726 (S. 634) galt im Übrigen: "Die Grenadiers müssen niemahlen sonder Grenadiers-Mützen, und die Musquetiers niemahlen sonder ihrem Mundirungs-Hut, auch muss kein Kerl ohne Säbel auf der Strasse gehen".

Offizier und Grenadier aus dem sogenannten roten Grenadier-Garde-Bataillon. Um 1729 (Thümen). Dieses bildete gemeinsam mit dem II. und III. Bataillon das Leib-Regiment bzw. Königs-Regiment (No. 6).Die roten Grenadiere trugen eine besonders hohe Form der Grenadiermütze, hier noch mit einer tuchenen Vorderseite, welche den silbernen Gardestern mit der Devise Semper talis zeigte. Diese Einheit hatte schon recht früh ein Vollmetallschild, aber ab 1733 findet sich ein solches auch bei dem Infanterie-Regiment No. 15 und ab 1738 bei dem Infanterie-Regiment No. 3. Laut Jany (Band I., S. 769) wurden solche für die restlichen Regimenter erst um bzw. ab 1743 eingeführt.

Im Infanterie-Reglement aus dem 1726 (S. 619 ff.) hieß es zur Beschaffung und Trageweise der Grenadiermütze: "Alle Jahr sollen neue Grenadiers-Mützen sonder Blech und alle 3. Jahr neue Grenadiers-Mützen mit Blech gemachet werden". Und weiter: "Die Grenadiers-Mützen müssen ganz enge auf dem Kopfe, und nicht zu tieff sitzen" (so auch in den Ökonomie-Rgelements für No. 3 und No.14 aus dem Jahre 1725 (Dieterich, S. 183) geregelt.

Vorderblech einer Grenadiermütze aus dem Infanterie-Regiment Nr. 2 um 1740 (ehemals Sammlung Bleckwenn/ Münster). Foto entnommen aus: Hans-Joachim Schoeps, Preussen. Bilder und Zeugnisse, Berlin 1967, S. 39. Hier handelt es sich schon um ein Vollblech in seinem letzten Entwicklungsstadium.

Im Jahre 1723 wurden die sogenannten Füsilier-Regimenter errichtet, welche sich aus kleinerem Personal zusammensetzte. Diese erhielten Kopfbedeckungen, die den Grenadiermützen ähnelten. Angeblich sollen sie im Zeithainer Lager (1728) gesehenen sächsischen Modellen nachgeahmt worden sein, was Bleckwenn aber zurückweist. Die vier Füsilier-Regimenter werden mit dieser Kopfbedeckung auch schon in der DS 29 dargestellt. Ihr separates Kopfteil bestand aus schwarzem Wachstuch und hatte gelbe Beschläge. Das Vorderschild stand frei bzw. für sich. Auf dem erwähnten Kopfteil befand sich eine messingene Granate. Die Ähnlichkeit mit der Grenadiermütze war wohl bewusst gewollt, um den Eindruck elitärer Einheiten zu vermiiteln und die geringere Körpergröße der Soldaten zu kaschieren. Allerdings waren die Füsiliermützen nicht so hoch wie die Grenadiermützen.

Das Lederzeug und die Patrontasche

Das Lederzeug bestand aus dem Gehenk, an dem das Seitengewehr befestigt war. Ferner wurde die Patronentasche an einem breiten Riemen getragen, der über der linken Schulter hing. Das Infanterie-Reglement 1726 (S. 633/ 635) bestimmte hierzu: "Und das Leder-Zeug muß weiß und nicht gelb angestrichen, auch rein ausgebürstet werden, werden, daß es die Mundirung nicht anfärbet". Außerdem galt: "Alles was Meßing und Eisen ist, muß allezeit Spiegel-Blanck geputzet seyn". Die Infanterie trug in der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. keine Degen mehr, sondern kurze Säbel. Griff, Bügel und Stichblatt des Säbels waren aus Messing. Die Klinge war leicht gekrümmt. Die Scheide bestand aus Holz und war mit schwarzem Leder bezogen. Die späten Füsilier-Regimenter bekamen Pallasche, also Blankwaffen mit gerader Klinge. Auch das Infanterie-Regiment No. 3 führte ein eigenes Modell.

Die Patronentasche war aus schwarzem lackierten Leder. Deren Deckel zierte ein Messingblech. Bei den Infanterie-Regimentern No. 6 und 24 war dieser Zierrat aus Tombak. In den Ecken der Patronentaschen der Grenadiere und Füsiliere befanden sich entflammte Granaten aus Messing. Seit 1718 enthielt die Patronentasche jeweils 30 Patronen. Diese steckten in ledernen Behältnissen bzw. Hülsen. Neben großen Taschen für Handgranaten führten die Grenadiere ihre Patronen in einer zusätzlichen kleineren Tasche, die vorn getragen wurden. Diese wurden mit königlichem Befehl vom 25.05.1733 abgeschafft. Zukünftig wurden bei den Grenadieren die Patronen und die Handgranaten gemeinsam in der große Tasche untergebracht.

Feldequipage

Die sonstige Feldequipage = Feldausrüstung des Infanteristen bestand aus einem Ränzel bzw. Tornister und einem Brotsack. Der Tornister bestand aus Kalbfell und wurde mit zwei Riemen zugeschnallt. Der Brotsack bestand aus grauen Leinen. Beide Ausrüstungsteile wurden über der rechten Schulter getragen. Am Riemen des Tornisters waren zusätzlich Zeltpflöcke aus Holz befestigt. Zusätzliche Ausrüstungsgegenstände, z. B. ein Feldkessel je Zeltgemeinschaft sowie ein Zeltbeil und ein Behältnis für Wasser, mussten von den Soldaten transportiert werden.

Die Haar- und Bartracht

Auch die Haar- und Bartracht gehörte zum äußeren Erscheinungsbild des Soldaten und war deshalb Gegenstand der königlichen Einflussnahme bzw. einzelner Regimentsinhaber. Kennzeichnend für die hier besprochene zeitliche Periode war der Zopf, d. h., das Haar wurde nach hinten gekämmt und dort geflochten. Ist ist nicht sicher, ob der Zopf im altpreußischenStaat entstanden ist, jedoch wird er (auch) hier zu einem bestimmenden Merkmal der Haartracht. Ein kgl. Befehl vom 24.03.1732 an No. 31 z. B. verlangt "geflochtene Haarschwänze". So auch in entsprechenden Befehlen vom 08.04.1732 an No. 9, vom 26.02.1735 an No. 24 und vom 07.06.1738 an No. 29.

In einer Vorgabe aus dem Jahre 1725 heißt es: "... und die Haare, welche an dem Ohre herunterhangen, werden den Ohren gleich abgeschnitten". Seitlich kommen ab 1726 (1730?) künstliche Seitenlocken auf, deren reglementierte Verschiedenheit sich im Laufe der Zeit sogar zu regelrechten Unterscheidungsmerkmalen der einzelnen Regimenter entwickelte.

Im Übrigen wurde das Haar zu besonderen Anlässen, z. B. Paraden, weiß gepudert.

Im Jahre 1714 heißt es in den Berliner geschriebenen Zeitungen: "Der König will vor Weynachten nicht hereinkommen, dessen man die Ursache zu sehn vorgiebt, daß eine neue facon von Bärten unter den Militairpersonen soll eingeführet werden, und nach des Königs seinen soll das Modell genommen werden" (Grübel/ Ortgies, S. 221). In der Folge trugen vor allem die Grenadiere und Füsiliere Bärte. Diese kommen im Übrigen nur bei einzelnen Regimentern allgemein vor dann in der Regel mit nach oben gedrehten Bartspitzen. In einem Befehl vom 12.04.1737 heißt es allerdings allgemein: "Alle Kerls, welche Haare ums Maul haben, sollen sich die Bärte wachsen lassen".

Die Uniform der Spielleute

Traditionell waren die Spielleute in allen Armeen durch besondere Schmuckelemente an der Uniform gekennzeichnet. Häufig wurden gewechselte Farben und/ oder auffallende Abzeichen getragen. Im altpreußischen Heer waren dies bei den Tambours (und Trompetern) besondere Borten aus Wolle oder Sammet. Bei den Tambours handelte es sich im Übrigen zumeist um sehr junge Soldaten. Die weiter unten beschriebenen Borten folgten häufig den Wappenfarben des Chefs bzw. Regimentsinhabern. Ab 1740 wird man keine Rücksicht mehr auf die diese Wappenfarben mehr nehmen. Allerdings wurden die altenBortenmuster noch unter Friedrich Wilhelm II getragen.

Im Infanterie-Reglement von 1714 (S. 255) hieß es grundsätzlich zur Uniformierung der Spielleute: "Hierbey zu notiren: daß denen Obristen zwar frey stehet, die Hautbois, Tambours und Pfeifer so zu mundiren, als wie sie ihre Livrée geben, woferne die Mundirung nur nicht höher zu stehen kömmt, als was die in gegenwärtigenr Rechnung specificirte Hautbois, Tambours und Pfeifer-Mundirung mit Legonischen Tressen kostet. Sollte aber dennoch einer oder der andere bessere Mundirung geben wollen, so muß derselbe Oberst, was solche Mundirung mehr kostet, selber aus seinn Beutel bezahlten". Einen ähnlichen Ansatz verfolgt das Infanterie-Reglement von 1718 (S. 438). Das Infanterie-Reglement von 1726 (S. 620) beinhaltet zu dieser Thematik schon engere Vorgaben: "Die Hautbois, Pfeiffer- und Tambour-Mundirung soll laut Probe mit einer Livrée-Schnur eingefasset, mit 8 Schleifen gemachet, und die Schulter-Klappen ganz voll mit Schnüren besetzet werden, die Tambour und Pfeiffer-Riemen aber sollen alle Jahr mit einer Livrée-Schnur laut Probe eingefasset, und die Riemen alle 7 Jahr mit dem Leder-Zeuge gegeben werden". Kling (Bd. I, S. 148) weist aber darauf hin, dass der angesprochene Besatz mit 8 Schleifen in der Praxis tatsächlich gar nicht vorkommt. Mit den erwähnten "Schulter-Klappen" sind im Übrigen die für Spielleute typischen Schwalbennester gemeint.

Der Bortenbesatz der Tambour-Uniformen stellt sich nach der Dessauer-Spezifikation 1737 den Angaben von Bleckwenn folgend wie folgt dar:

 

Regiment

Borte/ Beschreibung

Infanterie-Regiment No. 1 Glasenapp

Weiße Borten mit rotem Muster.

Infanterie-Regiment No. 2 Roeder

Weiß gerandete dunkel-rote Borten mit schwarzen Einschlüssen ebenfalls gerandet.

Infanterie-Regiment No. 3 Anhalt

Weiße Borten mit weißen Schleifen mit Puschel

Infanterie-Regiment No. 4 Glaubitz

Rote Borten mit weißen Kanten und einer hellblauen gewellten Mittellinie.

Infanterie-Regiment No. 5 Goltze

Dunkel-rote Borten mit weißen Rändern, welche gelbe Rhomben mit schwarzen Zentralfleck zeigen.

Infanterie-Regiment No. 6 Königs-Regiment

Goldene Borten mit einem dunkel-roten Mittelstreifen mit hinten runden Schleifen.

Infanterie-Regiment No. 7 Bredow

Hell-rote – weiß gerandete - Borten mit weißen eckigen Tupfen, welche eine feine weiße Mittellinie verbindet. In den Tupfen befindet sich jeweils ein ocker-gelber Fleck.

Infanterie-Regiment No. 8 Anhalt-Zerbst

Weiße Borten mit wechselnden Gruppen von grünen und roten kurzen Längsstrichen (jeweils 3).

Infanterie-Regiment No. 9 Lepe

Borten mit rotem Streifen mit schwarzen Zacken, danach weißer Streifen, schwarzer Strich, roter Streifen, weißer Streifen. Zacken nach außen.

Infanterie-Regiment No. 10 Prinz Diterich

Weiße Borten mit 3 Reihen roter Punkte.

Infanterie-Regiment No. 11 Printz Hollstein

Weiße Borten mit dunkel-blauen Mittelstreifen.

Infanterie-Regiment No. 12 Printz Heinrich

Weiße Borten mit zwei rot-orangenen Streifen, die schwarz vorgezeichnet sind.

Infanterie-Regiment No. 13 Dönhoff

Weiße Borten mit rotem Muster.

Infanterie-Regiment No. 14 Jung-Klleist

Weiße Borten mit rotem Muster.

Infanterie-Regiment No. 15 Cron-Printz

Weiße Borten mit einem breiten rot – gerandeten orangenen Mittelstreifen.

Infanterie-Regiment No. 16 Flanss

Weiße Borten mit einem schwarzen und zwei roten Streifen.

Infanterie-Regiment No. 17 Grumckow

Weiße Borten mit sich abwechselnden dunkel-grünen und ocker-paillen Quadraten.

Infanterie-Regiment No. 18 Kröcher

Weiße Borten mit zwei Längsstreifen mit wechselnden Farben (rot und blau). Dazwischen ein treppenförmiger Mittelstreifen.

Infanterie-Regiment No. 19 Printz Carl

Rote Borten mit paille Raendern. Auf dem Rot befinden sich weiße Johanniter Kreuze mit einem roten zentralen Fleck.

Infanterie-Regiment No. 20 Graevenitz

Weiße Borten mit zwei Längsstreifen. In diesen wechseln sich Rot und Blau. Zwischen den blauen Abschnitten befindet sich jeweils ein roter Mittelstreifen.

Infanterie-Regiment No. 21 Marwitz

Weiße Borten mit jeweils zwei paille Streifen. Dazwischen zwei blaue – ecksteinig verschlungene – Streifen.

Infanterie-Regiment No. 22 Alt_Borck

Tief-gelbe Borten, darin zwei schwarze Streifen, dazwischen wechselnde tief-gelbe und rote Quadrate.

Infanterie-Regiment No. 23  Sydow

Nicht ausgeführt

Infanterie-Regiment No. 24 Schwerin

Blatt fehlt bzw. hier befindet sich laut Bleckwenn wohl der Tambour von No. 23, jedoch wohl mit farblich fehlerhafter Borte

Infanterie-Regiment No. 25 Kalckstein

Weiße Borten mit rotem Muster. Dort mittig abwechselnd rote Tupfen und schwarze Karos.

Infanterie-Regiment No. 26 Alt-Kleist

Weiße Borten mit rotem Muster.

Infanterie-Regiment No. 27 Printz Leopold

Weiße Borten.

Infanterie-Regiment No. 28 Dohna

Weiße Borten mit hell-blauem, gelb gerandeten Mittelstreifen. Auf diesen eine dritte gewellte Linie.

Infanterie-Regiment No. 29 Jung-Borck

Gestreifte Borten, und zwar weiß-rot-hellblau-weiß-hellblau-rot-weiß.

Infanterie-Regiment No. 30 Jeetz

Weiße Borten mit gelben Zackenkanten und einem blauen Mittelstreifen.

Infanterie-Regiment No. 31 Dossow

Rote Borten mit weißen Rändern und zwei sich wellen-förmig überschneidenden weißen Mittellinien.

Infanterie-Regiment No. 32 Roesler

Roten Borten mit weißen Rändern. Diese zeigen eine Reihe abwechselnd ocker-gelber und grüner ovoider Farbtupfen, weiß umrandet und jeweils eine weiße Mittellinie verbunden.

Die Uniform der Unteroffiziere

Auch die Unteroffiziere als eigene Chargengruppe waren durch besondere Uniformabzeichen und Bewaffnung ausgezeichnet. Am Hut wurde eine Goldtresse getragen. Der Hutbüschel war seit 1718 schwarz-weiß, ebenso die Hutschnur. Diesem Muster folgte auch der Büschel an der Grenadiermütze der entsprechenden Unteroffiziere. Auch die Säbeltroddel war schwarz-weiß. Ferner hatte der Rock einen Besatz aus goldenen Tressen und nicht aus Wolle bei den Gemeinen. Bei dem Infanterie-Regiment No. 15 war dieser Besatz silbern. Teilweise waren auch die Rabatten bzw. Ärmelaufschläge entsprechend eingefasst. Außerdem hatte der Rock keine rückseitige Achselklappe ("Dragoner"), denn der Unteroffizier führte kein Gewehr als Bewaffnung, und natürlich auch keine Patrontasche. Vielmehr führten die Unteroffiziere - neben dem Säbel - ein sogenanntes Kurzgewehr. Dies war eine Stangenwaffe mit einer Länge von 7 1/2 Fuß und einer braun angestrichenen Stange. Die Klinge zeigte den königlichen Namenszug und die Bezeichnung der jeweiligen Einheit. Auch die Unteroffiziere der Grenadiere gaben ab 1718 ihre Gewehre ab und bekamen ein eigenes Modell des Kurzgewehres. Zur Ausstattung der Unteroffiziere gehörte auch ein Stock, der das Züchtigungsrecht desselben symbolisierte. Im Übrigen trug der Gefreitenkorporal die Fahne. Der entsprechende Fahnenüberzug hing bei aufgenommender Fahne über der linken Schulter oder wurde einfach um den Leib gewickelt. Die Unteroffiziere beim Königs-Regiment No. 6) hatten wie die Offiziere weiße Halsbinden.

Porträt von Christoph Heinrich von der Golz (25.11.1663 - 08.04.1739; GL, Chef von No. 5. Entnommen aus: Priesdorff, Führertum Band 1, S. 130.

Die Uniform der Offiziere

Die Offiziere trugen die jeweilige Regimentsuniform ohne differenzierende Dienstgradabzeichen, insoweit unterschieden sich die Offiziere äußerlich vom Generalfeldmarschall bis zum Fähnrich grundsätzlich nicht. Die einheitliche Uniform der Offiziere symbolisierte ein bestimmtes Gruppenbewußtsein, die Offiziere entwickelten sich insbesondere in der hier behandelten Epoche zu einer in sich geschlossenen Berufsgruppe. Erst im Jahre 1742 führte Friedrich der Große eine längs der Hutkrempen liegende Straußenfeder (Plumage) als besonderes Merkmal für die Generale ein, eine besondere allgemeine Generalsuniform wurde später (1803) eingeführt, schon 1790 hatten die Generale der Kavallerie (außer Husaren) eine eigene Felduniform erhalten. Für die einzelnen Chargen der Generale wurden sogar erst mit KO vom 27.02.1830 Unterscheidungsmerkmale geschaffen. Bis dahin trugen die Generale, welche in der Regel Inhaber eines Regiments waren, dessen Uniform, zumeist waren sie jedoch kenntlich an der weiter oben erwähnten Plumage und an dem Stern und gfls. dem orangefarbenen Band des Schwarzen-Adler-Ordens. Taten die Generale Dienste als Obrist trugen sie Stiefeletten, sonst Stiefel (Dispositionen für die Berliner Revuen von 1736 bis 1739).

„Die in früherer Zeit nach Rang und Vermögen des Einzelnen mehr oder weniger reich gestickten Röcke waren seit 1718 außer beim Königs-Regiment (No. 6) ganz schlicht, nur die damals meist roten Westen hatten eine Einfassung von einfachen oder doppelten, breiten oder schmalen, verschiedenartig aufgesetzten und gemusterten Goldtressen, silberne Tressen waren seit 1725 untersagt. Neben dem verschiedenen Sitze und Muster der Tressen unterschieden namentlich Zahl und Verteilung der zahlreichen kleinen, hochgewölbten, vergoldeten und manigfach gemusterten Knöpfe der Regimenter. Einige hatten auf der Weste statt der Einfassung tressenbesetzte oder gestickte Knopflöcher. In den 1730er Jahren kamen bei den meisten Regimentern wieder goldene, anfangs sehr einfache Stickereien auf dem Rock in Gebrauch, gewöhnlich kleine Schleifen in ähnlicher Verteilung wie bei den Gemeinen, oder auch gestickte Kanten um die Aufschläge, Klappen, Taschenpatten usw. Nur wenige Truppenteile behielten die Tressen auf den Westen bei, einige Regimenter bis kurz vor dem Siebenjährigen Kriege ..."5. Bleckwenn beschreibt auf der Grundlage (insbesondere durch Priesdorff) überlieferter Offizierporträts die verschiedenen Phasen der Entwicklung der Offizier-Uniform wie folgt: „Mit der I. Periode altpreußischer Uniformierung ab 1713 treten wir durchaus noch in die organische Fortentwicklung älterer Zustände ein; der typische Stil des Soldatenkönigs, des „Friedrich-Wilhelms-Offiziers“, bildet sich erst in den folgenden Jahren allmählich aus, zugleich unter zunehmender Distanzierung der Uniform von der zivilen Tracht. So ist diese erste Periode uniformtechnisch noch gekennzeichnet durch den weiten Rock mit zunächst östereichischen Aufschlägen, darauf 2 bis 3 in Armrichtung gesetzte Stickereienschleifen. Als Besatz der Brustpartien dominieren (meist fein auseinandergezogene) Kantenstickereien mit schleifenähnlichen Ausbuchtungen, besonders drei einzelstehenden im oberen Brustbereich, nur selten entsprechende Schleifenstickerei allein6.... In der ganzen Gruppe ... wird noch Allongeperücke getragen, die Halsbinde ist aber schon geschlossen; die Weste selten sichtbar, dann aber auch entsprechend gestickt. Diese erste Uniformierungsperiode schließt theoretisch mit den Vorschriften des Infanterie-Reglements von 1718, das z. B. statt der feinen Stickereien massiven Westenbesatz vorschreibt. Praktisch scheint sich die Abänderung jedoch noch einige Jahre hinzuziehen, so daß wir etwa 1720 noch gelegentlich Uniformen der I. Periode dargestellt finden. Merkmale der II. Periode sind also entsprechend dem Reglement 1718 das Verschwinden der alten Besätze zugunsten eines Besatzes nur der Weste, der meist aus Tresse besteht, gelegentlich außerdem aus Tressenschleifen, nur selten aus den letzteren allein. Am Rock setzt sich der preußische Aufschlag (rund, zu) durch, gelegentlich sehen wir auch noch längere Zeit den tressenbesetzten Westenaufschlag auf den Rockärmel übergeschlagen. Die Allongeperücke weicht ganz allgemein dem Zopf mit Seitenlocken, nur alte Herren tragen sie pietätvoll in mehr oder weniger reduzierter Form weiter, einzelne Originale sogar noch sehr spät frei wallendes Haar, z. B. der alte Dessauer und der bei Lowositz gefallene General v. Lüderitz. Die III. Periode bringt die Rückkehr des Besatzes auf den Rock und zwar grundsätzlich in Form in sich geschlossener Schleifen, nur selten als relativ dichtgeführten Kantenbesatz. Die Unterkleider, die Frisuren variieren die erwähnten Grundelemente zu komplizierten regimentseigenen Formen„7. Der Übergang zwischen der I. und der II. Periode verläuft abrupt, ein drastischer Stilbruch dokumentiert auch äußerlich die Abwendung von der bisher von Frankreich beeinflussten üppigen Mode. Eine Interimsuniform gab es unter Friedrich Wilhelm I. nicht.

Das Infanterie-Reglement von 1726 (S. 621/ 622) bestimmte, das Tuche für die Offiziersuniform aus dem Königlichen Lagerhaus genommen werden mussten. Der Preis war mit 12 Groschen pro Elle festgesetzt. Laut Dieterich (S. 185) betrugen die Bekleidungskosten für einen Offizier (im Infanterie-Regiment No. 14) Im Jahre 1725 etwas über 41 Taler. Vorher war die Unform deutlich teurer gewesen (1713: 67 Reichsthaler, 17 Groschen). Alle 5 Jahre brauchte der Offizier aber weitere Bekleidungs- bzw. Ausrüstungsstücke, nämlich: eine Schärpe (30 Reichstaler), einen Degen (13 Reichstaler), ein Sponton mit brauner Stange (5 ReichstalerUn und alle 8 Jahre einen neuen Ringkragen (8 Reichstaler). Die Kosten der Bekleidung wurde durch monatliche Abzüge von der Besoldung finanziert, und zwar 4 Reichstaler, 17 Groschen, 7 Pfennige). Die pauschalen Abgaben gingen an die Kleiderkasse. Dafür erhielt der Offizier dann in jedem Jahr am 01.05. eine vollständige Uniform einschließlich Handschuhe und Portepee.

Die Offiziere trugen ausschließlich weiße Halstücher und später weiße Halsbinden.

Bärte waren bei Offizieren grundsätzlich nicht üblich.

In Friedenszeiten wurden weiße Stiefeletten getragen. Bei schlechtem Wetter durften Stabsoffiziere auch Stiefel tragen.

Porträt von Rudolf Christoph von Schliewitz (1670 - 15.01.1732, GM, Chef von No. 23. Entnommen aus: Priesdorff, Führertum Band 1, S. 168.

Laut dem Reglement von 1726 (S. 614, vgl. auch Reglement von 1718, S. 436) sollten „die Officiers ... egales Stiefeletten mit Messingenen Knöpfen und weissen Leinwandschen Knie-Riemen (Anmerkung: ehemals schwarz), auch gelblederne Handschuh sich anschaffen, und allezeit im Dienst, auch wenn sie auf der Strasse gehen, mit weissen Stiefeletten und geld Ledernen Handschuhen daher gehen“. Die Stiefeletten sollten jährlich erneuert werden. Stiefel trugen nur die berittenen Majore und Adjutanten, bei schlechtem Wetter war das Tragen von Stiefeln allen Stabsoffizieren gestattet (Infanterie-Reglement von 1726, S. 614). Am Degen wurde das silberne, schwarz durchwirkte Portepee getragen. Portepee heißt wörtlich Degengehenk und kommt schon im 16. Jahrhundert im französischen Sprachgebrauch vor. Ursprünglich hatte es die Funktion, die Blankwaffe festzuhalten, falls dem Fechtenden diese aus der Hand geschlagen wurde. Das Portepee hatte lose Fransen. Das schwarz-weiße Portepee (auch Feldzeichen) wird bereits in der Zeit Friedrichs I. erwähnt. Laut dem Reglement von 1718 (S. 436) sollten „die Officiers ... allezeit gute Feld-Zeichens an die Degens haben, auch wann sie den Degen an der Seite haben, sie mögen seyn wo sie wollen, das Feld-Zeichen daran tragen, dahero die Officiers wenigstens alle Jahre einen neuen Degen-Quast sich anschaffen müssen“ (vgl. auch Infanterie-Reglement von 1726, S. 613). 

Unter Friedrich Wilhelm I. wurden erstmals einheitliche Muster für Offiziersdegen eingeführt, das Degengefäß war vergoldet. Am 13.04.1723 hatte der König befohlen, dass die Regimenter die Degen- und Säbelklingen, die Kurzgewehre, die Spontons usw. aus der Gewehrfabrik in Potsdam zu beziehen hatten (vgl. auch Reglement von 1726, S. 612). Die Offiziersdegen wurden laut Jany gemäß Ordre vom 19.06.1724 durch den Schwertfeger Johann Melchior Schwanefelder in Potsdam hergestellt8. Der Degen wurde im Übrigen unter die Weste geschnallt, die Scheide war von brauner Farbe. Portepee-Fähnriche trugen das Portepee erst ab 1763, Feldwebel und Wachtmeister ab 1789.

Regimentsquartiermeister und Auditeure durften, soweit sie nicht wirkliche Offiziere waren, das Portepee nicht anlegen (Reglement von 1726, S. 613). Da Schärpe und Ringkragen nur im Dienst getragen wurden, konnte man den Offizier generell am Portepee erkennen. Es war damit das universale Standeabzeichen der Offiziere. Die Schärpe bestand aus Silberschnur und war mit schwarzen Streifen durchwirkt. Sie wurde nicht um die Weste, sondern um den Rock gebunden. Die Quasten der Schärpe hingen hinter dem Degen. Bereits die Offiziere unter dem Großen Kurfürsten trugen Schärpen9, in den Musterungsberichten der Zeit von 1700 - 1709 werden schwarz-weiße oder silberne Schärpen erwähnt. Laut dem Infanterie-Reglement von 1718 (S. 437) sollten „die Officers ... alle 8 Jahr neue Escharpes, neue Ringkragen und eue Spontons, hingegen alle 5 Jahr neue Degens haben“. Gemäß dem Infanterie-Reglement von 1726 (S. 612) waren die Schärpen alle 5 Jahre zu ersetzen und „um den Leib“ zu tragen. Das eigentliche Abzeichen des Offziers war - neben dem Portepee und der Schärpe - der Ringkragen.

Verschiedene Modelle altpreußischer Degen für Offiziere vor und nach 1740. Zeichnungen des Verfassers.Die Degen wurden einheitlich in Potsdam gefertigt. Er wurde unter der Weste geschnallt und schräg getragen. Am vergoldeten Gefäß wurde das Feldzeichen (Degenquast) geführt.

Neben den bereits erwähnten Degen führten die Offiziere beim Exerzieren und Wachtdienst das sogenannte Esponton. Während sich das Kurzgewehr des Unteroffiziers aus der Helmbarte entwickelte hatte, war das Sponton eine kleinere Abart der Partisane. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurde mit dieser Stangenwaffe wirklich noch gekämpft, im Laufe der Zeit entwickelte sich das Sponton aber zu einer ausschließlichen Paradewaffe. Partisanen wurden häufig von Trabanten und anderen Hofwachen getragen10. Das Sponton war ca. 2 m lang, die Klinge trug den Namenszug des Königs und den Namen des Regiments. Die Stange des Spontons sollte braun gestrichen sein.

Der Ringkragen war der Rest der ritterlichen Rüstung. Es handelte sich um um ein um den Hals getragenes Metallschild. Faßmann beschreibt es wie folgt: „Ring- oder Schild-Kragen sind vor alle Ober-Officiers bey der ganzen Könglichen Preußischen Infanterie eingeführet. Solche werden von Metall, oder auch wohl von Silber gemachet. In der Mitte eines solchen Ring-Kragens siehet man den Preußischen schwarzen Adler im weissen Felde, und der Rest des Ring-Kragens, um das weisse Feld herum, ist verguldet. Oben fället ein solcher Ring-Kragen ein wenig breit, ohngefehr von einer Spanne, und endiget sich unten in eine Spitze. Gleich unter dem Hals wird angemachet, und ruhet mitten auf der Brust. Seine ganze Länge ist ohngefehr die von der Hand, und er wird unter die Königl. Preußischen Feld-Zeichen gerechnet“11. Der Ringkragen war das allgemeine Abzeichen der Infanterie-Offiziere, wurde aber auch von der Artillerie und den Cadets getragen12. Bei überlieferten Offizier-Porträts ist er verhältnismäßig selten dargestellt. Die auf der Grundplatte aufliegende Mitteltrophäe ist regelmäßig vergoldet und zeigt in barocker Ausführung Krone, Fahnen, Kanonenrohre, Waffen usw. Auf dem emallierten farbigen Mittelschild (zumeist weiß) findet sich häufig der preußische Adler in teilweise unterschiedlicher Ausführung, u. a. in Form der Fahnenadlers, der unter der Devise Non soli cedit gegen die Sonne aufsteigt. Während Schärpe, Degen, Esponton alle fünf Jahre zu ersetzen waren, durfte der Ringkragen 8 Jahre getragen werden. Er kostete 8 Rthlr. Offiziere trugen zudem reglementmäßig gelbe Lederhandschuhe und (bis 1808) im Dienst den Stock als Symbol ihrer Strafgewalt.

Der Rohrstock war häufig verziert und mit einem Metallknopf verziert. Neben dem Uniformrock konnten sich die Offiziere auch einen Überrock machen, der im Grunde die Funktion eines Mantels hatte. Hierzu das Regelment von 1726: „Wenn ein Officier einen Über-Rock sich machen läßt, muß der Über-Rock von blauer Farbe gemachet werde“ (S. 614).

Offizier aus dem Regiment Kronprinz (No. 6) mit Sponton. Um 1710. Entnommen aus: Martin Lezius, Das Ehrenkleid des Soldaten, 1936, S. 193 (Thümen). Gut zu sehen ist auch Ringkragen. Dieser wurde eine Handbreit unter dem Hals und über dem Rock getragen. Er war grundsätzlich aus Silber und hatte in der Mitte einen Zierrat bzw. ein Emblem aus Emaille umgeben von vergoldeten Kriegsarmaturen.

Kosten der Infanterie-Uniform nach Ciriacy`s chronologischer Übersicht .... Entnommen aus: Mach, Geschichte des 2. Infanterie-Regiments, 451 ff.

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