Das Infanterie- und Kavallerie-Regiment, -Bataillon bzw. die Infanterie-Kompanie bzw. die Kavallerie-Eskadron.

Ein Beitrag zur Formierungs­- und Organisationsgeschichte des altpreußischen Heeres.

Als in der Mittagsstunde des 25.02.1713 König Friedrich I. in Berlin verstarb, hinterließ er seinem Nachfolger ein bankrottes Staatswesen, lediglich die kampferprobte Armee konnte als ein stabiles Element bewertet werden. Ein großes Heer ständig zu unterhalten wurde nun zum letzten Ziel des jungen Königrei­ches, als Voraussetzungen hierfür bedurfte es einer leistungs­fähigen Wirtschaft und intakter Finanzen. Mit einem unermüd­lichen Einsatz arbeitete König Friedrich Wilhelm I. an diesem Ziel, da für den geographisch zerrissenen preußischen Staat nur eine mit eigenen Mittel finanzierte Armee der Garant für Macht­erhalt und relative außenpolitische Unabhängigkeit war. Ein wesentlicher organisatorischer Baustein dieser Armee war das Regiment. Das Regiment (abgeleitet von lat. regimentum = Herrschaft) meinte mit seinem Aufkommen im Zeitalter der Söldnerheere nicht nur eine organisatorische Zusammenfassung einer bestimmten Anzahl von Fähnlein, sondern der Begriff umfaßte stets mehr als einfach einen größeren Truppenverband. Vielmehr stellte das Regiment bereits in der Zeit der Landsknechte eine eigenständige rechtliche Gemeinschaft dar, deren Justiz, Verwaltung und Organisation für die Zeit eines laufenden Vertrages = Werbepatent bzw. Kapitulation dem sogenannten Feldobristen oblag1. Damit umschrieb das Regiment auch die Fülle der Machtbefugnisse des Regimentsinhabers. Reste hier­von haben die Zeit überdauert und sich bis in die stehenden Heere in der Zeit absolutistischer Selbstregierung erhalten. Die etatsmäßige Entwicklung und inneren Strukturen des Regimen­ts als grundlegenden militärischen Einheit in der altpreussi­schen Armee sollen - mit Blick auf die Verhältnisse bei der Infanterie und Kavallerie - an dieser Stelle zusammenfassend vorgestellt werden. Doch zunächst zur zahlenmäßigen Relation zwischen Infanterie und Kavallerie im Wandel der Zeit.

Uniformen des Infanterie-Regiments Graf v. Kunheim (No. 1). Originale Lithographie entnommen aus Oelsnitz, A. C. von der, Geschichte des Königlich Preußischen Ersten Infanterie-Regiments seit seiner Stiftung im Jahre 1619 bis zur Gegenwart. Berlin 1855.

Nach einer „Specification" vom 24.07.1713 umfasste die alt­preussische Armee 255 Kompanien Infanterie mit 32895 Mann und 60 Kompanien Kavallerie und 45 Kompanien Dragoner mit 8748 Mann (jeweils einschließlich der Unteroffiziere und ausschließlich der Spielleute), d. h. die Infanterie und Kavalle­rie verhielten sich zueinander wie 4 : 1. Dazu kamen noch die Garnisontruppen, die Artillerie sowie die Kadettenanstalten. Im Rahmen der systematischen Verstärkung der Armee wuchs die Infanterie wie folgt: 21746 (1713), 35134 (1715), 48967 (1731), 52391 (1739), 84150 (1746, einschließlich Pioniere und Feldartillerie, unberücksichtigt die Jäger und die Garnison-Gre­nadiere), 84284 (1755, wie vor), 111730 (1786, wiederum ohne Fußjäger und leichte Infanterie, letztere noch nicht formiert), 123423 (1797, hinzu kommen noch die 3. Musketierbataillone, das Regiment Fußjäger und die Füsilierbataillone mit zusam­men: 49271 ). Analog zur Infanterie wurde auch die Kavallerie vermehrt: 7737 (1713), 9914 (1715), 15876 (1731 ), 17842(1739), 31049 (1746/55, ohne Bosniaken), 37958 (1786, rei­tende Feldjäger: 176 und Husarenkommandos: 26), 39677 (1797, mit Bosniaken und Tatarenpulk, reitende Feldjäger: 175 und Husarenkommandos: 25). Die Relation der Infanterie zur Kavallerie blieb demnach - wie 1713 - unverändert2.

Musketier aus dem Infanterie-Regiment von Forcade (No. 23). Blatt aus dem Armeewerk von Adolph von Menzel. Entnommen aus: Martin Lezius, Das Ehrenkleid des Soldaten, 1936. S. 203.

Infanterie: König Friedrich Wilhelm I. hinterließ seinem Sohn an Infanterie: das Leib-Grenadier-Regiment oder Königs-Regiment (No. 6) mit 3 Bataillonen, 30 Infanterie-Regimenter mit jeweils 2 Bataillonen (außer No. 3) und die Bataillone v. Lilienund v. Raders, welche in der Folge das Infanterie-Regiment No. 32 formierten. Die Regimenter No. 28, 29, 30 und 31 waren in den Jahren 1723, 1728 und 1729 als sogenannte Füsilier-Regi­menter entstanden und wiesen insgesamt Soldaten mit einer kleineren Körpergröße auf.

Füsilier aus dem Infanterie-Regiment Jung-Braunschweig (No. 39). Blatt aus dem Armeewerk von Adolph von Menzel. Entnommen aus: Martin Lezius, Das Ehrenkleid des Soldaten, 1936. S. 203.

Bereits das allgemeine Dienstreglement von 1726 regelte die Verteilung der Kompanien im Regiment folgendermaßen: ,,Die Compagnien sollen bey die Bataillons so gesetzet werden, daß nicht alle ältesten bey das erste Bataillon kommen, sondern des Obristen oder Commandeurs vom Regiment seine Compagnie soll beym 2ten, des Obrist-Lieutenants Compagnie bey dem 1ten, und wann 2 Obrist-Lieutenants bey dem Regiment sind, soll dessen Compagnie wieder bey dem 2ten Bataillon stehen; Desgleichen auch des ältesten Majors Compagnie bey dem 1ten, und des 2ten Majors seine bey dem 2ten Bataillon stehen soll. Die übrigen Compagnien sollen bey die Bataillons an Mannschaft mehrentheils egales kommen." (Reglement von 1726, S. 6, gleichlautend: Reglement von 1743, S. 7). Nach Seyfarth: ,,standen die Compagnien seit 1740 beständig bey einem Bataillon. Wenn daher einer als Stabsoffizier zu einem anderen Bataillon kam, erhielt er auch eine andere Compagnie .... Jetzo aber nimmt jeder seine Compagnie zu dem Bataillon, ohne sie zu verwechseln, mit, bei welches er gesetzet wird"3. Vor 1740 scheint es - wie auch in den 60-iger Jahren - demnach so gehandhabt worden zu sein, dass die Kompanie-Inhaber bei einer internen Versetzung von einem zum anderen Bataillon ihre Kompanien behielten und diese daher ebenso das Bataillon wechselten.

Bismarck berichtet über die Organisation eines altpreußischen Regiments: ,,Jeder Chef des Regiments, sowohl von der Infanterie als auch bei der Kavallerie, immer ein General, war zugleich Chef einer Kompagnie oder Schwadron, und diese hießen Leibkompagnie oder Leibschwadron. Während diese von anderen Rittmeistern oder Hauptleuten kommandiert wur­den, bezogen die Chefs zugleich das Gehalt dieser Chargen" 4. Wachholz ergänzt: ,,Die Stabsoffiziere, welche gleichfalls Compagnien hatten (die des Generals führte den Namen Leib­compagnie, nahm ihren Platz auf dem rechten Flügel des Regi­ments ein und zeichnete sich durch große und schöne Leute aus) die von Staabscapitains commandirt wurden, bezogen außer ihrem Capitainsgehalte nur eine Staabszulage"5. Dieser Passus ist so zu verstehen, dass dem Regiment vier Stabszu­lagen zustanden, je eine für den Oberst (66 Thl., 22 Gr.), für den Obristlieutenant (27 Th!., 12 Gr.) und für die beiden Majore ( je 18 Th!., 8 Gr.). Vom Range unabhängig gingen diese Zulagen an die vier höchsten Offiziere im Regiment (einschließlich des Regimentsinhabers). Überzählige Majors konnten somit leer ausgehen. In den Reglements von 1726 bis 1743 gibt es kein gesondertes Traktament für Stabskapitäns, diese erhielten das Gehalt eines Premier-Lieutenants (13 Th!., 18 Gr.), wohl aber von dem wirklichen Kompanieinhaber eine Zulage6. An Stabs­kapitäns gab es ursprünglich nur je einen je Bataillon, sie wurden aber nach 1763 nach und nach vermehrt, so dass 1806 jedes Regiment über 6 verfügte.

Ähnlich lagen die Verhältnisse bei den nach 1786 formierten Füsilierbataillonen. Diese entstanden  aus drei bereits unter Friedrich dem Großen befohlenen, aber noch nicht ab­schliessend formierten Freiregimentern, aus den sogenannten stehenden Grenadier-Bataillonen und aus einigen Garnisonfor­mationen. 1806 bestanden 24 Füsilier-Bataillone. Diese umfassten 4 Kompanien und auch hier kam dem Dienstalter der jeweiligen Kompanie-Inhaber besondere Bedeutung zu: ,,Die Com­pagnien führten keine Nummern und rangierten immer nach der Anciennität ihrer Chefs.... Die Compagnien der Stabsoffi­ziere wurden von Stabscapitains commandiert"7.

Zum Vergleich zu den Verhältnissen bei der Infanterie und der Kavallerie sei ein Blick auf die Artillerie erlaubt. Der detail­freudige Mente schildert kenntnisreich die Zustände bei der Artillerie und teilt gleichzeitig wertvolle Fakten zur Praxis der Kompaniewirtschaft mit: ,,Jeder Stabs-Offizier (der Genera-Lieutenant und Regiments-Chef nicht ausgenommen) war damals gleichzeitig Compagnie-Chef, und dies namentlich aus dem Grunde, weil die Compagnie-Revenuen bei dem nur gerin­gem Gehalt aller Chargen für diese altgedienten Herren die Haupteinnahme liefern mussten (eine Artillerie-Compagnie brachte in jener Zeit - wohlverstanden in Friedenszeiten - dem Compagniechef eine Einnahme von jährlich bis 4000 Thaler). Schied ein Compagnie-Chef durch Verabschiedung oder (was der gewöhnlichste Fall war) durch den Tod aus den Reihen der Truppen, so musste sein Nachfolger die dem Vorgänger eigen gehörenden Compagnie- und Kammerbestände vom Vorgänger oder dessen Erben erkaufen, wozu bis 1000 Thaler erforderlich waren. Der zum Erwerb dieser Compagnie-Bestände erforder­liche Geldbetrag konnte, insofern der neue Compagnie-Chef die Mittel nicht baar besaß, förmlich hypothekarisch aufge­nommen werden. Der Commandeur der Compagnie, gleichviel ob Stabs-Capitain oder Premier-Lieutenant, besorgte und ver­richtete unter Ägide des Feldwebels allen inneren Dienst in der Compagnie, wogegen der Compagnie-Chef die Verwaltung des ganzen Truppen-Körpers besorgte und der Mannschaft weniger zugänglich war"8.

Das Regiment bestand in der altpreußischen Armee als Organi­sationseinheit in erster Linie aus verwaltungstechnischen Grün­den, Gefechtseinheit war das Bataillon. Die Ordre de Bataille stellte deshalb stets nur auf die Bataillone ab. Die taktische Organisation des Bataillons unterschied sich vollkommen von der verwaltungsmäßigen Gliederung, denn das Bataillon zerfiel taktisch in vier Abteilungen (Divisionen) zu je zwei Zügen (Pelotons). Ein Bataillon umfasste somit taktisch acht Pelotons (vom rechten Flügel von 1 - 8 durchnummeriert). Die Umstel­lung von 5 Kompanien auf 8 Züge vor jedem Exerzieren usw. war eine höchst umständliche Angelegenheit. Deshalb erging schon am 11.03.1741 durch eine „Weisung für die Infanterie über ihr Verhalten bei nächtlichen Angriffen" der Befehl, dass im Alarmfall nur jede Kompanie in 2 Züge geteilt werden sollte9.

Etat: Nach dem Reglement von 1714 (S. 3) umfasste das Bataillon 5 Kompanien, wobei jede Kompanie: 11 Unteroffiziere, 3 Tamboure, 12 Grenadiere, 1 Zimmermann und 107 Musketiere stark war. Einer der Unteroffiziere stand stets bei den Gre­nadieren. Bei jedem Regiment sollten 6 Pfeifer stehen, dafür hatten die entsprechenden Kompanien einen Musketier weni­ger. 1726 (Reglement von 1726, S. 3 ff.) zählte ein Infanterie­-Regiment insgesamt 1420 Kombattanten, nämlich: 40 Offizie­ re, 110  Unteroffiziere, 30 Tamboure,  1080  Musketiere,130 Grenadiere, 1 Regimentsquartiermeister, 1  Feldprediger, 1  Auditeur, 1  Regimentsfeldscher, 10 Kompaniefeldscher, 1 Regimentstambour, 6 Hautbois, 6 Pfeifer, 1 Büchsenmacher (ab 01.06.1722), 1 Schäfter (ab 01.06.1722) und 1 Profoß. Das 3 Bataillone starke und in Potsdam garnisonierende Königs­ Regiment (No. 6) zählte im Jahre 1723 2773 Mann (Leib­-Bataillon, 2. und 3. Bataillon und Unrangierte). 1739 betrug der Etat der 18 Kompanien der sogenannten „Potsdamer Riesen­garde" 2773 Mann, dazu kamen 751 Unrangierte10. Der Ver­pflegungsetat von No. 6 betrug monatlich 24270 Reichstaler, 16 Groschen, für ein gewöhnliches Infanterie-Regiment wur­ den monatlich lediglich 6069 Reichstaler, 11 Groschen, 6 Pfen­nig veranschlagt11.

Laut Reglement von 1743 (S. 3 ff.) zählte ein Infanterie-Regi­ment: 50 Offiziere, 118 Unteroffiziere, 37 Tamboure, 252 Gre­nadiere, 1140 Musketiere. Hinzu kam der Unterstab, zu dem: 1 Regimentsquartiermeister, 1 Feldprediger, 1 Auditent, 1 Regi­mentsfeldscher, 12 Kompaniefeldschere, 1 Regimentstambour, 6 Hautbois, 6 Pfeifer, 1 Büchsenmacher, 1 Schäfter und I Pro­foß gehörten. Das Bataillon umfasste 1743: 25 Offiziere, 59 Unteroffiziere, 19 Tamboure, 3 Pfeifer, 126 Grenadiere, 570 Musketiere. Eine Musketier-Kompanie war 4 Offiziere, 10 Unteroffiziere, 3 Tamboure, 114 Musketiere, 1 Feldscher stark.

Angehörige der Infanterie-Regimenter (Füsiliere) No. 40 und No. 48. Originale altkolorierte Lithographie aus dem Werk: Heerschau der Soldaten Friedrich's des Großen - gezeichnet Adolph Menzel (Leipzig 1856).

Hiervon wichen ab der Etat der Leibkompanie und der ersten, also ältesten Kompanie des II. Bataillons. Die Leibkompanie, stets beim I. Bataillon stehend, hatte die größte Kopfstärke im Regiment. Das Reglement von 1743 bestimmte: ,,Der Regi­ments-Tambour und die 6 Hautbois stehen bey der Leib-Com­pagnie, desgleichen der übrige Unter-Staab vom Regiment". Bei der ältesten Kompanie des II. Bataillons verrichtete „ein Tambour beym Exerciren Regiments-Tambours-Dienste, wes­halben bey der ersten Compagnie vom Bataillon vier Tambours stehen" (ab 01.10.1735). Neben dem Regimentstambour, den Hautbois und den Tambouren gehörten ab 1714 zum Etat eines Regimentes auch 6 Pfeifer, die sich wie folgt verteilten: ,,Von denen 6 Pfeiffers stehen bey jedem Bataillon drey, und zwar bey der Grenadier-Compagnie zwey, und bey der ältesten Mus­quetier-Compagnie einer..." (Reglement von 1743, S. 6). Die beiden Musketier-Pfeifer fielen 1749 weg12.

Tambour aus dem Infanterie-Regiment No. 19. Originale altkolorierte Lithographie aus dem Werk: Heerschau der Soldaten Friedrich's des Großen - gezeichnet Adolph Menzel (Leipzig 1856).

Die Grenadiere sollten jeweils aus dem 3. Glied ausgesucht werden, ,,es müssen lauter Kerls sein, welche gut marchiren können, nicht über 35 Jahre alt sind, voll aussehen, nämlich nicht kurze Nasen, magere oder schmale Gesichter haben" (Reglement von 1726, S. 8). Die früher auf die einzelnen Kom­panien verteilten Grenadiere bildeten gemäß Ordre vom 01.05.1735 zwei Kompanien, eine je Bataillon 13. Für die Inha­ber der Musketier-Kompanien bedeutete dies eine Härte: ,,es ist ein harter Schlag vor die musquetir Capitains, aber sie sollen vor dieses Mal in den sauren Apfel beißen, und die 99 Mann komplett machen, ohne daß es den Grenadier-Capitains was koste"14. Zu den Anforderungen an die Grenadiere äußert sich Friedrich Wilhelm l. in seinem merkwürdigen Schreibstil gegenüber Leopold von Anhalt-Dessau: ,,... solen wohl gemacht(e) Bertige alte Soldaten sein und die granadier(e) soll der ober(st) komplet halten so wie ich die Norme setze an gesunde leutte aber (die) nit größer werden"15. Zur Zusammen­setzung der Grenadier-Kompanien heißt es in einer kgl. Ordre vom 07.08.1739 an das Infanterie-Regiment No. 11 ergänzend: „Ihr sollet zu den Grenadier-Kompagnien lauter Leute nehmen von guten Gesichtern, keine kurzbeinigte und keine langhälsig­te Kerls, sondern Leute, die von Schultern seyn und gute Glie­der haben. Das erste Glied soll ausgehen mit 7 Zoll, das 3. soll noch 8 Mann von 7 Zoll wohl gemessen haben, die anderen Leute aber sollen noch sein von 6 1 /2 Zoll; im 2. Gliede sollen noch stehen 5 Mann von 6 1/2 Zoll, die übrigen von 6 Zoll seynd, gut gemessen"16. Laut Berenhorst wählte man die Grenadiere „nicht nach der Größe aus, sie sind sogar durchgehend ziemlich klein, aber man sucht sichere, robuste Leute, von rei­fem Alter, und gute Marschirer aus"17.

Grenadier vom Bataillon Grenadier-Garde von Retzow (No. 6). Blatt aus dem Armeewerk von Adolph von Menzel. Entnommen aus: Martin Lezius, Das Ehrenkleid des Soldaten, 1936, S. 202.

In der Folgezeit - beginnend ab 1740 - ,,schwadronierten" die Grenadier-Kompanien zu eigenen Bataillonen zusammen, und zwar grundsätzlich von zwei Regimentern. Diese vier Kompa­nien starken Grenadier-Bataillone kamen unabhängig von den Stammeinheiten zum Einsatz und bildeten Brigaden mit einem eigenen Unterstab. Die Kombination galt zunächst nur für einen Feldzug, ab 1756 (Ordres vom 25. und 27.6.1756) kon­stant für die folgenden Kriegsjahre und auch in der Friedenszeit nach 1763 blieb eine feste Zusammensetzung gültig. Im Siebenjährigen Krieg gab es hiervon insgesamt 29 Grenadier-Bataillone18. Nach Rückkehr zu derjenigen Gliederung der Infanterie-Regimenter (1799), die bis 1786 gültig war und von Friedrich Wilhelm II. zeitweise abgeschafft worden war, bilde­ten die Grenadier-Bataillone bereits in der Friedenszeit selb­ständige Grenadier-Bataillone. Sie hatten einen eigenen Stab und mitunter eine eigene Garnison.

Zimmermann aus dem Infanterie-Regiment Fürst Moritz zu Anhalt-Dessau (No. 22). Blatt aus dem Armeewerk von Adolph von Menzel. Entnommen aus: Martin Lezius, Das Ehrenkleid des Soldaten, 1936, S. 202.

Zunächst (1735) bestand eine Grenadier-Kompanie aus I Ka­pitän, 2 Lieutenants, 7 Unteroffizieren, 1 Feldscher, 3 Tambou­re, 2 Pfeifer, 6 Zimmerleuten, 81 Grenadieren und 4 Überkompletten, mithin insgesamt: 107 Personen. Bereits im Sep­tember 1735 traten I Unteroffizier und 3 Grenadiere (insgesamt nun 111) und 1739 1 Lieutenant, 1 Unteroffizier und 6 Grena­diere hinzu. Die Überkompletten wurden auf 8 vermehrt (ins­gesamt nun 123). Nach dem Reglement von 1743 (S. 5) zählte eine Grenadier-Kompanie: 4 Offiziere, 9 Unteroffiziere, 2 Pfei­fer, 3 Tamboure, 126 Grenadiere und 1 Feldscher. Unter den 126 Grenadieren befanden sich auch 6 Zimmerleute (Regle­ment von 1743, S. 5), die 1749 bzw. 1750 auf 7 und in den Jah­ren 1781-84 auf 10 erhöht wurden. Die Vermehrung des Etats der Grenadier-Kompanien aufgrund des Reglements von 1743 wurde teilweise erst im Jahre 1744 bei den einzelnen Regimen­tern umgesetzt. Im Felde blieben die Zimmerleute bei ihrem Regiment und bedienten die Regiments- und Bataillons­ Geschütze19. Nach Abschaffung bzw. Umwandlung der Zim­merleute im Jahre 1788 (März 1796 wieder eingeführt!) erfüll­ten diese Funktion die sogenannten Regiments-Artilleristen, es handelte sich hierbei um 17 - für diesen Zweck bestimmte und ausgebildete Grenadiere und Musketiere - je Bataillon (Regle­ment von 1788, S. 4).

Ab dem Jahre 1718 mussten die Kompanien über jeweils 5 Überkomplette ohne Gewehr verfügen, die bei unvorhergese­henen Ausfällen einspringen konnten (Ordres vom 05.08. und 23.11.1718). Im Reglement von 1726 heißt es hierzu: ,,Außer der erwehnten Mannschaft soll jede Compagnie 5 Mann Über­ Complets haben, welche niemahls im Gewehr marchirten, außer, wann ein Kerl krank wird, alsdann in dessen Platz ein Über-Completer hinein gestellet werden soll" (S. 4/5) Das Reglement von 1743 (S. 5/6) sieht bereits je Grenadier- 10 und je Musketier-Kompanie 8 Überkomplette vor (beim 1. Batail­lon Leibgarde hatte jede Kompanie 12 Überkomplette). Bei den Kürassier- und Dragoner-Regimentern waren es 12 je Eska­dron. Eine Verdoppelung der Überkompletten fand dann im Rahmen der Mobilmachung 1740 statt und wurde später beibe­halten. Eine weitere Verdoppelung der Überkompletten erfolg­te aufgrund einer Ordre vom 20.02.1755 am Vorabend des 7-jährigen Krieges20. Nur jeweils die Hälfte der verdoppelten Überkompletten sollte in jedem Jahr zur Exerzierzeit einberu­fen werden. Die Überkompletten waren normalerweise von den Kompanieinhabern zu unterhalten, für einige Formationen ohne Kanton wurde jedoch die entsprechende Löhnung von der Generalkriegskasse übernommen. Aus eigenem Antrieb schei­nen die Regimenter bereits vorher über die Anzahl der vorge­schriebenen Überkompletten hinaus eine steigende Zahl von sogenannten über Überkompletten - auch Krümper genannt21 - vorgehalten zu haben. Dies gilt auch für die Husaren-Regimen­ter, die aufgrund des großen Zulaufs an Freiwilligen diesbezüglich keine Probleme hatten22. Laut einem Bericht aus dem Jahre 1787 gab es bei der Infanterie Kompanien, die 20 - 30 Über­komplette hatten23. Diese Praxis wurde am 27.02.1788 verbo­ten. Ergänzend zur Zusammensetzung der über- und Überüber­kompletten greifen wir auf ein überliefertes Regimentsbuch des Infanterie-Regiments No. 8 aus dem Jahre 1783 zurück24. Demnach sind die Überkompletten beinahe ausschließlich Aus­länder (nicht im tatsächlichen Sinne, denn unter ihnen ist z.B. je 1 Berliner bzw. Schlesier) von recht kleiner Statur, hingegen handelt es sich bei den Überüberkompletten durchweg um Inländer (Kantonisten).

Die Rekruten finden zwangsläufig in den Etats keine Erwäh­nung. Allerdings wurden sie in den Kompaniestammrollen (Kombination von Stamm- und Rangierrolle) kenntlich gemacht, so in dem bereits erwähnten Regimentsbuch des Infanterie-Regimentes v. Hacke (No. 8, Stettin) aus dem Jahre 1783 durch die Buchstaben R oder RR , wobei es sich bei den Ersteren um In- und bei den Letzteren um Ausländer handelte. Diese wurden in den Listen rotgeschrieben und waren - außer den von Musketierkompanien übernommenen Soldaten - ent­weder „von der Werbung" oder „vom Regiment" entstammend. Hierbei wurde zum einen die Generalwerbung und zum ande­ren die Regimentswerbung als „Art des Zuwachses" genannt. Aus diesem Grunde ist in dem Regimentsbuch ein aus Potsdam stammender Rekrut der Musketier-Kompanie v. Kalckreuth mit RR bezeichnet, zählte aber in der „Nationalliste" zu den Kgl. Pr. Landeskindern. In anderen überlieferten Regimentsbüchern -  z.B. der Infanterie-Regimenter No. 9 (1803) und No. 3 (1805) -   sind die Rekruten mit grüner Tinte in die entsprechenden Listen eingetragen.

Grenadiere das Grenadier-Garde-Bataillons (No. 6). Originale altkolorierte Lithographie aus dem Werk: Heerschau der Soldaten Friedrich's des Großen - gezeichnet Adolph Menzel (Leipzig 1856).

Auch das Gros der 1763 vorhandenen Infanterie-Regimenter (neben No. 3, 6, 15 existierten zu diesem Zeitpunkt: 46 Infan­terie-Regimenter) zerfiel in je zwei Bataillone zu je fünf Mus­ketier- und einer Grenadier-kompanie(n). Ausnahmen hiervon bildeten das Grenadier-Garde-Bataillon (No. 6) mit 1, das I. Bataillon Leibgarde nebst dem II. und III. Bataillon Garde (No. 15 II. und III.) mit zusammen 3 und das Infanterie-Regi­ment No. 3 mit 3 Bataillonen. Das Infanterie-Regiment No. 49 hatte keine zugehörigen Grenadiere. Im Zuge der Demobilisierung nach Beendigung des Siebenjährigen Krieges wurden die Regimenter auf den „Friedensfuß" zurückgeführt. Nach Jany25 zählte ab 1763 das Gros der Infanterie-Regimenter insgesamt 1722 Personen: 50 Offiziere, 118 Unteroffiziere, 12 Feldscher, 48 Spielleute (einschließlich Hautbois), 274 Grenadiere und 1220 Musketiere.

Hiervon wichen ab das I. Bataillon Garde mit 920, das Grena­dier-Garde-Bataillon (von Saldern) mit 864, das Infanterie­ Regiment Anhalt-Bernburg (No. 3, Halle) mit 2580 und 5 Infanterie-Regimenter ohne Grenadier-Kompanien (No. 41, 44, 45, 48, 49) mit 1404 etatsmäßigen Kombattanten. Die Gre­nadierkompanien der Regimenter No. 41, 44, 45, 48 bildeten die Grenadier-Bataillone Nr. 2 und 3 26. No. 41, 44, 48, 49 hatten keine Hautbois, No. 44, 45, 48 bis 1765 keine Überkom­pletten27. Das Inventar der Leibkompanie von No. 41 führt aber eine silberne Trompete auf, sodass diese 1756 zum Feldregi­ment avancierte Truppe sich zumindest privat Hoboisten gehalten hat28.

Durch die Augmentationen der Jahre 1765 und 1774-77 wurde das Gros der altpreußischen Infanterie-Regimenter wieder ver­mehrt. 1768 und 1769 wurden die 12 märkischen Regimenter um je 480 Mann verstärkt. Nach und nach erhielten zwischen 1774 und 1777 auch alle übrigen Regimenter je 240 Mann Zuwachs, hingegen nicht betroffen von den Augmentationen waren die Garden und die fünf neu errichteten Regimenter29. Nach Abschluss der „halben Augmentation" war jedes dieser Regimenter um 240 Mann (20 je Kompanie) verstärkt worden, jetzt umfasste jede Musketier-Kompanie 142 und jede Grena­dier-Kompanie 150 Gemeine.

Laut den Kompaniestammrollen des bereits erwähnten Regi­mentsbuches des Infanterie-Regiments v. Hacke (No. 8, Stet­tin) aus Jahre 1783 zählte z. B. diese Einheit nach den vorge­nannten Augmentationen insgesamt 2004 Mann, und zwar: 51 Offiziere, 118 Unteroffiziere, 12 Feldschere, 4 Pfeifer, 7 Haut­bois, 38 Tamboure, 18 Zimmerleute, 88 Überkomplette, 36 Überüberkomplette und 1632 Gemeine formiert in 3 Gliedern. Nach Jany hatte das vorgenannte Infanterie-Regiment No.8 im Oktober 1776 10 Mann (je Kompanie) und im Januar 1777 10 Mann (je Kompanie) mehr bekommen. Das Offizierkorps machte auf dieser Basis somit im Verhältnis zu der genannten Kopfstärke des vorgenannten Regimentes 2 1/2 % und das Unteroffizierkorps 6% aus. Zum Effektivstand derEinheit sind noch hinzurechnen die restlichen Mitglieder des Unterstabes Unter Friedrich Wilhelm II. wurde die Formation der Infanterie gänzlich verändert, jedes Infanterie-Regiment bestand nun ab 1787 aus einem Grenadier-Bataillon und zwei Musketier-Bataillonen30. Nach Auflösung der Garnison-Regimenter erhielten die Infanterie-Regimenter noch ein Depotbataillon. Das Reglement von 1788 bestimmte: ,,Ein jedes Regiment Infanterie bestehet aus 3 Feld- und 1 Depot-Bataillon. Von ersteren ist eins ein Grenadier-, die beyden anderen Musque­tier-Bataillons. Jedes derselben enthält 4 Compagnien, das Depot-Bataillon hingegen hat nur 3 Compagnien"31. 1792 wurde für jedes Infanterie-Regiment zusätzlich eine Invaliden­kompanie errichtet. Ab 1786 (A.K.O. v. 01.06.1786) umfasste jedes Infanterie-Regiment 55 Offiziere, 144 Unteroffiziere, 6 Hautboisten, 1 Regiments-Tambour, 2 Bataillons-Tamboure, 36 Kompanie-Tamboure, 12 Feldscher (ab 1792 Kompanie-Chirurgen), 54 Zimmerleute, 120 Büchsenschützen (ab 1788), 560 Grenadiere, 1120 Musketiere und 7 Angehörige des Untersta­bes. Die Stärke der Kompanie betrug 1 Kapitän, 3 Subalternoffiziere, 12 Unteroffiziere, 4 Artilleristen, 3 Tamboure, 10 Schützen und 140 Gemeine (76 Ausländer und 93 Kantonisten). Zu jedem Bataillon traten 18 Zimmerleute (ab dem 20.03.1788 führten diese die Bezeichnung: Regiments-Artilleristen, s.w.o.). Die 10 Schützen jeder Kompanie waren besonders aus­ gesuchte Soldaten, die mit gezogenen Bajonettgewehren für den Patrouillendienst bestimmt waren32. Ab dem 05.12.1793 gehörte ferner zu jedem Bataillon ein Hornist, dem die Signale für die Schützen oblagen. Im Jahre 1799 (ab 01.06. aufgrund der A.K.O. v. 28.02.1799) kehrte man allerdings zu der ursprünglichen Zusammensetzung zurück, da ab dem 01.06.1799 die Infanterie-Regimenter wieder je zwei Grena­dier-Kompanien und zwei Musketier-Bataillone zu fünf Kom­panien umfassen sollten33, dazu kam das Depotbataillon, die bereits ab 1796 in sogenannte 3. Musketier-Bataillone umge­wandelt worden waren.

Das Depotbataillon bzw. 3. Musketier-Bataillon sollte im Mobilmachungsfalle die Rolle eines Ersatzbataillons für das Regiment übernehmen bzw. Festungsdienst versehen. Die Depotbataillone galten als minderwertig. In diesem Zusam­menhang sind die Ausführungen eines Subaltemoffiziers aus dem Infanterie-Regiment v. Kleist (No. 5, Magdeburg) auf­schlussreich: ,,Um diese Zeit (1804) machte mich Generallieu­tenant v. Kleist, der neue Chef unser(e)s Regiments, zum Adjutanten. Diese erste militärische Auszeichnung machte mir viel Freude, wenn auch mein neues Dienstverhältnis sehr kleinlich war. Ich wurde nämlich bei dem sogenannten dritten Bataillon als Adjutant angestellt. Das damalige Gesetz befahl, daß die acht jüngsten Lieutenants in diesem Bataillon, welches aus Hal­binvaliden des Regiments bestand und eigentlich das Garnison­ bataillon des Regiments war, Dienste leisteten; im Kriege nicht mitmarschierten und die nachzuschickende Ergänzung exerzierten. Aber nicht allein die Halbinvailden bildeten dieses Bataillon, sondern man warf auch den Abschaum des Regi­ments in dasselbe. Die Offiziere bestanden ebenfalls in Halbin­validen, welche eine gute militärische Retraite darin fanden, oder auch aus solchen, die wegen Dienstvergehen oder sonsti­ger Felddienstuntauglichkeit nicht ganz verstoßen werden sollten, und aus den oben genannten acht jungen Offizieren. In die­sem Verhältnis, wo ich ziemlich machen konnte, was ich woll­te, gefiel es mir gut, und ich hatte die Aussicht, bald als Adju­tant in ein Regiments-Bataillon überzugehen"34.

Im Jahre 1806 zählte die Infanterie 4 Garde-Bataillone (zu 6 Kompanien), 28 Grenadier-Bataillone (zu 4 Kompanien) und 2 Musketier-Bataillone (zu 5 Kompanien). Neben den Gar­deformationen (No. 6, No. 15) und den Grenadier-Bataillonen exisitierten zu diesem Zeitpunkt 58 Infanterie-Regimenter. Dazu kamen 24 Füsilier-Bataillone (zu 4 Kompanien) und das Feldjäger-Regiment mit 3 Bataillonen (zu 4 Kompanien).

Offizier aus dem Infanterie-Regiment Markgraf Karl (No. 19). Blatt aus dem Armeewerk von Adolph von Menzel. Entnommen aus: Martin Lezius, Das Ehrenkleid des Soldaten, 1936, S. 205.

Zum Regimentsstab gehörten unter Friedrich Wilhelm I. zunächst 1 Oberst, 1 Obrist] Lieutenant und 1, ab 1735 2 Majore. Zum Offizierkorps eines Infanterie-Regimentes im Rahmen der festgelegten Sollstärke rechneten auch die Stabsoffiziere. Diese waren - wie bereits erwähnt - zugleich Kompanieinhaber und bezogen deshalb neben der Stabszulage auch eines der zwölf Kapitänsgehälter einschließlich der Pauschalansätze für die Löhnung und Montierung ihrer Kompanie, vermehrten somit die Anzahl der Offiziere über den genannten Etat hinaus nicht. Der Bestand an 4 Stabsoffizieren für jedes Infanterie-Regiment war noch unter Friedrich dem Großen gültig. Einige Regimen­ter wiesen allerdings einen überzähligen Stabsoffizier auf. Diese Abweichung vom Soll war bedingt durch den Bedarf an Führungskräften bei Formation der Grenadier-Bataillone, zu deren Etat neben den Offizieren der vier Grenadier-Kompanien (insgesamt 16) auch der Bataillonskommandeur (zumeist Major, zugleich Kompaniechef) und 1 Adjutant (Fähnrich) gehörten35. Zu den Grenadier-Kompanien wurden im Übrigen nur „distinguierte (Anmerkung: verdiente) Officiers, die ihren Dienst verstehen" versetzt36. Die Kompanie des Regiments­chefs und des -kommandeurs wurden - wie bereits erwähnt - von einem Stabskapitän kommandiert. Die Anzahl der Stabska­pitäns wurde später von 2 auf 3 vermehrt. Nach Lossow37 glie­derte sich das 51-köpfige Offizierkorps eines Infanterie-Regi­mentes in der spätfriderizianischen Zeit wie folgt: ,,

1) Der Regimentschef,

2) der Regimentskommandeur, welcher zugleich das I. Bataillon kommandierte,

3) der Kommandeur des zweiten Bataillons, 4) zwei Staabs-Offiziere zum Richten (Anmerkung: die Majors), 5) 7 Kapitäns,

6) drei Staabs-Kapi­tains (sowie) neun Premier-Lieutenants,

7) 17 Sekonde-Lieu­tenants und 10 Fähnrichs.

Zwei Subaltern waren Adjutanten."

Die 2 Adjutantenstellen (1 Adjutant je Bataillon) wurden bereits im Jahre 1720 geschaffen38, die Regimentsadjutanten­ stelle im Jahre 1729 eingerichtet. Laut einem Zeitgenossen, nehmen die Generale ihren Adjutanten aus dem Regimente; dem Bataillonsadjutanten giebt der König drei Thaler monat­ lich auf die Ausfütterung eines Pferdes. Diese Plätze werden also sehr gesucht, und bringen Wetteifer unter die jungen Leute"39. Friedrich der Große kritisierte mitunter die Praxis, daß „die Generals sich alte Officiers zu ihren Adjutanten neh­men, sondern finde vor besser, wenn sie dazu jüngere neh­men"40.

Kavallerie: Nach der ersten Reformarbeit zu Beginn der Regentschaft des „Soldatenkönigs" zählte ein Regiment zu Pferde ohne Regimentsstab: 18 Offiziere, 36 Unteroffiziere (darunter 6 Wachtmeister), 12 Trompeter, 450 Gemeine (keine Gefreiten), sowie 6 Feldscher, 6 Fahnenschmiede und 6 Sattler (insgesamt: 534 Personen). Ein Regiment Dragoner zählte: 24 Offiziere, 56 Unteroffiziere (darunter 8 Wachtmeister und 8 Gefreitenkorporale), 16 Tamboure, 600 Gemeine (keine Gefreiten) sowie 8 Feldscher und 8 Fahnenschmiede (insgesamt: 712 Personen). Im Verlauf der nächsten Jahre wuchs der Etat der Regimenter zu Pferde auf: 31 Offiziere (ab 1730 kommen 2 Kornetts einschl. eines Adjutanten hinzu), 60 Unteroffiziere, 10 Trompeter, 660 Gemeine (und 30 Überkomplette), sowie 5 Feldscher und 10 Fahnenschmied. Die Dragoner-Regimenter, welche bereits 10 Eskadronen zählten, hatten: 52 Offiziere (darunter 12 Fähnrichs), 120 Unteroffiziere, 30 Tamboure,1320 Gemeine (und 50 Überkomplette), sowie 8 - 10 Feldscher und 10 Fahnenschmiede. Im Jahre 1740 fand Friedrich der Große 12 Regimenter zu Pferde (später Kürassiere), 6 Regi­menter Dragoner (3 zu 5 und 3 zu 10 Eskadronen) und 2 Regimenter Husaren (insgesamt 9 Eskadronen) vor. Nach dem Ver­sagen der preußischen Kavallerie in der Schlacht von Mollwitz nahm sich der König energisch ihrer Ausbildung und Taktik an, gleichzeitig wurde insbesondere die Husarenwaffe systema­tisch zahlenmäßig verstärkt.

Nach den Reglements aus dem Jahre 1743 umfaßten die Kavallerie-Regimenter (in Klammern die Etats der Eskadronen):

 

 

Kürassiere (mit 5 Esk.)

 

 

Dragoner

 

(mit 5 Esk.)

 

Husaren

 

(mit 10 Esk.)

 

Offiziere

 

32

 

(6)

 

 

32

 

(6)

 

36     (3)

Unteroffi-ziere

60

(12)

 

60

(12)

80     (8)

Pauker

1

 

1

 

Spielleute

11

(2) Trom-peter

 

4 Hautbois

10      (!)Trompeter

 

 

 

15 Tamboure (3)

 

Reiter

660 (132)

 

660

(132)

1020 (102)

Fahnenschmiede

10

(2)

 

5

(1)

10     (1)

Überkomplette

60

(12)

 

60

(10)

 

Unterstab

12

(1 Feld-scher)

 

12

(1 Feldscher)

16     Feldscher

 

insgesamtDienst-pferde

 

846

742

 

(167)

(148)

 

 

849

745

 

(165)

(148)

 

1172 (116)

1130

Kürassiere aus K2. Originale altkolorierte Lithographie aus dem Werk: Heerschau der Soldaten Friedrich's des Großen - gezeichnet Adolph Menzel (Leipzig 1856).

Zu Beginn des 7-jährigen Krieges (1756) bestanden 12 Regi­menter zu Pferde mit je 5 Eskadronen, wobei die Eskadrons jeweils in 2 Kompanien eingeteilt waren. Dazu kam das 1740 errichtete Regiment Garde du Corps mit (ab 1756) 3 Eskadronen. Besondere Bezeichnungen führten folgende Truppenteile: K 3 (Leibregiment), K 10 (Regiment Gendarmes), K 11 (Kara­biniers) und K 13 (Garde du Corps). Ferner bestanden 12 Dra­goner-Regimenter (insgesamt 70 Eskadronen), davon umfassten D 1 - IV, Vll - XII 5 und D V und VI 10 Eskadronen. D III führ­te in der Zeit von 1714 (22.08.) bis 1741 die Bezeichnung: Gre­nadiers zu Pferde (aberkannt durch Versagen von Teilen des Regiments im Gefecht bei Baumgarten). Die 8 im Jahre 1756 vorhandenen Husaren-Regimenter waren sämtlich 10 Eskadro­nen stark, bei H 5 bestand eine Fahne Bosniaken. 1762 wurde letztere zu einem Regiment mit insgesamt 10 Eskadrons ver­mehrt (H 9).

Trompeter aus dem Dragoner-Regiment Bayreuth (D V). Blatt aus dem Armeewerk von Adolph v. Menzel. Entnommen aus: Martin Lezius, Das Ehrenkleid des Soldaten, 1936. S. 209.

Nach dem Friedensschluss von Hubertusburg (1763) wurden die Etats für die Kavallerie-Regimenter wie folgt festgesetzt42: 1 Regiment Kürassiere mit 5 Eskadronen: 37 Offiziere (laut Jany43 hatte K 10 42 und ab 1770 40 Offiziere), 70 Unteroffi­ziere, 12 Trompeter, 720 Kürassiere, Unterstab mit 7 Angehöri­gen, 5 Kompaniefeldseher, 10 Fahnenschmiede (insgesamt: 861). 1 Regiment Dragoner mit 5 Eskadronen (2 Dragoner­-Regimenter zählten 10 Eskadronen): 37 Offiziere, 70 Unterof­fiziere, 6 Hautboisten, 10 Trompeter, 5 Tamboure, 720 Gemei­ne, Unterstab mit 7 Angehörigen, 5 Kompaniefeldseher, 10 Fahnenschmiede (insgesamt: 865). Am 01.06.1771 wurde bestimmt, dass jede Dragoner-Eskadron nicht mehr 3 Tamboure, sondern 2 Trompeter und nur noch 1 Tambour hatte. D X bekam erst 1772 1 Pauker und Hautbois, D XI besaß keinen Pauker. 1 Regiment Husaren mit 10 Eskadronen: 52 Offiziere (laut Jany44 besaßen bis zum Jahre 1766 H J, 5, 7, 8 nur 41 Offiziere), 110 Unteroffiziere, 10 Trompeter, 1320 Husaren, Unterstab mit 4 Angehörigen, 10 Kompaniefeldscher, 10 Fahnenschmiede (insgesamt: 1516). Die Bosniaken hatten einen anderen Etat, nämlich: 5 Offiziere, 16 Unteroffiziere, 2 Fah­nenschmiede, 1 Feldscher, 1 Trompeter und 200 Gemeine. Neben den 8 Husaren-Regimentern und den Bosniaken bestan­den noch 2 Husarenkommandos (Rheinsberg/ Magdeburg).

Husar aus dem Husaren-Regiment von Belling (H 8). Blatt aus dem Armeewerk von Adolph v. Menzel. Entnommen aus: Martin Lezius, Das Ehrenkleid des Soldaten, 1936. S. 210.

1786 zählte die Kavallerie unverändert 12 Kürassier-Regimenter (zu 5 Eskadronen), 1 Regiment Garde du Corps (zu 3 Eskadronen), 12 Dragoner-Regimenter zu 5 bzw. 10 Eskadronen und 10 Husaren-Regimenter zu 10 Eskadronen, dazu kam das Feldjäger-Korps zu Pferde mit 172 Mann. Bis zum Jahre 1806 wurden noch D XIII. (1802), D XIV. (1803) und das Husaren­-Bataillon v. Bila (H 11, 1792) errichtet. Ferner bestanden die Husaren-Kommandos in Magdeburg und Rheinsberg-Berlin. Das Regiment Bosniaken wurde 1799 in ein Korps Towarczys umformiert. In Analogie zur Entwicklung bei der Infanterie erhielten die Kavallerie-Regimenter durch A.K.O. vom 06.03.1787 mit gezogenen Schußwaffen ausgerüstete soge­nannte Karabiniers (je 10 bei den Kürassier-, je 12 bei den Dra­goner- und Husaren-Regimentern).

Trompeter vom Kürassier-Regiment Prinz von Preußen (K 2). Blatt aus dem Armeewerk von Adolph v. Menzel. Entnommen aus: Martin Lezius, Das Ehrenkleid des Soldaten, 1936. S. 208.

Ab dem 24.06.1789 wurden die Einteilung der Eskadrons in Kompanien abgeschafft, sie blieb lediglich bei K 10 bestehen45. Die entsprechende Ordre lautete: ,,Wenn Seine König!. Majestät von Preußen usw. Aller­ höchst bisher wahrgenommen, daß zwischen den Cuirassier­ und Dragoner-Regimentern, sowohl im Etat, als auch in der Zusammensetzung und inneren Verfassung beider Arten von Truppen ein großer Unterschied obwaltet und die dem Königli­chen Allerhöchsten Dienst nicht anders als nachtheilig sein kann, so haben Seine Königliche Majestät vor gut erachtet, künftig zum Besten der Cavallerie, die Cuirassiers in Allem mit den Dragonern zu egalisieren, ihre Compagnien auf Eskadrons zu setzen und dereinst den Zustand der Stabsrittmeister sowohl bei den Cuirassiers als Dragonern, weil selbige auf Erlangung der Eskadron länger als bei der Infanterie und den Husaren war­ten müssen, um ein Ansehnliches im Etat zu verbessern"46. Mit Verstärkung von 3 auf 5 Eskadronen (1798) wurde allerdings bei der Garde du Corps die Einteilung in Kompanien einge­führt47. Die Dragoner hatten nun nicht mehr Hautbois und Tam­boure, sondern erhielten 16 Trompeter. Damit verloren sie ein weiteres Merkmal ihrer ursprünglich infanteristischen Her­kunft. Die Stärke des Unteroffizierkorps der Kürassier- und Dragoner-Regimenter wurde jeweils um 10 bzw. 5 vermehrt.

Angehöriger des Bosniaken-Korps (H 9). Originale altkolorierte Lithographie aus dem Werk: Heerschau der Soldaten Friedrich's des Großen - gezeichnet Adolph Menzel (Leipzig 1856).

An der Spitze der Hierachie des Regimentsverbandes stand der Regimentschef. Das Regiment führte seinen Namen und ran­gierte nicht nach der Stammnummer, sondern (mit Ausnahmen) innerhalb der Inspektionen nach dem Dienstalter des Chefs48.

Preußische Generäle vor und nach 1740. Entnommen aus: Martin Lezius, Das Ehrenkleid des Soldaten, 1936, S. 200.

„Der Regimentschef war in erster Linie für die Ausbildung und den ganzen Zustand des Regimentes verantwortlich. Er war im Frieden, wenngleich General, eigentlich erster Kommandeur des Regiments, da höhere Verbände, Brigaden erst im Kriege und bei größeren Truppenübungen mit Aufstellung der Ordre de Bataille gebildet wurden. Unter dem Chef stand ein Kom­mandeur, ein Oberst."49. In der „Instruktion für die Generalma­jors von der Cavallerie" äußert sich Friedrich der Große über die Aufgaben und den Wirkungskreis des Regimentschefs: ,,Bei Friedenszeiten und in Garnisonen thun die General-Majors von der Cavallerie eigentlich Obristen-Dienste, jedennoch haben sie auch in Friedenszeiten Gelegenheit sich zu distinguiren, wenn sie nämlich ihre Regimenter in sehr guter Ordnung hal­ ten "50. Dies galt analog für die Verhältnisse bei der Infante­rie. Anläßlich der Verleihung eines Regimentes artikulierten sowohl Friedrich Wilhelm I., als auch Friedrich der Große ihre Erwartungen an den zukünftigen Inhaber vielfach in ähnlichen Redewendungen: ,, Ich zweiffle nicht, daß Ihr dem Regiment allemahl mit gebührender Threue und application rechtschaffen vorstehen und solches in derjenigen guthen Ordnung und diszi­plin halten werdet, wie Euch zur Genüge bekannt ist, daß ich solches haben will"51. Als am 02. l 0.1750 der geborene Ungar Michael v. Szekely Oberst und Chef von H 1 wird, geschieht dies „in dem gnädigen Vertrauen, daß Ihr sothanen Regiment als ein threuer, rechtschaffener und fleißiger Chef vorstehen, Euch dessen Bestes sorgfältig angelegen seyn lasset, insbeson­dere aber ohnvermindert darauf arbeiten werdet, solches in die­ jenige Ordre zu setzen und zu erhalten, wie solches Mein Dienst nothwendig erfordert und Ich es schlechterdings will"52. Die Korrespondenz des Königs mit den jeweiligen Regiments­inhabern behandelte im Grunde alle Angelegenheiten des Regi­ments und bezog sich selbst auf geringfügige Details. Insbe­sondere wurde vom Regimentschef eine konsequente Men­schenführung - vor allem mit Blick auf das Offizierkorps - ver­langt. Als sich der Inhaber des Infanterie-Regimentes No. 31 (Breslau) im Jahre 1746 für einen zu Festungshaft verurteilten Subaltemoffizier verwendet, reagierte der König ungehalten: ,, Dieses ist eben dasjenige, warum Ich von Euch ganz nicht zufrieden bin, daß nehmlich, wann ein Officir bestrafet zu wer­ den meritiret (verdient), Ihr so wohl seyd und keinen Ernst gegen Officirs, die wider den Dienst handeln oder sich sonst impertinent betragen, zu gebrauchen wisset, viel mehr diesel­ben ganz unbilliger Weise schonet und protegiret, wodurch es dann geschiehet, daß das Regiment aus der guthen Ordnung, worinnen es vorher gewesen, ganz in Unordnung verfällt. Da Ihr nun gewiß glauben könnet, daß Ich Euch das Regiment nicht gegeben hab, um solches zu verderben, so will Ich Euch hierdurch nochmals ernstlich erinnert haben, darunter Euer bis­ heriges Verfahren zu ändern und die Officirs vom Regiment mit aller rigeur und Nachdruck zum Dienst und zu einer guthen conduite anzuhalten, widrigenfalls ich nothwendig eine ände­rung mit Euch vornehme, das Regiment einem andern geben, Euch aber auf Pension setzen muß"53. Der König verlangte zwi­schen Regimentschef und - kommandeur Kooperation: ,,Ich habe Euer Schreiben vom 27. vorigen Monaths erhalten und da Ich Euch nunmehro einen guten Commandeur zum Regiment geschickt habe, der in Ansehung des Dienstes Meine lntentio­nes vollkommen kennet, so bin Ich versichert, daß so bald Ihr nur denselben gehörig assistiret und mit ihm dahin sehet, daß besonders die officiers kurz gehalten werden, und sich zum Dienst gehörig applciren müssen, Ihr das gantze Regiment mit leichter Mühe in Ordnung zu bringen und zu erhalten im Stan­de seyn werdet"54. Dem Regimentschef kamen vor allem mit Blick auf das Ersatzwesen große Kompetenzen zu, die aber bereits durch Rescript vom 09.10.1738 (Verabschiedung für den Militärdienst untauglicher Enrollierter) und erneut durch Schaffung der Generalinspektionen (1763) sowie im Zuge der Reorganisation des Kantonwesens im Jahre 1764 beschnitten wurden. Unabhängig hiervon spielten die Regimentsinhaber in den jeweiligen Garnisonen - insbesondere hinsichtlich des Zustandes der Stadtmauern und sonstiger Bausachen, Angele­genheiten der inneren Sicherheit (z.B. Brandschutz und Hygie­ ne) und Ordnung, sowie Einquartierung und Preisgestaltung - eine gewichtige Rolle, so dass Konflikte mit der Zivilverwal­tung (und den Zünften) nicht ausblieben. Um so erstaunter ist der heutige - an eine übergroße Staatsverwaltung gewöhnte - Betrachter, wenn er von der geringen Dimensionierung eines Regimentsbüros erfährt: ,,Sie (Anmerkung: der Oberst und Regimentskommandeur eines Infanterie-Regiments nebst Gattin) wohnten in einem recht geräumigen Hause ganz allein; aber dennoch beschränkten sie sich auf eine einzige Stube, in der sowohl alle häuslichen als dienstlichen Geschäfte abge­macht wurden. Ein eschener Schreibtisch mit zwei Klappen ohne Aufsatz, über welchem ein runder, kleiner Spiegel hing, ein mit Wachstuch überzogener Tisch, auf dem ein Schreibzeug und einige Papiere - fast das ganze Regimentsbureau - lagen, ein Sofa mit Rohr geflochten, sechs dergleichen Stühle, ein mit blauer Leinwand überzogener Lehnstuhl, ein tannener Schrank und ein Eßtisch waren das Möblement dieser Stube ..."55.

Dem Regimentskommandeur kam - wie sich bereits aus dem o.g. kgl. Schreiben an den Chef von H 7 ergibt - dennoch eine wichtige Funktion zu, vor allem dann, wenn der eigentliche Regimentsinhaber durch andere Obliegenheiten, z.B. als Gene­ralinspekteur, belastet war. So schrieb Friedrich der Große am 19.08.1756 an Julius Paul Dietrich v. Queis (Regimentskom­ mandeur von No. 36, Brandenburg a.d.H.), ,,da der General­ Major v. Münchow Kommandant von Glogau wird, ... muß er das Regiment führen"56. Im Kriegsfalle übernahm der Regi­ mentschef, in der Regel ein General, zumeist ein höheres Kom­mando, welches ihn von seinem Regiment trennte. Der Regi­mentskommandeur (vor 1763 stets der älteste Stabsoffizier) vertrat dann automatisch den abwesenden Regimentschef. Da das Regiment kein taktischer Verband, sondern das Bataillon die Gefechtseinheit war und in der Ordre de Bataille als ein eigenständiger Organismus galt, kommandierte dann der Regi­mentskommandeur das I. Bataillon, während das II. dessen ältester Stabsoffizier anführte. 1751 wurde befohlen, dass der General, ,,wenn das Regiment zur Chargirung geschlossen, nicht mehr Stabsoffiziersdienste thun, sondern alsdann der älte­ ste Stabsoffizier als Kommandeur vom Regimente das I. und der zweite Stabsoffizier das Il. Bataillon in der Chargirung als wie in einer Linie der Armee führen soll. Wenn aber das Regi­ment im Marchiren geöffnet dem Könige vorgeführt wird, so führet der General zu Fuß das I. Bataillon als Obrister und der Obrister führt das II. Bataillon"57. Ab 1787 sollten aber die Regimentskommandeure dessen besseren Überblicks wegen keine Bataillons mehr kommandieren. Nach 1763 erfuhr die Funktion des Regimentskommandeure eine Aufwertung, wur­ den sie doch nunmehr vom König regelrecht ernannt. Während die Rangverhältnisse nur noch sekundäre Kriterien waren, tra­ten jetzt die persönlichen Fähigkeiten und Verdienste in den Vordergrund. Die Ernennung von jüngeren Stabsoffizieren zu Regimentskommandeuren führte allerdings in der Praxis zu Konflikten, da die Umgehung des Anciennitätsgrundsatzes das ausgeprägte Ehrgefühl und den Ehrgeiz des altpreußischen Offiziers tangierte. Diesen Reibungspunkt läßt Bevern in seiner ,,Armeegeschichte" deshalb auch nicht unberücksichtigt: ,,... obzwar hiebey declariret wurde, daß das avancement nach der tour, biß incl. den Obrist-Lieutenant gehen sollte, so fanden sich dem Exempel, daß in einigen Regimentern der 2te und 3te Staabs Officier das Regiment zu Cornrnandiren bekahrn und die Aeltern gleiches Characters des Jüngeren Befehle nachleben rnußten"58.

Ein Regimentskommandeur sollte nach Auffassung des Königs „Feuer" haben (Schreiben an General-Lieutenant v. Braun vorn 17.01.1786), auch mit den Bataillonskommandeuren verstand Friedrich der Große „keinen Scherz" (!). Bevor eine entspre­chende  Ernennung  erfolgte, erkundigte  sich  der König: ,,Ich möchte gern wissen, ob der Major v. Lüttwitz, Tauentzi­en'schen Regiments, wohl kapabel (fähig) ist, dieses Regiment zu commandiren wenn der Prinz von Hohenlohe als ältester Obrister nun selbst ein Regiment kriegt, und habe Euch dahero hierdurch auftragen wollen, die Sache recht genau und gründ­lich zu überlegen, und Mir sodann darüber Euren Bericht zu erstatten; damit Ich das sicher weiß"59. Hatte der König Anlass zur Kritik, musste sich nicht nur der Regirnentschef, sondern auch der Regimentskommandeur rechtfertigen. In einem ung­nädigen Schreiben vorn 05.06.1786 an Oberst v. Marwitz (Regimentskommandeur von No. 34, Ruppin) wird deutlich, daß der Verantwortungsbereich des Regimentskommandeurs regelmäßig das gesamte Regiment umfasste: ,,Die Entschuldi­gungen, womit Ihr den Antheil an den Fehlern des 2. Bataillons des unter Eurem Cornrnando stehenden Regiments von Euch ablehnen wolllt, finde Ich keineswegs zureichend. Denn da beide Bataillone in einer Garnison liegen, so lag es Euch nicht nur ob, auf beide Eure Attention gehörig zu wenden, sondern Ihr hattet auch alle Gelegenheit dazu"60. In gesonderten Instruktionen für die Kommandeure der Infanterie- und Kaval­ lerie-Regimentern hatte Friedrich der Große bereits unter dem 11.05.1763 detailliert den Aufgabenbereich der Regiments­ kommandeure beschrieben und festgelegt, ,,wie sich solche wegen des kleinen Dienstes in den Garnisonen, wegen der Mannszucht des gemeinen Mannes, der scharfen Disciplin, des Exercirens der Regimenter, guten Aufsicht und Zucht der Offi­cire und der Oekonornie zu verhalten haben". Auch die Regle­ments beinhalteten diesbezüglich eine Vielzahl von Vorgaben, insbesondere sollten die Stabs-Offiziere die häufig auf ver­schiedene Örtlichkeiten verteilten Kompanien/Eskadronen eines Regiments monatlich bereisen und exerzieren, ,,und genau zu sehen, ob die Compagnien in guter Ordre sind"61.

Bis zum Jahre 1806 wurden die Regimenter - bis auf wenige Ausnahmen - nur nach dem Namen ihrer Inhaber bezeichnet. Vor 1713 bedeutete der Regimentsname noch ein Eigentums­recht, Reste dieser Anschauung manifestierten sich in der bis zum Jahre 1806/07 üblichen Kompaniewirtschaft. Blieb eine freigewordene Inhaberstelle eines Regiments zunächst unbe­setzt, behielt das Regiment zunächst den bisherigen Namen mit dem Zusatz: vakant. Häufig gab es Regimenter mit Namens­gleichheit der Chefs, dann hieß regelmäßig das ältere Regiment z. B. Alt-Schwerin, das jüngere Regiment führte folglich die Bezeichnung Jung-Schwerin62. Existierten mehr als 2 namens­gleiche  Regimenter  wurde  es  problematisch.  Als  am 09.12.1744 Philipp Felix Bogislavs v. Schwerin Chef des Infan­terie-Regimentes No. 31 wurde, führten bereits 2 Regimenter den Namen: Schwerin. Aus diesem Grunde wurde das Regi­ment nach den Haaren des Vorgenannten „Schwarz-Schwerin" genannt63. Die in den gedruckten Stammlisten (1756 - 1806) benutzten Nummern waren im Dienstgebrauch nicht üblich und gehen zurück auf die Dessauer Spezifikationen der Jahre 1729/3764. Die Bezeichnung der Regimenter mit diesen Stammnummern wurde erst am 01.10.1806 offiziell eingeführt.

Dies führt zu dem Thema der Rangordnung der Regimenter in der altpreußischen Armee, d.h. zur vertikalen Struktur der Über- und Unterordnung der verschiedenen Formationen unter­einander. Die Regimenter rangierten nach dem Dienstalter ihrer Chefs, d. h., sie wechselten mit einem neuen Inhaber Namen und Rang. Somit folgte die Rangordnung dem Anciennitäts­prinzip, einem im Gegensatz zum Leistungsprinzip stehenden Prinzip zur Verteilung von Herrschaftspositionen. Dieses Prin­zip galt aber nur grundsätzlich, denn es gab einige Ausnahmen. Bei der Infanterie rangierten unabhängig von den jeweiligen Anciennitätsverhältnissen No. 6,  15 und nachfolgend No. 1, 18, 34, 35 und 13 vor den übrigen Regimentern. Unter Frie­drich Wilhelm I. erfreute sich das aus dem Regiment Kronprinz No. 6 hervorgegangene Königs-Regiment besonderer Wertschätzung und Fürsorge. Es bestand aus dem „Rothen Leib­ Bataillon Grenadiere" und den 2. und 3. Bataillon Königs­ Regiments und zeichnete sich insbesondere durch hochge­wachsende Soldaten aus (Garnisonen: Potsdam und Branden­burg, ab 1735 Potsdam). Mitunter wird diese Gardeformation von Zeitgenossen auch als eine „verwöhnte Prätorianergarde" bezeichnet (Pöllnitz). Bereits bei Verleihung des Infanterie­ Regimentes No. 15 (damals vac. Goltze) an den Kronprinzen im Jahre 1722 befahl der Soldatenkönig: ,,...Wir haben also Deiner Liebden von diesem Unsern Entschluß freundväterlich Notification geben und zugleich bekannt geben wollen, daß Wir das Regiment hinter die General-Majors und vor alle Obristen­ Regimenter rangiret haben, sodaß es vor der Hand alle Zeit das älteste von den Obristen-Regimentern ist und bleibet"65. Nach seinem Regierungsantritt im Jahre 1740 erhob Friedrich der Große No. 15 in den Garderang (nun Königs-Regiment mit 3 Bataillonen, zunächst auch als „Sr. König!. Majestät Regi­ment Garde" bezeichnet). Aus dem bisherigen 1. Bataillon des bisherigen Regiments Kronprinz und Unrangierten des Königs­-Regiments wurde am 04.08.1740 das 1. Bataillon Leib-Garde formiert (laut Jany tritt die Bezeichnung Leibgarde bzw. Garde bereits im Juli und August 1740 auf). Miltitz berichtet hierzu in seinen Aufzeichnungen: ,,Ihro Majestät distinguirten dieses Bataillon von denen beiden anderen Garde-Bataillons nicht allein in der Mondirung, sondern auch in allen Stücken, indem die Officier einen höhern Rang in der Armee hatten und mit keinem anderen Bataillon Dienste thaten und rangirten"66. Das 2. Bataillon entstand aus den 2 Grenadier-Kompanien des bis­ herigen Regiments Kronprinz und aus Mannschaften des alten Königs-Regiments. Das 3. Bataillon wurde aus Abgaben der Armee im Austausch mit Soldaten des alten Königs-Regiments formiert. Das 2. und 3. Bataillon bildeten das Regiment Garde (häufig nur als 2. und 3. Bataillon Garde bezeichnet). Das alte Königs-Regiment ging ein, dafür entstand aus dessen Trüm­mern aus Gründen der Tradition ein sogenanntes Grenadier­ Garde-Bataillon (No. 6) neu. Das Grenadier-Garde-Bataillon führte laut Ordre vom 07.02.1743 (bis zum 20.12.1801) den Namen des jeweiligen Chefs, dann nur noch die Bezeichnung: Grenadier-Garde-Bataillon. Auch dessen Offiziere gingen den­ jenigen der Armee jeweils um eine Rangstufe vor. Die beson­deren Beziehungen des Königs zu No. 15 bzw. 6 werden in dem Befehl vom 11.05.1763 deutlich, wonach „alle Anfragen, als Beurlaubungen, Permissionen, Avancement, desgleichen alle Rapports von der Garde und Retzow wie bisher immediate an Seine Majestät" zu gehen haben67. Die Vorrechte der Gardeein­heiten waren genau zu beachten, auf entsprechende Verfehlun­ gen konnte der König empfindlich reagieren. Als das Grena­ dier-Garde-Bataillon im Rahmen des Wachdienstes vor General v. Anhalt herausrief, obwohl es das Vorrecht besaß, vor Gene­ralen eben nicht herauszurufen, wurde dessen Chef v. Lestwitz abgemahnt: ,,Ich erfahre mißfälligst, daß Euer untherhabendes Bataillon sich verschiedentlich dahin vergessen hat, daß es von denen ihm bey seiner Stiftung von Mir gnädigst beygelegten Vorrechten Meines Regiments Garde ganz willkürlich abgegan­gen ist. Dergleichen Meiner Absicht widriges Betragen kann Mir nicht anders als empfindlich unangenehm seyn, und will Ich demnach, daß das Bataillon sich derart dreistes Vergehen nicht ferner zu Schulden kommen läßt, Ihr aber als desselben Chef dahin sehen und ganz ernstlich darauf halten sollet, daß solches sich hierunther jeder Zeit Institutions würdig auf alle Weise betragen müssen"68. Beschwerden anderer Offiziere hin­sichtlich der Besserstellung der Gardeoffiziere wurden zwar respektiert, jedoch trotzdem zurückgewiesen: ,,Mein lieber Major v. Götzen. Ich kann es nicht anders, als ein Merkmal Eurer Mir bekannten rechtschaffenen Ambition ansehen, und dahero nicht allerdings mißbilligen, wenn Ihr den Vorzug des Majors v. Scheelen in der Anciennete nicht ganz gleichgültig empfinden mögen. Indessen, und da Euch erinnerlich sein wird, wie Ich mit Meinem ersten Bataillon immer einigen Unter­schied observiret habe; so muß Euch der gegenwärtige Fall so befremdlich eben nicht vorkommen"69. Die Regimenter der Garnison Wesel (No. 41, 44, 45) rangierten (seit 1743) unter sich. Dies wurde im Jahre 1763 für die Generale und Stabsoffi­ziere dieser Regimenter eingeschränkt, d.h., diese rangierten nun mit den übrigen Feldregimentern der Infanterie.

Standartenträger aus dem Regiment Garde du Corps (K 13). Blatt aus dem Armeewerk von Adolph v. Menzel. Entnommen aus: Martin Lezius, Das Ehrenkleid des Soldaten, 1936. S. 201.

Bei der Kavallerie führten K 13, K 10, K 3, K 11, D V und H 2 die Rangliste der Regimenter an. Unter Friedrich Wilhelm I. galt K 10 als das vornehmste Regiment der Kavallerie, in einem Schreiben an General-Lieutenant v. Natzmer vom 30.12.1713 bezeichnete der König K 10 als das „Erste Regiment unseres Hauses" 70. Bereits bei Errichtung der Eskadron Gens d'armes im Jahre 1691 wurde der Formation ein Gardestatus zugebilligt: ,,Diese Esquadron Gens d' armes wollen Wir als ein Corps von Unserm Kurfürstl. Hause consideriren, derselben auch alle Prärogativen und Freiheiten, gleichwie es bei dem Corps der Grands-Mousquetairs gebräuchlich, genießen lassen, wobei Wir Unserm Obersten und diese Esquadron gebührend moitini­ ren werden ... Von allen andern Fatiguen aber als von Particulierwachten im Lager, Arbeit und sonsten anderem Commando, welche man keiner Garde anmutet, soll diese Esquadron befrei­et sein und bleiben"71. K 10, zunächst nur I Eskadron stark, wurde bereits im Jahre 1713 auf 4 und im Jahre 1718 auf 5 Eskadronen verstärkt, ab 1731 hatte es die Etatstärke der übri­gen Regimenter zu Pferde. K 3 rangierte hinter K 10, genoss aber nicht die Vorrechte der Garde. K 11 war am 11 .06.1717 aus einem Dragoner-Regiment (Markgraf Albrecht) in ein Regiment zu Pferde umgewandelt worden, wobei dieser mit besonderen Verdiensten begründete Schritt als sozialer Aufstieg in der Armeehierachie gewertet wurde. Die entsprechende Ordre lautete: ,,Nachdem Seine König!. Majestät in Pr  Dero des Prinzen Albrecht Friderichs Hoh. Regiment Dragoner aus besonderer Gnade und Distinction zum Regiment Reuther declariret, jedoch dergestalt, daß dasselbe bis zu weiterer ordre in der bisherigen Verpflegung stehen bleibet, indessen aber die Trompeters bey gedachten Regiment mit dem fördersambsten angeschaffet werden sollen"72. Am 28.04.1738 erhielt K 11 die Bezeichnung: Leibkarabinier-Regiment und als Rang den Platz gleich nach dem Leibregiment (K 3) zugewiesen: ,,Wir Frie­drich Wilhelm König in Pr. Nachdem Wir allergnädigst resolvi­ret, nach jüngst erfolgtem Ableben weyland Unseres General­majors des Grafen v. Truchses dessen bis dahin unter gehabtes Regiment zu Pferd Leib Carabiniers Regimente zu declariren. Anfänglich und förderst soll Unser Leib Carabinier Regiment den Rang gleich nach Unserem Leib Regiment zu Pferd haben; Er, Unser Obrister, der Graff v. Wartensleben aber das Kom­mando darüber zu führen"73. Nach Errichtung des Regimentes Garde du Corps befahl Friedrich der Große: ,, wegen der Garde du Corps, daß solche in der monatlichen Rangliste noch vor die Gens d'armes gesetzt werden sollen"74. Damit stand K 13 an der Spitze der Regimenter zu Pferd bzw. Kürassier-Regimenter. Nach dem herausragenden Erfolg von D V. in der Schlacht von Hohenfriedberg am 04.06.1745 erhielt das Regiment einen königlichen Gnadenbrief. In diesem Diplom verkündete Frie­drich der Große seinen Entschluss, dass „nicht nur dem ganzen Dragoner Regiment Bayreuth wegen dieser tapferen Action vor allen andern Dragoner-Regimentern Unserer Armee, jetzo und zu ewigen Zeiten den erhabenen Unterschied, Vorzug und Ehren-Zeichen beyzulegen, daß das Regiment jederzeit, im Zug und Marsch, es sey im Felde oder Garnisonen den Grenadier­ March, mit ihren Pauken aber auch, den March Unserer Kui­rassier Reuther schlagen zu lassen, befugt seyn solle, sondern Wollen auch, um das Andenken dieser glorieusen Action noch ansehnlicher zu machen, dem ganzen Regiment die Befugnis geben, die eroberte Trophees, an Fahnen und Kanons, in ihren sogenandten Regiments-Siegel zu führen"75. H 2 (1730 als Leib-Korps Husaren mit 3 Esk. in Berlin entstanden) besetzte den Rang vor den anderen Husaren-Regimentern und führte die zunächst inoffizielle Bezeichnung: Leib-Regiment Husaren (seit der A.K.O. vom 29.12.1794 als Leib-Husaren-Regiment offiziell anerkannt). Die Besserstellung von H 2 hatte aber Grenzen. Als Generalmajor (später Generallieutenant) Frie­drich Eberhard Sigismund Günther von Goeckingk in seiner Eigenschaft als Regimentschef von H 2 für sein Regiment die gleichen Vorrechte wie für K 10 erbat, lehnte dies König Frie­drich Wilhelm II. ab:,, Ich werde das Euch anvertraute Husaren Regiment jederzeit bey seinen bisherigen Vorzügen und bey dem ihm bewilligten Vorrange vor dem übrigen Husaren Regi­mentern schützen. Dagegen kann Ich aber auch dem Regiment Gens d'armes, welches seit seiner Stiftung die Vorzüge der Gar­ den genossen und dessen Praerogative älter sind, als die Eures Regiments, seine Rechte nicht entziehen. So wie daher die Offi­ciere Eures Regiments vor anderen und ältern Husaren Officie­ ren gleichen Ranges den Vorzug haben, so stehet solches den Officieren des Regiments Gens d'armes vor den übrigen Caval­lerie Officieren zu. Ich erwidere Euch solches auf Euer Schrei­ben vom 30. Vorigen Monaths in Antwort"76. Die Garnisonfor­mationen rangierten unter sich und galten - bis auf die Garni­son-Grenadiere - als minderwertig77.

Offiziere vom Leib-Husaren-Regiment von Zieten (H 2). Blatt aus dem Armeewerk von Adolph v. Menzel. Entnommen aus: Martin Lezius, Das Ehrenkleid des Soldaten, 1936. S. 211.

Demnach besetzten in der förmlichen Hierachie der altpreussi­schen Armee vor allem die Garden eine bevorzugten Rang, woraus bestimmte Vorrechte (höherer Rang der Offiziere im Verhältnis zu den übrigen Feldregimentern, höhere Besoldung bzw. Zulagen, besondere Uniformmerkmale, Ehrbezeugungen nur vor bestimmten Personen usw.) und Verhaltenspflichten folgten. Gleichzeitig speiste sich aus der besonderen sozialen Wertschätzung, den die Garden genossen, ein elitäres Selbstge­fühl, bisweilen von Angehörigen anderer Formationen schlicht als Arroganz empfunden. Dieses Gefühl der Überlegenheit der Garden, die in der altpreußischen Armee ja keine eigentlichen Haus- und Hoftruppen, sondern echte Fronttruppen waren, schlug sich aber auch in herausragenden Leistungen im Ernst­fall nieder78. Neben der formell kodifizierten Rangordnung exi­stierte damit auch ein wirkliches Leistungsprinzip, No. 6, spä­ter auch No. 15 (bei der Kavallerie: K 13) waren mehr als Renomier- und Paradetruppen, sondern Leistungsträger und Versuchseinheiten par exellance. Aus der privilegierten Positi­on folgte deshalb nicht unbedingt königliche Gnade in Perma­nenz, der besondere Status dieser Formationen schützte nämlich nicht vor harter Kritik bei wirklichen oder vermeintlichen Fehlleistungen. Dies haben angesehene Regimenter - vor allem unter der Ägide Friedrichs des Großen - schmerzlich erfahren müssen. Für das Leistungsdenken in der altpreußischen Armee spricht auch der Umstand, dass nach dem Siebenjährigen Krieg und Schaffung der Generalinspektionen einige Formationen - unabhängig von deren Platz in der Rangordnung - durch Imme­diatverkehr, Beurlaubtengelder usw. für besondere Leistungen im Kriege ausgezeichnet wurden, in der Mark Brandenburg waren dies: No. 15, 6, 18, 35, 34, 1, 13, 39, 23 und K 2, K 10, K 13, D I, H2, in Pommern: No. 17, 30 und D IV, V, XII, in Magdeburg: No. 5, 27, 3, in Schlesien: No. 31, 49, 28 und K 8, K 12, in Preußen: No. 2 und D VII, D X, H 5 sowie in Westfa­len: No. 41, 10 und 9. Im Jahre 1773 folgte No. 21 (Halber­stadt) nach79. Die Privilegierung einzelner Formationen zog zwangsläufig Reibungen mit anderen Truppenteilen nach sich, so ist z.B. durch Kalckreuth für die Schlacht von Leuthen (1757) ein solches Konkurrenzverhalten mit Blick auf die soge­ nannten „Favoritdragoner" (D V) belegt80.

Unabhängig von der offiziellen Rangordnung galten in der sub­jektiven Wertschätzung Regimenter mit einem älteren Stif­tungsdatum regelmäßig vornehmer als jüngere Formationen. Als das Infanterie- Regiment v. Kleist (No. 26, Berlin) im Jahre 1749 seinen Inhaber durch Tod verlor, wandte sich Prinz Heinrich an seinen königlichen Bruder und bat, ihm doch anstatt seines bisherigen Regiments (No. 35) das vakant gewor­dene Regiment No. 26 zu verleihen, und zwar, weil es eine größere Ehre sei, an der Spitze eines alten Regiments zu stehen (und weil der König ja doch zu beabsichtigen scheine, ihn dau­ernd an Berlin zu fesseln, wie der Neubau eines Palais bewei­se). Die Bitte wurde in deutlichen Worten abgelehnt81. Als der aus bürgerlichen Verhältnissen stammende General-Major Otto Heinrich v. Laxdehnen (Kommandeur von No. 15 I.) im Jahre 1773 das neu errichtete Infanterie-Regiment No. 51 (Marien­ burg) verliehen bekam, beklagte sich dieser am 05.01. beim König: ,,Da ich Ew. König!. Majestät 40 Jahre mit aller Recht­ schaffenheit gedienet, und mir bereits 7 Regimenter mit aller­gnädigst ausdrücklicher Versicherung, daß mir solches keinen Tort thun sollte, vorbeigegangen, so kann ich das mir zuge­dachte neue Regiment außer der Tour wohl nicht annehmen, ohne bey andern zu dem gewiß unverdienten Vorurtheil Anlaß zu geben, als wenn ich keines bessern Schicksal würdig wäre. Aus diesem gerechten und der Ehre gemäßen Bedenken wollen Ew. König!. Majestät in Ungnaden nicht vermerken, daß ich das neue Regiment hierdurch demütigst zu Füßen lege, und um meine Dimission, ob wohl mit größtem Chagrin, allerunterthä­nigst bitte". Friedrich der Große versuchte dem verdienten General diese Sicht der Dinge auszureden und wies in dem Antwortschreiben vom 06.01.1773 ausdrücklich daraufhin: ,,Im Grund ist ein alt oder neu Regiment einerlei, und nicht das Alter; sondern die Ordnung, welche in demselben herrschet, bestimmen, in denen Augen der Kenner, dessen Werth"82. Laxdehnen konnte sich jedoch dieser pragmatischen Bewertung nicht anschließen und erhielt am I 0.01.1773 (wegen Krankheit) seine Dimmission83.

Sogenannter Fahnenjunker aus dem Infanterie-Regiment von Winterfeldt (No. 1). Blatt aus dem Armeewerk von Adolph v. Menzel. Entnommen aus: Martin Lezius, Das Ehrenkleid des Soldaten, 1936. S. 207.

Doch nicht nur zwischen den einzelnen Regimentern bestand eine formelle (und informelle) Rangordnung, sondern auch das Verhältnis der Waffengattungen untereinander war vom Hierachiedenken jener Zeit geprägt. In der altpreußischen Armee galt - vor allem seit der Regentschaft König Friedrich Wilhelms I. - eine Bevorzugung der Infanterie. Der Soldaten­könig baute zwar auch die Kavallerie zahlenmäßig aus, betrachtete diese zu jener Zeit noch schwerfällige Waffengat­tung aber mit Misstrauen. Man vertraute vorrangig auf die über­legene Feuerkraft der Infanterie: ,,Ich defiire anjetzo der besten Kavallerie einzubrechen, wenn sie uns auf freiem Felde atta­quiert, ich glaube dem Teufel in der Hellen würde man mit denen geschwinden Schüssen konfus machen, geschweige denn nicht Menschen"84. Diese Wertung wird durch eine Epi­sode aus dem Jahre 1745 belegt: nach der Schlacht von Hohen­ friedberg übersandte Erbprinz Maximilian seinem Vater, dem Fürsten Leopold von Anhalt-Dessau, die Abgangslisten der Schlacht. Dabei entschuldigte sich Maximilian für ein Mißge­schick: ,,N.S. Ew. Gnaden bitte ganz unterthänig um Verge­bung, daß mein Secretarius in den Listen die Infanterie nach der Kavallerie gesetzt hat. Es ist aber zu spät, solche wieder abschreiben zu lassen. Weil so eben die Post weggehet, so habe dieselben in dieser Gestalt abschicken müssen ..."85. Für eine Präferenz der Infanterie spricht auch ein bezeichnender Vorfall aus dem späten 18. Jahrhundert. Der bereits erwähnte v. Bism­arck berichtet: ,,... Zur Untersuchung und Prüfung dieser ferti­ gen Gewehre wurde eine Kommission festgestellt, zu der aus der Potsdamer Garnison von jedem Regiment ein Offizier kom­mandiert wurde. Vom 1. Bataillon Garde wurde der von Lützow dazu kommandiert und ich vom Regiment Garde du Corps. Wie das erste über die gelieferten Gewehre aufgenommene Proto­koll unterschrieben werden sollte, wobei die Reihenfolge der Offiziere nach dem Datum des Patentes kam, war zufällig des von Lützow und mein Sekondelieutenantpatent von ein und demselben Datum. Nun unterschrieb keiner von beiden, indem das 1. Bataillon Garde und die Garde du Corps in der Armee gleich rangierten. Der König entschied zugunsten der Infanterie"86.

Kürassier aus dem Kürassier-Regiment Gens`darmes (K 10) um 1736. Nach der originalen Tafel von Richard Kötel aus der Uniformkunde/ Rathenow.

Innerhalb der Reiterei galten lediglich die Kürassiere und die Dragoner als eigentliche Kavallerie, die anfänglichen Unter­schiede zwischen Kürassieren und Dragonern in Ausrüstung und taktischem Einsatz schwanden im Laufe des 18. Jahrhun­derts immer mehr. Bereits Friedrich Wilhelm I. scheint eine Art Einheitskavallerie angestrebt zu haben, da im Jahre 1715 kurz­fristig auch die Dragoner mit Kürassen ausgerüstet (nur Brust­stücke) wurden und wie die Regimenter zu Pferde Lederkollets erhalten sollten87. Die ursprünglich als leichte Reiterei konzi­pierte Husarenwaffe stand in den frühen Jahren ihrer Entwick­ fung „in der Armee wie im ganzen Lande in der größten Ver­achtung" 88. Friedrich der Große, der bei seinem Regierungsan­tritt lediglich 9 Eskadronen vorfand, vermehrte die Husaren konsequent auf zuletzt (1786) 10 Regimenter, darunter I Regi­ ment Bosniaken. Bereits nach den Erfolgen in den ersten bei­ den Schlesischen Kriegen berichtet Feldmarschall v. Budden­brock: ,,Soviel ist gewiß, daß die Schlesischen Knechte, wenn es von ihrer Willkür abhinge, zum größten Nachteil der Grundherrschaften alle gerne Husaren werden möchten"89. Zeitgenos­sen beschreiben die inneren Zustände in den Husaren-Regi­mentern als gut, die Leistungen waren entsprechend90. Insbe­sondere unter der Ägide des Generals v. Winterfeld entwickel­ten sich die Husaren zu einer wirksamen Schlachtenkavallerie und rivalisierten in Einsatz und Wirkung zumindestens mit den Dragonern. Diese Entwicklung hatte natürlich auch Einfluss auf ihre soziale Geltung in der Armee.

Jäger zu Fuß. Originale altkolorierte Lithographie aus dem Werk: Heerschau der Soldaten Friedrich's des Großen - gezeichnet Adolph Menzel (Leipzig 1856).

Unabhängig von der taktisch motivierten Bevorzugung der Infanterie in der altpreußischen Armee dünkte sich der Reiter gegenüber dem Fußsoldaten stets als etwas Besseres, doch handelt es sich hierbei um ein allge­meines psychologisches Phänomen. Neben der Infanterie und Kavallerie standen die technischen Truppen. Sowohl Friedrich Wilhelm 1., als auch Friedrich der Große hatten zur Artillerie ein ambivalentes Verhältnis, letzterer konnte sich aber nicht der wachsenden Bedeutung dieser Waffengattung in der taktischen Kriegsführung verschließen. Erst zum Ende des 17. Jahrhun­derts als selbständige Waffengattung entstanden, hatte die Artillerie noch lange ein handwerksmäßiges Gepräge und zeigte sowohl im äußeren Erscheinungsbild, als auch mit Blick auf die Geisteshaltung des Artilleriepersonals konservative Züge. In der sozialen Hierachie besetzten die technischen Truppen im Verhältnis zur Infanterie und Kavallerie unzweifelhaft einen Rang geringerer Wertigkeit; dies kam bereits darin sinnfällig zum Ausdruck, daß im Offizierkorps der Artillerie Bürgerliche dominierten. Im Jahre 1784 schickte Friedrich der Große drei bürgerliche Kadetten mit den Worten zur Artillerie: ,,Da können sie wohl seyn"91.

In der Beurteilung der in den schlesischen Kriegen erstmals errichteten Freitruppen waren sich die Zeitge­nossen einig, sie standen mit den restlichen Waffengattungen nicht auf einer Rangstufe. Ein Urteil aus dem Jahre 1766: ,,Was der gemeine Mann von den sogenannten Frei-Bataillons in den letzten Zeiten (einige wenige ausgenommen) für execrables Geschmeiß gewesen und wie wenig Dienste solche für das enorme Geld, so sie gekostet, geleistet, im Gegenteil, was sie für Schaden der Armee im Rauben und Plündern und Debau­chierung unserer eigenen besten Leute gethan haben, ist jedem, der den Krieg mitgemacht, wissend, wozu erstere gleichsam ein habendes Recht wegen des verdammten Namens Frei-Corps oder Frei-Batatillons sich eingebildet und angemaßt haben"92. Friedrich der Große bezeichnete die Offiziere der Freitruppen selbst als „gewöhnlich liederliches und schlechtes Zeug, so darum ausrangirt werden " und auch „Arrestanten, die darum sitzen, daß sie sich vor Scharfrichter-Knechte und Schinders, und sich selbst vor infam ausgegeben" betrachtete er als geeigneten Ersatz für Freitruppen93. An diesem Urteil ändert der Hin­weis auf die wenigen verdienstvollen Offiziere, die auch nach der Auflösung der Freitruppen (1763) eine Rolle spielten (z. B. Courbiere, Favrat, Hordt, Kleist, Salemon, Wunsch usw.), nichts. Die kritische Distanz gegenüber den Freitruppen ist aber auch damit zu begründen, dass der sogenannte Kleine Krieg in der Wertewelt damaliger Militärs noch keinen festen Platz hatte und demgemäß nicht als ehrenvoll galt. So verbleibt es dabei, dass insbesondere die klassischen Feldregimenter der Infanterie und der Kavallerie in der sozialen Rangfolge in der altpreussi­schen Armee vorangingen.

Fußnoten:

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