Der Dienstalltag und die materiellen Lebensumstände im Reichsheer

Bildbeschreibungen folgen. Fußnotenapparat folgt.

Erinnerung an die Musterung im Jahre 1913. Originale Fotokarte.

Das Reichsheer und die – marine ergänzte sich vor allem aus Wehrpflichtigen. Wehrpflicht bedeutet die auf Gesetz  beruhende Pflicht jedes männlichen – wehrfähigen -  Staatsbürgers zum Militärdienst. Die allgemeine Wehrpflicht wurde in Preußen im Rahmen der Militärreformen im Jahre 1814 eingeführt (Gesetz über die Verpflichtung zum Kriegsdienst vom 03.09.1814), im Norddeutschen Bund im Jahre 1867 (Gesetz betreffend die Verpflichtung zum Kriegsdienste ... vom 09.11.1867). Nach der Reichsgründung 1871 galt die allgemeine Wehrpflicht auch im Kaiserreich, das Reichsmilitärgesetz von 1874 übernahm die bisherigen Bestimmungen des Kriegsdienstgesetzes von 1867.  Wehrpflicht bestand ab dem 20. Lebensjahr. Die potentiellen Rekruten wurden von einer Musterungskommission untersucht, die aus dem Kommandeur des jeweiligen Bezirkskommandos, einem Vertreter des Landrates und einem Arzt bestand. Die Musterungskommission stellte die Tauglichkeit (oder Untauglichkeit) fest, ordnete den Wehrpflichtigen einer Waffengattung zu und entschied über etwaige Zurückstellungen. Im Zuge der Musterung wurden auch die Rekruten für die Gardeformationen und die Marine ausgesucht bzw. entschieden, welche Handwerker benötigt wurden. Die für tauglich befundenen Wehrpflichtigen wurden dann jeweils Anfang Oktober eingestellt und mussten ihre – je nach  Waffengattung – 2 – 4jährige Militärdienstzeit (2 Jahre bei den Fußtruppen, 3 Jahre bei einer berittenen Einheit und 3-4 Jahre bei der Marine) ableisten.  Die Dienstzeit war 1893 von drei auf zwei Jahre reduziert worden.  Nach der Musterung kehrten die jungen Männer in ihre heimatlichen Dörfer und Städte zurück, dabei schmückten sie sich traditionell mit bunten Bändern und Blumen. Die Musterung erfolgte in der Regel ab dem 20. Lebensjahr. Eine freiwillige Meldung war auch ab dem 18. Lebensjahr möglich. Tauglichkeit vorausgesetzt, konnten sich dann die Freiwilligen  ihr Regiment aussuchen.

Unter bestimmten Voraussetzungen war es dem Bildungsbürgertum im Kaiserreich möglich, die aktive Dienstpflicht auf ein Jahr zu reduzieren. Erforderlich war z. B. der erfolgreiche einjährige Besuch der Untersekunda eines Gymnasiums. Die Voraussetzungen zum so genannten einjährig-freiwilligen Dienst wurden durch einen Berechtigungsschein nachgewiesen. Konnten die erforderlichen Zeugnisse nicht beigebracht werden, gab es die Möglichkeit, vor der Prüfungskommission eine Prüfung in Sprachen und Wissenschaften zu absolvieren. Bestimmte Meldefristen waren zu beachten. Die Einjährig-Freiwilligen konnten sich – Tauglichkeit vorausgesetzt – ihren Truppenteil selbst aussuchen. Nach Prüfung der persönlichen Verhältnisse und seiner wissenschaftlichen Befähigung erhielt der Aspirant von der zuständigen Prüfungskommission einen Berechtigungsschein zum einjährigen Dienst. Zu Beginn desjenigen Kalenderjahres, in dem er das 20. Lebensjahr vollendete, musste er sich bei der Ersatzkommission seines Gestellungsortes schriftlich oder mündlich melden. Er konnte aber schon vorher in den Dienst eintreten. Wurde dieser Zeitpunkt verpasst, ging die Berechtigung zum einjährigen Dienst unter.

Die Einjährig-Freiwilligen mussten aber die Kosten der Bekleidung, Ausrüstung (leihweise), Unterbringung und Verpflegung, sowie Benutzung des Dienstpferdes bei der Kavallerie, dem Train und der Artillerie selbst tragen. Die Ausrüstung wurde gegen die Zahlung eines Ausrüstungsgeldes gestellt. Die Waffen mussten aus eigenem Mitteln in einem brauchbaren Zustand erhalten und bei Entlassung zurück gegeben werden. Die Bekleidungsstücke konnte sich der Einjährig-Freiwillige gegen Zahlung festgelegter - günstiger - Preise beschaffen. Diese beliefen sich z. B. bei der Infanterie1:

 

Schirmmütze

2,50 Mark

Halsbinde

0,30 Mark

Feldmütze

1,14 Mark

Tuchhose

8,85 Mark

Waffenrock

13,23 Mark

Mantel

17,27 Mark

Drillichjacke

2,02 Mark

Tuchhandschuhe

1,33 Mark

Drillichhose

2,00 Mark

Hemd

1,60 Mark

Weißleinene Hose

2,00 Mark

Unterhose

1,25 Mark

Litewka

10,15 Mark

Ausrüstungsgeld

4,25 Mark

Stiefel

9,20 Mark

Waffeninstandhaltungsgeld

1,32

Schnürschuhe

6,70 Mark

 

 

Allgemein war die Bekleidung (bei der Infanterie) mit ca. 200 Mark zu bestreiten. Bei Beschaffung eigener Bekleidungsstücke waren "jegliche sogenannte Moden zu vermeiden". Die Stücke mussten in Schnitt und Ausführung genau den bestehende Vorschriften entsprechen. Bei der Kavallerie kamen noch weitere Kosten auf den Aspiranten zu: Pferdeentschädigung = 400,00 Mark (jährlich), Abnutzungsentschädigung für die Ausrüstungs- und Reitzeugstücke = 21,41 Mark (jährlich), Hufbeschlag =  4,32 Mark (jährlich), Pferdearzneigeld = 1,92 Mark (jährlich). Waffeninstandsetzungsgeld = 0,20 Mark (monatlich) sowie Rationsgeld = 36 - 40 Mark (monatlich). Soweit es für die dienstliche Ausbildung erforderlich war, durften sie in der Kaserne bzw. in den Mannschaftsquartieren untergebracht werden. Aus dieser Gruppe rekrutierten sich die Reserveoffiziere.  Sie kamen häufig aus vermögenden Familien.

In der Regel wurden die Rekruten (im Soldatenjargon Hammel genannt)  im Oktober eingestellt. Einige Tage nach der Einstellung erfolgte der Treueschwur der Soldaten. Der (Fahnen-)eid enthielt im kaiserlichen Heer die Treuepflicht gegenüber den jeweiligen Landesfürsten und das Gehorsamsversprechen gegenüber dem deutschen Kaiser. Für das bayerische Kontingent galt letzteres nur im Kriegsfall. Die Angehörigen der Kaiserlichen Marine leisteten den Eid nur auf den Kaiser, ebenso die Elsass-Lothringer.  Vor der Vereidigung wurden den Rekruten die Kriegsartikel vorgelesen. Nach der Vorbereitung in Kirchen usw. erfolgte die Vereidigung in Exerzierhäusern bzw. auf dem Kasernengelände  der Rekruten durch Offiziere. Die Vereidigung erfolgte in der Regel auf die Fahne, bei Artillerie spielten traditionell die Kanonen eine besondere Rolle.

Vereidigung bei einem Infanterie-Regiment. Vor den Gemeinen die Offiziere im Paletot einschließlich des Adjutanten. Originale Fotokarte vor 1914.

Bei der Vereidigung wurde die Eidesformel vorgelesen, dann erfolgte der eigentliche Schwur. Der Eid wurde von einem (Gerichts)offizier vor- und von den Rekruten nachgesprochen. Er lautete: " Ich (Vor- und Zuname) schwöre zu Gott dem Allwissenden und Allmächtigen einen leiblichen Eid, dass ich Seiner Majestät dem Könige von Preußen Wilhelm II., meinem Allergnädigsten Landesherrn, in allen Vorfällen zu Lande und zu Wasser, in Kriegs- und Friedenszeiten, und an welchen Orten es immer sei, treu  und redlich dienen, Allerhöchst dero Nutzen und Bestes befördern, Schaden und Nachteil aber anwenden, die mir vorgelesenen Kriegsartikel und die mir erteilten Vorschriften und Befehle genau befolgen und mich so betragen will, wie es einem rechtschaffenen, unverzagten, pflicht- und ehrliebenden Soldaten eignet und gebühret". Es folgte eine bei Protestanten und Katholiken unterschiedliche religiöse Formel. Rekruten aus Elsass-Lothringen leisteten den Eid auf den Kaiser Wilhelm II., der Zusatz "Landesherr" entfiel.

Szene während einer Felddienstübung. Originales Foto aus März des Jahres 1914.

Das Exerzier-Reglement für die Infanterie vom 29.05.1906 bezeichnete diese als Hauptwaffe und betonte, dass  ein „sorgfältige, straffe Einzelausbildung die Grundlage der gesamten Ausbildung ist“. Die Rolle der Infanterie wurde wie folgt beschrieben: „Im Verein mit der Artillerie kämpft sie durch ihr Feuer den Gegner nieder. Sie allein bricht seinen letzten Widerstand. Sie trägt die Hauptlast des Kampfes und bringt die größten Opfer. Dafür winkt ihr auch der größte Ruhm“ (S. 81). Schon mit dem Exerzier-Reglement von 1888 war die Infanterietaktik modernisiert worden, ab diesem Zeitpunkt wurde die Schützenlinie zur Hauptkampfform.  Die modernen Infanterieangriffe fanden in aufgelockerter Formation statt, man sprach von der „Leere des Schlachtfeldes“. Allerdings waren die ebenen Exerzierplätze nicht gerade geeignet, realistische Gefechtsbedingungen zu vermitteln. In der Infanterie-Kompanie sollte die eigentliche Exerzierschule zum Abschluss gebracht werden, im Bataillonsverband fand die Gefechtsschule statt. Neben dem Exerzier-Reglement waren bei der Ausbildung insbesondere auch Schieß- und Turnvorschriften zu beachten2.

Einzelexerzieren beim 4. Niederschlesisches Infanterie-Regiment Nr. 51 (Breslau). Originale Fotokarte. Gelaufen am 03.02.1912.

Eine Felddienstordnung vom 22.03.1908 regelte Einzelheiten zur Kriegsgliederung, Truppeneinteilung, Aufklärung und Sicherung, Marsch, Unterkunft und Biwak, Bagagen, Munitionskolonnen und Train, Verpflegung, Sanitätsdienst, Munitionsergänzung, Eisenbahn(transport), Nachrichtenmittel, Feldgendarmerie und Waffenwirkung usw. für den Fall der Mobilmachung allgemein für alle Waffengattungen.

So führte die Ausbildung des Soldaten über die Einzelausbildung, die Ausbildung in Gliedern, Rotten und Zügen, die Ausbildung in der Kompanie und im Bataillon schließlich zu den Übungen im Regiments- und Brigadeverband.  Der Schwerpunkt der infanteristischen Ausbildung lag zwangsläufig in der Schießausbildung. Diese wurde durch Turnübungen, Ausbildung im Bajonettfechten und durch mündlichen Unterricht ergänzt. Gegen einen technisierten Drill wandten sich bereits Zeitgenossen: „Bei aller Erziehung des einzelnen zu einem selbstbewussten Mann und erfahrenen, kriegsbereiten Soldaten muss man nach wie vor den größten Wert auf die Disziplin legen. Nicht die Dressur muss erstrebt werden, eine bloße Mechanisierung der Handlungen, die den Mann, auch im Gefecht, gegebene Kommandos ausführen lässt. Man muss die Disziplin verinnerlichen …. Auch am Exerzieren muss dem Soldaten die Lust und Freudigkeit erhalten bleiben, dann ist in der halben Zeit das Doppelte zu erreichen. In stundenlangem Einzelexerzieren wird die wirkliche Disziplin nicht gefestigt. Diese Zeit sollte man lieber dafür verwenden, den Mann zum Feldsoldaten zu machen, der sich im Gelände wohl fühlt und gern ins Gelände geht ….“3.

Der Kunsthistoriker und spätere Direktor und spätere Direktor des Westfälischen Landesmuseums für Kunst und Kulturgeschichte in Münster berichtet über seine Zeit beim Infanterie-Herwarth von Bittenfeld (1. Westf.) Nr. 13 (Münster): "Die eigentliche Ausbildung der Einjährigen erfolgte nicht in der Kompanie, sondern durch das Regiment unter Aufsicht des Kommandeurs des III. Bataillons, Major Troschke, den ich in jenen Tagen bei der Hochzeit meiner Freundin Toni Schmid kennenlernte. Er erschien auch wohl gelegentlich auf unserem Exerzierplatzhinter der evangelischen Kirche. Mein Einzelmarsch befriedigte ihn nicht, wie ich mich denn auch erst später zu einem guten Marschierer entwickelt habe. "Nehmen Sie ihren Arsch herein!" war das erste, durch unsere gesellige Hochzeitsbekanntschaft gemilderte Wort, das er mir zurief". Interessant ist seine Einschätzung der "Einjährigen": "Erschreckend war das unterschiedliche geistige Niveau der Einjährigen, die doch berufen waren, später als Reserveoffiziere im Frieden und besonders im Kriege überzeugende Vorgesetzte zu sein. Es waren viele darunter, die es wirklich nur bis zum Zeugnis zur Obersekunda gebracht haben und damit nicht genügend für ihre Aufgabe gerüstet waren. ich lernte nur wenige tüchtige Menschen unter ihnen kennnen ...."4.

Das erste funktionstüchtige Maschinengewehr konstruierte der Amerikaner Hiram Maxim (1840-1916) und in der Folge wurden weitere Modelle dieser Schnellfeuerwaffe entwickelt. Ab 1889 fanden auch im deutschen Heer Schießversuche mit dem Maxim-MG statt, nach drei Jahren aber wieder eingestellt und erst 1894 wieder aufgenommen. Man begann (ab dem 01.10.1901) mit der Aufstellung von Maschinengewehr-Abteilungen, den Maschinengewehren wurde aber zunächst nur eine unterstützende Rolle zugebilligt. In der Schießvorschrift vom 29.05.1906 heißt es hierzu: "Die Maschinengewehre haben die Aufgabe, den Feuerkampf der Infanterie unmittelbar zu unterstützen. Befähigt zur Entwicklung stärkster infanteristischer Feuerkraft auf schmalstem Raum, bringen sie dem Angriff wie der Verteidigung bei entschlossenem Eingreifen und richtigem Einsatz an der entscheidenden Stellen erheblichen Kraftzuschuss" (Ziffer 265 a). Es folgt der Hinweis, die Maschinengewehre "aus Rücksicht auf den Munitionsverbrauch ..., ... erst auf wirksame Feuerentfernung und gegen lohnende Ziele einzusetzen" (Ziffer 338 a). Ein Blick auf die weitere Entwicklung dieser Gattung verdeutlicht die vor 1914 unterschätzte Bedeutung der modernen Maschinenwaffen. An Maschinengewehr-Kompanien/ - Abteilungen verfügte das deutsche Heer bei Kriegsbeginn über 360, Ende 1915 waren es schon 450. Daneben gab es zu diesem Zeitpunkt noch 80 Maschinengewehrzüge bei der Kavallerie. Die Maschinengewehre wurden aber dauernd vermehrt. Im Herbst des Jahres 1916 wurde verfügt, dass jetzt jedes Infanterie-Bataillon 1 und jedes Jäger- und Sturm-Bataillon 2 Maschinengewehr-Kompanien haben musste. Gleichzeitig wurden zusätzlich Maschinenwehr-Scharfschützen-Abteilungen (zu je 3 Kompanien) gebildet. 1918 gab es insgesamt 2300 Maschinengewehr-Kompanien (=27600 Maschinengewehre). Nach anderen Quellen betrug der Bestand an Maschinengewehren zum Ende des Krieges ca. 100000. Vor allem das Maschinengewehr hatte durch seine enorme abstoßende Wirkung die kämpfenden Parteien gezwungen sich  einzugraben und damit die Fronten erstarren lassen. Die Kavallerie musste absitzen und das automatische Maschinengewehr regierte fortan das Schlachtfeld.

Über seine Ausbildung beim 7. württembergischen Infanterie-Regiment Kaiser Friedrich Nr. 125 (Stuttgart) berichtet ein Zeitgenosse (Gotthilf Fritz): „Wir Lehrer wurden mit den Einjährigen ausgebildet. Keinem von uns Lehrern war es möglich, außerhalb der Kaserne zu wohnen. Wir waren die ersten Lehrer, die 1 Jahr dienen mussten, statt früher nur 10 Wochen, dann 6 Wochen und 4 Wochen. Man hieß uns Kaserneneinjährige. Von uns forderte man die gleichen Leistungen wie von den Einjährig-Freiwilligen. Wir hatten aber alle Nachteile der anderen Rekruten zu teilen. Wenige Jahre später dienten dann viele als Einjährig-Freiwillige. Die Beschaffung der Gelder war nicht einfach. Wir hatten keine Schnüre an den Achselklappen (in Württemberg waren diese Schnüre schwarz/ weiß/ rot). Von Mitte Oktober 1900 ab war der Ausbildungsdienst sehr anstrengend. Ich konnte mich nicht, wie andere, in der Kantine hinter einem Krug Bier erholen. Ungute Unteroffiziere, ohne Talent und Bildung, raubten einem viel Soldatenfreude, aber ich war dennoch gern Soldat und hielt mich dadurch aufrecht ….“5.

Bei den Jägern und Schützen wurde auf die Schießausbildung besonderen Wert gelegt. Das Schulschiessen erfolgte auf Schießständen, das Gefechtsschießen einzeln und im Verband auf Truppenübungsplätzen oder im Gelände. Für gute Schiessleistungen gab es Schießpreise bzw. besondere Auszeichnungen. Besondere Verdienste um die Ausbildung der Jäger und Schützen erwarb sich ab 1894 Generallieutenant Karl Johann Eduard von Müller (1841 - 1932). Dieser war bis 1893 Inspekteur der Infanterieschulen gewesen6.

Eine besondere Einrichtung zur vertiefenden Ausbildung war das  Lehr-Infanterie-Bataillon in Potsdam. Zu dieser Einheit kommandierten die preußischen, sächsischen und württembergischen Infanterie-Regimenter Mannschaften zur besonderen Fortbildung, auch das 1. und 2. See-Bataillon, nicht die Jäger-Bataillone. Das Bataillon trat jährlich im Oktober zusammen, der Kursus dauerte 1-1 ½ Jahre. Bekannt war das jährlich statt findende "Schrippenfest", ein Höhepunkt im militärischen Leben der Garnisonstadt Potsdam. Im Lehr-Infanterie-Bataillon wurden die Uniformen der Heimat-Regimenter weiter getragen, aber keine Haarbüsche, an den Achselklappen als besondere Auszeichnung eine rote bzw. gelbe Schnur.

Nach dem o. g. Exerzier-Reglement für die Infanterie (S. 5) sind „durch die in der Turnvorschrift gebotenen Übungen …. Gelenkigkeit, Körperbeherrschung und gute Haltung zu fördern, bevor Straffheit und Schnelligkeit bei der Ausführung der Bewegungen verlangt wird“. Der Turnunterricht umfasste Frei-, Gewehr- und Rüstübungen (an Geräten) und angewandtes Turnen (im Gelände).  "Diese Übungen sollen ein wertvolles Hilfsmittel für die militärische Erziehung und Ausbildung des Soldaten sein. Durch sie sollen Mängel in der körperlichen Entwicklung des Mannes beseitigt oder doch gemildert, Kraft und Gelengigkeit, Körperbeherrschung und gute Haltung, Mut, Selbstvertrauen und Opferwilligkeit erweckt und gefördert werden"7.  Jüngere, besonders veranlagte Offiziere wurden hierzu zur Militär-Turnanstalt abkommandiert, um später als Lehrpersonal zu ihren Truppenteilen zurück zu kehren. Dort fanden dann unter deren Leitung alljährlich Kurse für Unteroffiziere und Vorturner statt. Vor allem in den Wintermonaten gab es auch Turn- und Fechtunterricht für die dienstlich abkömmlichen Lieutenants und Oberlieutenants. er jeweilige Kompaniechef usw. war für den Turnbetrieb in seinem Befehlsbereich verantwortlich. Die Mannschaften wurden entsprechend ihrer Leistung in zwei Turnklassen eingeteilt. Wettbewerbe und Spiele sollten den Ehrgeiz der Soldaten befördern.    

Beim Bajonettfechten unterschied man das Schul- und Kontrafechten. Aus Sicherheitsgründen trugen die Soldaten besondere Schutzkleidung, die Bajonettspitzen waren gepolstert bzw. mit Stossscheiben versehen. Die Turnübungen sollten den Soldaten „entschluss- und angriffsfreudig“ machen. Im Sommer wurde ein Teil der Mannschaften im Schwimmen ausgebildet.

Die Kavallerie hielt 1893 an der 3jährigen Dienstzeit fest, die Mannschaften blieben aber nur 3 Jahre in der Landwehr des 1. Aufgebots8. Die Kavalleristen wurden im Reiten und Exerzieren ausgebildet, wobei die Ausbildung zu Fuß reduziert war. Zur Ausbildung gehörten auch Schießübungen, aber mit einem deutlich geringeren Zeitvolumen im Verhältnis zur Praxis bei der Infanterie.  Die Unteroffiziere erlernten auch das Revolverschiessen.

Im ersten Dienstjahr sollten Gangarten erlernt werden, wobei der Reiter mit dem Pferd auch seine Waffen gebrauchen musste. Die Reitfertigkeiten wurden dann weiter ausgeformt und von der Einzelausbildung zum Reiten in der geschlossenen Formation (Reiten auf der Stelle, Bewegungen im Verband und Attacken) übergegangen. Hierzu hieß es im Exerzier-Reglement für die Kavallerie vom 03.04.1909: "Die exerziermäßige Ausbildung zu Pferde erfolgt der Hauptsache nach in der Eskadron; sie wird im Regiment weitergeführt und erreicht ihren Abschluss in der Brigade. Aber auch hier wie beim Regiment beruht die Leistung des größeren Verbandes auf dem festen Gefüge der Eskadron"9.

Die sorgfältige Einzelbildung von Mann und Pferd wurde als Grundlage  der Gesamtausbildung betrachtet. Im Zuge der Einzelausbildung wurde vor allem Gewicht gelegt auf "Befestigung des Tempos im Schritt, Trab und Galopp, Ausbildung im leichttraben, im verstärkten Galopp und im vollem Lauf, gewandtes reiten im Gelände und Überwinden von Hindernissen aller Art, schnelles Aufnehmen und Festhalten einer gegebenen Marschrichtung, sichere und geschickte Handhabung der Lanze gegen verschiedene Ziele und rasches Auf- und Absitzen"10. Bereits im Sommer des Jahres 1888 erhielten einige preußische Kavallerie-Regimenter die Lanze, zunächst nur die Kürassiere, dann offiziell ab dem 02.06.1889 alle Kavallerie-Regimenter. Vorher war sie nur von den Ulanen und von der Landwehr-Kavallerie (bis 1852) geführt worden. Zunächst aus rohem Holz, wurde sie später geschwärzt. Sie hatte eine eiserne Spitze und wurde bei Nichtgebrauch in einen Schuh am Steigbügel gesetzt. Die geübten Kavalleristen ritten auch die Remonten zu. Zur Ausbildung gehörte ferner das Kontrafechten mit der Lanze, sowie Turnübungen auch zu Pferde. Insgesamt sollte "die Kavallerie ihre Aufgaben stets offensiv zu lösen suchen"11.

Neben der üblichen Ausbildung des Kavalleristen im Reiten und Exerzieren einzeln und im Verband gab es auch Sonderausbildungen, z. B. Kommandos von Unteroffizieren und Kapitulanten zur Kavallerie-Unteroffiziersschule und zur Schieß- und Telegraphenschule bzw. von Offizieren zum Militärreitinstitut, zur Turnanstalt, Schieß- und Telegraphenschule und zur Kriegsakademie. Das Militärreitinstitut mit Offizier-Reitschule und Kavallerie-Unteroffizierschule war dem X. Armeekorps zugehörig und stand in Hannover bzw. Soltau. Die Entwicklung des Militärreitinstitutes geht auf das Jahr 1816 zurück. Am 10.12.1816 wurde das Militärreitinstitut für Offiziere; Unteroffiziere und Mannschaften der Kavallerie (später auch der Feldartillerie) gegründet. In 1849 kurze Zeit aufgelöst wurde es im gleichen Jahr wieder errichtet, die Trennung zwischen Offizier-Reitschule und Kavallerie-Unteroffizier-Schule erfolgte 1872. Standort der Einrichtung war von 1816 – 1849 Berlin, von 1849 – 166 Schwedt a. O. und ab 1866 Hannover/ Soltau.

Bei der Feldartillerie war neben der Bedienung am Geschütz auch die Ausbildung im Reiten und Fahren erforderlich. Die Ausbildung im Reiten ähnelte der Praxis bei der Kavallerie. Die Fahrer mussten in der Lage sein, ein bespanntes – sechsspänniges – Geschütz in allen Gangarten und bei allen Bodenverhältnissen zu beherrschen, sie mussten das Gespann zum Auf- und Abprotzen wenden und Hindernisse überwinden können. Bei den fahrenden Batterien saßen die Bedienungsmannschaften auf, bei den reitenden Batterien folgten diese den Geschützen zu Pferde. In der Exerziervorschrift der Fußartillerie hieß es, dass diese im Verein mit der Feldartillerie der Infanterie den Weg zum Siege bahnen sollte. Hauptaugenmerk sollte deshalb auf gutes Schießen gelegt werden. Als Voraussetzungen hierfür galten Beherrschung des Geschützes, Beweglichkeit der Truppe und taktisches Verständnis der Führer. Richtübungen und Schulschießen waren Voraussetzungen für gutes Schießen, zudem musste Feuerleitung und die Übermittlung von Nachrichten sowohl bei der Feld-, als auch bei der Feld-Artillerie trainiert werden. Die Feld-Artillerie konnte die Truppenübungsplätze häufiger wechseln, da sie zwangsläufig beweglicher als die Fuß-Artillerie war. Die Kanoniere der Fuß-Artillerie wurden am Gewehr, in der Bedienung am Geschütz und auch für den Bau von Batteriestellungen ausgebildet. Die Fuß-Artillerie verfügte über mehr Geschützarten als die Feld-Artillerie. Es gab keine Ausbildung im Reiten, allerdings wurde – ähnlich wie bei der Infanterie – geturnt.

Ein Angehöriger erzählt über seinen Dienstalltag beim 1. Posenschen Feldartillerie-Regiment Nr. 20 (Posen wie folgt: "Am 10. Oktober (1908) trat ich als Zweijährig-Freiwilliger bei der 3. Batterie des Feldartillerieregiments Nr. 20 in Posen ein. Der Batteriechef, Hauptmann v. Ohnesorge und die "Mutter" der Batterie Wachtmeister Wanke, waren strenge Vorgesetzte. In den ersten Tagen merkte ich noch nichts von dem harten Soldatenleben, aber als der Dienst voll einsetzte, kam mir sehr schnell zu Bewusstsein, dass eine schwere Zeit vor mir lag. Die I. Abteilung, wozu auch unsere Batterie gehörte, lag noch in der alten, grauen Kaserne. Unsere Toilette, ein alter Steinkasten , befand sich auf dem  Kasernenhof, Waschräume existierten nicht, jeder besaß eine Waschschüssel (eine uns gegenüber auf der anderen Straßenseite liegende, später erbaute Kaserne war viel besser). Nach der Einkleidung setzte der Dienst ein.  Die Kanoniere wurden am Geschütz ausgebildet, die Fahrer im Fußdienst und im Reiten. Um 6 Uhr blies der Trompeter das Signal "Wecken"! Oft holte uns aber die Stallwache eine Viertelstunde früher aus den Betten, die aus Strohsack, Laken und blau-weiß überzogener Decke bestanden. Wehe dem, der nicht sofort aufstand, er konnte mit der Reitpeitsche Bekanntschaft machen. Unter den alten Fahrern befanden sich Leute, denen es eine Freude bereitete, die Rekruten zu tyrannisieren.

Die Rekrutenfahrer begaben sich nun im Trab in den Stall. Die Pferde wurden gestriegelt, die Mähnen und der Schweif ausgekämmt, die Hufe gereinigt, der Stand ausgemistet und mit frischem Stroh eingestreut, die Pferde gefüttert und die Stallgasse gefegt. Jeder musste von seinen beiden Pferden so und so viele "Striche" herunter striegeln, die auf der Stallgasse vor jedem Stand fein säuberlich kenntlich zu machen waren.  Inzwischen fegten die Kanoniere die Stuben aus, reinigten den langen Korridor, der sich an den Stuben des Batterie-Reviers entlang zog, schafften die großen Holzgefäße nach unten, die über Nacht auf dem Korridor für "kleine Bedürfnisse" aufgestellt waren, reinigten die Latrine auf dem Hof, füllten die Wasserkannen der Stuben auf dem Hofe mit Wasser und holten für die Stubenbelegung den Kaffee aus der Küche.

 Um 7 Uhr kamen die Fahrer aus dem Stall nach oben (wir lagen im 3. Stockwerk der Kaserne). Schnell reinigten wir uns, weil wir keinen Waschraum besaßen, in den Waschschüsseln und tranken dann unseren "Blümchen" Kaffee. Um 3/4 8 traten wir zum Dienst auf dem Kasernenhof an. Je nach dem Dienstplan folgte jetzt für die Kanoniere das geschützexerzieren und für die Fahrer das Reiten oder für die Kanoniere zusammen der Fußdienst. Um 11 Uhr war der Vormittagsdienst beendet. Die Kanoniere begaben sich auf die Stuben und die Fahrer zum Füttern der Pferde in den Stall. Gegen 12 Uhr gab es das Mittagessen, z. b. Brühreis oder dicke Nudelsuppe oder Linsen mit Wurst, Erbsen mit Kartoffeln und vieles andere mehr im Wechsel, jeden Tag etwas anderes. Um 12.45 Uhr war Appel mit irgendeinem Bekleidungs- oder Ausrüstungsstück. Sachen, die nicht ganz oder sauber waren, brachten gewöhnlich eine Stunde Nachexerzieren ein. Im Anschluss daran ging der Dienst auf dem Kasernenhof bis um 17 Uhr weiter. Dann folgten noch eine Stunde Unterricht, die Befehlsausgabe und die Putz- und Flickstunde. Der Dienst endete jeden Tag mit dem Ausfegen der Stube durch den Stubendienst. Dann trat endlich Ruhe ein. Nach dem Blasen des Zapfenstreiches um 22 Uhr lagen alle Rekruten bald in tiefen Schlummer.   

Als Kanonier besaß ich: 1 Paar Stiefel ("Knobelbecher"), 1 Paar Schnürschuhe, Waffenrock, Hose, Drillichanzug, (Jacke und Hose), Hemd, Unterhose, Helm, Seitengewehr, Koppel, Halsbinde und Mantel (die Fahrer hatten eine lederbesetzte Reithose, Reitstiefel, Sporen, Bandelier mit Kartusche, Fahrerkoppel und langen Säbel). Der Waffenrock hatte6 Messingknöpfe vorn, je einen auf beiden Schultern und 2 Messinghaken auf dem Rücken., auf denen das Koppel lag. Die Knöpfe mussten mit Hilfe der Knopfgabel blank geputzt werden. Dazu kam der Messinggriff des Seitengewehrs und der messingbeschlagene Helm mit der Schuppenkette. Keiner durfte es wagen, mit ungeputzten Knöpfen oder dgl. zum Dienst zu erscheinen! "Knobelbecher", Reitstiefel, Schnürschuhe und der der Lederbesatz der Reithosen mussten ebenfalls täglich spiegelblank geputzt werden, ebenso die Sporen, Trensen usw. Beim Schuhwerk dürfte kein Sohlennagel fehlen.

Im Winter waren wir froh, wenn wir nach dem Dienst im Freien unsere mit einem vorsintflutlichen Ofen beheizte Stube aufsuchen konnten. Rekruten durften wir bis kurz vor Weihnachten nicht allein ausgehen, wir waren ja noch keine vollgültigen Soldaten. Jeder Geschützführer (Unteroffizier) führte deshalb am Sonntag sein Häuflein aus, irgendwohin, wo es etwas zu sehen gab. Das war für uns stets ein Erlebnis und eine Abwechslung. Ein Seidel Bier kostetet 10 Pfennige und eine Schachtel Zigaretten (10 Stück) ebenfalls 10 Pfennige. Trotzdem mussten wir sparsam mit unserem Geld umgehen, denn wir bekamen ja nur eine karge Löhnung von 9 Mark im Monat. Eine Freundin konnten wir uns bei diesem "königlichen" Sold schon gar nicht anschaffen..."12.

Im Jahre 1897 wurde die 7,7 cm Feldkanone eingeführt, dies war die Antwort auf die Modernisierung des französischen Geschützmaterials. Die Feldkanone 96 hatte eine höhere Feuergeschwindigkeit und Vorrichtungen, die den Rücklauf bremsten. Die Kartuschen hatten Metallhülsen. Der Einsatz erfolgt in Batterien mit je 6 Geschützen. Die Zahl der Munitionswagen wurde pro Batterie reduziert (vorher 9, jetzt 6), dafür aber Munitionskolonnen für jedes Regiment - ab 1909 für jede Feldartillerieabteilung -  eingeführt. Auch die reitenden Batterien (bei den Kavallerie-Divisionen) wurden entsprechend ausgestattet. 1899 wurden zur Bekämpfung versteckter Ziele 10,5 cm Feldhaubitzen eingeführt. Ab 1905 erhielten die Feldkanonen zum Schutz der Besatzungen Schutzschilder, auch der Rohrrücklauf wurde verbessert. Nun wurden die Geschütze grau (vorher blau) gestrichen. Beobachtungswagen zur Verbesserung der Schussleistungen wurden ab 1909 eingeführt, der Beobachter stand dabei auf einer hohen Leiter und wurde durch ein Panzerschild geschützt. Neben der Steigleiter stand ein Scherenfernrohr zur Verfügung. Auch die o. g. Feldhaubitzen erhielten jetzt einen Rohrrücklauf. Die neue Schießvorschrift für die Feldartillerie entstand vor allem unter der Ägide von Generalmajor Adolf Louis Theodor Richard von Schubert  (1850 - 1933). Dieser war ab dem 12.09.1896 Kommandeur Feld-Artillerieregiments Nr. 30, ab dem 15.06.1899 Kommandeur der 16. und ab dem 01.10.1899 Kommandeur der 33. Feld-Artilleriebrigade. 1907 wurde er Inspekteur der Feldartillerie und General der Artillerie13

Pioniere waren Spezialtruppen die schon früh im Festungskampf und beim Kriegsbrückenbau zum Einsatz kamen. Sie hatten aber auch Flussübergänge zu erbauen - z. B. Ponton- oder Behelfsbrücken - (oder zu zerstören) oder Ortschaften oder Geländeabschnitte in verteidigungsfähigen Zustand zu versetzen oder Hindernisse auf dem Marschweg zu beseitigen oder Wege herzustellen. Im Gelände hatte sie Schützengräben und Unterstände für die Infanterie zu errichten und Deckungen für die Feldartillerie anzulegen. Bei Belagerungen hatten sie die notwendigen Erdarbeiten - z. B. zur Errichtung von Annäherungsgräben - auszuführen. Der Schwerpunkt der Ausbildung der Pioniere war deshalb technisch orientiert, die rein militärische Ausbildung entsprach der der Infanterie.

Die Eisenbahntruppenteile gehörten zu den Verkehrstruppen und hatten für die Mobilität und die Versorgung im zukünftigen Krieg zu sorgen. Die Ausbildung und der Dienst ähnelte bis hin zum Bau von Fluss- und Talübergängen mit der bzw. dem der Pioniere. Zu den Hauptgebieten gehörten der Bau und Betrieb von Feld- und teilweise auch von Förderbahnen, den Umbau von Bahnen mit nicht normaler Spurweite in normale Spur und umgekehrt, der Bau von kriegsbrücken für alle Bahnarten mit vorbereitetem oder unvorbereitetem Material, die Wiederherstellung (oder Zerstörung) von Eisenbahnen (Sprengtechnik) und die Anlage feldmäßiger Bahnhöfe mit allen dazugehörigen feldmäßigen Einrichtungen (Signaleinrichtungen, Wasser- und Kohlenanlagen usw.)14.  Die rund 70 km lange Militäreisenbahn von Berlin über Zossen nach Jüterbog diente der Ausbildung im Betriebs-, Bahnunterhaltungs- und Werkstättendienst. "Doch nicht nur auf ihren Übungsplätzen zeigte sie - die Eisenbahntruppe - ihr Können. In fast allen Gegenden Deutschlands streckten Eisenbahnkompagnien und Kommandos beim Bau von Vollbahnen mit vielen hundert Kilometern den Oberbau, für die Umgehungsbahnen bei Neubauten wurden große Brücken gebaut, wie über die Lahn, die Spree, die Elbe oder Oder, die monatelang im Betriebe sich bewährten. 1900 in China, 1905 in Südwestafrika vollbrachten die dorthin entsandten Teile ganz besondere technische Leistungen, mussten dabei die schwersten Hindernisse zu überwinden"15.

Die Angehörigen des Trains fungierten im Kriegsfalle als Fahrer und Wagenführer bei den verschiedenartigen Kolonnen, Stäben und Trains Aus diesem Grund konzentrierte sich die Ausbildung auf das Reiten und Fahren, insbesondere war das Fahren (auch im Verband) mit Vier- und später mit dem Sechsgespann zu erlernen. Das Fahren eines Zweispänners vom Bock mussten alle Mannschaften erlernen. Die übrige Ausbildung im Exerzierdienst zu Fuß  und die Waffenübungen mit dem Karabiner fanden nur eingeschränkt statt. Zum Train gehörten auch die Bespannungsabteilungen der schweren Artillerie und der Telegraphenabteilungen. Zum 01.10.1904 traten letztere aber zu den entsprechenden Telegraphen-Bataillonen.

Seit dem 30.03.1877 gab es in Preußen eine Inspektion der Militär-Telegraphie, die am 01.10.1889 aufgehoben und durch eine Inspektion der Telegraphentruppen ersetzt wurde. Ab dem 01.10.1913 gab es drei Inspektionen der Telegraphentruppe unter einer Inspektion der Feldtelegraphie. Am 25.03.1899 wurde zunächst die Aufstellung von insgesamt 3 Telegraphen-Bataillonen befohlen (Berlin, Franfurt/Oder, Koblenz), vorher hatten Telegraphen-Detachements bei den 4. Kompanien der Pionier-Bataillonen bestanden. Eine entsprechende schulische Einrichtung hieß ab dem 01.10.1899 Kavallerie-Telegraphenschule (Berlin), später wurde sie zur Kriegstelegraphenschule mit Funkerschule erweitert (Ruhlleben-Spandau) . Hierzu wurden auch Unteroffiziere und Mannschaften der Pionier-Bataillone abkommandiert.  Bayern  stellte seine Telegraphentruppe ab 1888 (2 Bataillone) und Sachsen  ab 1911/12 (Bataillon Nr. 7) auf. Schon ab 1899 gehörten aber zu den weiter oben genannten Bataillonen sächsische und württembergische Anteile. Zum ab dem 29.06.1912 errichteten Bataillon Nr. 5 (Klausdorf-Sperenberg) gehörten auch württembergische Kompanien. Aufgabe der Telegraphentruppen war vor allem der Bau und der Betrieb von Telegraphenleitungen, die Ausbildung ähnelte im Übrigen der Pioniere. Zum Schluss des zweiten Dienstjahren mussten die Mannschaften eine Prüfung als Feld-Telegraphist ablegen.

Das Reichsheer war zu Beginn des 20. Jahrhunderts trotz Eisenbahn und beginnender Motorisierung auf das Pferd angewiesen, dies galt sogar noch für die Wehrmacht im 2. Weltkrieg. In Preußen existierten 19 Remontedepots. 1913 standen dort über 11000 Remonten = junge Militärpferde. Bayern hatte 4 Remonte-Depots (zusammen 2400 Remonten, diese verfügten über 6266 ha. Die bayerische Remonte-Kommission hatte ihren Sitz in München. Ferner gab es noch in Sachsen (1650 Remonten) und Württemberg (252 Remonten) Depots. Die Remonten wurden von Remonte-Kommissionen vor allem Ostpreußen, Hannover, Mecklenburg usw. angekauft. Die Remonten wurden von so genannten Remonten-Ankaufskommissionen im Alter von 3-4 Jahren aufgekauft und zunächst in den Remontedepots vorgehalten. Im Alter von 4-5 Jahren wurden die Remonten an die jeweiligen Truppenteile abgegeben bzw. von Kommandos derselben aus den Remontedepots abgeholt. Man ging bei den Pferden bei der Kavallerie von einer Dienstzeit von 10 Jahren aus (bei der Feldartillerie und den Maschinengewehr-Abteilungen etwas weniger). Nach dieser Zeit wurden die Pferde ausrangiert und öffentlich verkauft. Zum Etat des deutschen Heeres gehörten im Jahre 1913 157816 Dienstpferde (Preußen: 123487, Bayern: 16918, Sachsen: 12116, Württemberg: 525), davon allein bei der Kavallerie 80248 und bei der Feldartillerie 57339 (die Infanterie hatte nur 4821 Dienstpferde). Dazu kamen noch die eigenen Pferde der Offiziere usw. Zum mobil gemachten Feldheer gehörten 1914 insgesamt 726670 Pferde. Zur Etatstärke der ganzen Armee des Norddeutschen Bunds (einschließlich Sachsen und Hessen) hatten im Jahre 1868 noch 73307 Pferde gerechnet.

In den Garnisonen waren die Pferde in Stallungen untergebracht, in diesen hatte jedes Pferd einen eigenen Standplatz. Hier wurde auch Sattelzeug/ Geschirr aufbewahrt. Der Stalldienst nahm im täglichen Dienst viel Zeit in Anspruch. Die Pferde waren zu tränken, zu füttern, zu putzen, die Ställe zu reinigen. Für den Stalldienst war die jeweilige Stallwache zuständig. Sonntags hatten auch die Pferde Ruhetag. Als Futter wurde vor allem Hafer, Heu und Stroh verwandt. Das Futter erhielt die Truppe von den Proviantämtern oder wurde durch Unternehmer geliefert. Auf dem Marsch konnten – gegen Bezahlung – Naturallieferungen von den Örtlichkeiten auf dem Lande einfordert werden. Das Futter wurde für die Dienstpferde kostenfrei gestellt. Für die Pferde der Offiziere nur insoweit, als diese laut den Verpflegungsetats rationsberechtigt waren. Es gab – je nach Beanspruchung der Pferde – gestaffelte Rationssätze. Auf dem Marsch und bei Übungen gab es größere Rationen.   

Der Hufbeschlag der Pferde erfolgte durch die Fahnenschmiede des Regimentes, zumeist in eigenen Schmieden in der Garnison. Auf dem Marsch wurde auf Dorfschmiede usw. zurückgegriffen. Im Feld gab es besondere Feldschmieden. Der Hufbeschlag wurde in besonderen Lehrschmieden erlernt. 1914 waren 8 Militär-Lehrschmieden vorhanden. Die preußischen Lehrschmieden waren in Berlin, Breslau, Frankfurt a. M., Hannover, Karlsruhe und Königsberg/ Ostpreußen, die sächsische Lehrschmiede waren in Dresden. Hier fanden entsprechende Kurse statt.

Der Ablauf des täglichen Dienstes war bei den einzelnen Waffengattungen durchaus unterschiedlich, neben der Reinigung der Kasernenräumlichkeiten, Exerzieren, Turnen, Schiessen, Appell, Stalldienst gehörte allerdings die so genannte Flick- und Putzstunde zum festen Bestandteil der Tagesroutine.

In dem populären Werk über „Das Alte Heer“ von H. C. v. Zobeltitz wird diese wie folgt anschaulich geschildert: „Inzwischen war es 6 Uhr nachmittags geworden. Wieder ertönte auf dem Flur ein Signal: „Putzstunde“. Müller V holte as seinem Spinde die drei Zigarrenkisten, die außen an der Querseite Aufschriften trugen: Nähkasten, Putzkasten, Wichskasten.  Er stellte die drei Kisten auf den Tisch vor sich hin, nahm auf dem Schemel Platz und nun konnte die „Wienerei“ losgehen. Der Blechdeckel der Dose, in welcher der Putzkrem „Amor“ sich befand, wurde abgenommen und mit Spiritus gefüllt – als ganz „nasser Rekrut“ hatte Müller V Nordhäuser zum Putzen aus der Kantine holen müssen, der jedoch merkwürdigerweise hinter den Binden der „alten Knochen“ verschwand – der Blechdeckel war nun der Kochapparat, über dessen Flamme  Wachs dickflüssig gemacht und mit einem Sektkorken – er stammte von einer Kasinoordonnanz, mit dem dieserhalb Müller V Freundschaft geschlossen – auf das schwarze Lederkoppel aufgetragen du verrieben wurde. Müller V trug als „Füsilier“ schwarzes Lederzeug. Die beiden Grenadier-Bataillons des Regiments trugen weißes und sahen verächtlich auf den „Lack“ herab. – Wenn nun das Koppel schön erglänzte, wurde es über der Flamme hin und her gezogen und abgebrannt und dann nochmals „gewienert“. Dieses galt noch als eine einfache Kunst. Schwieriger war die Behandlung der Patronentaschen. Der rechte Zeigefinger wurde in einen kleinen Flanelllappen gesteckt und dann machte Müller V mit seinem Zeigefinger lauter kleine Kringelchen immer rechts herum auf der Patronentasche, je schneller und je länger, desto besser wurde der Glanz. Nach einer Viertelstunde, die für diese Arbeit für jeder beiden Taschen benötigt wurde, wischte Müller mit dem Polierlappen über die glänzende Ledertasche – und nun ging es an die Mantel- und Hilfstrageriemen des Tornisters, die mit „Lederappretur“ geschwärzt wurden, doch die Messingknöpfe an diesen Riemen durften beileibe nichts abbekommen und ganz vorsichtig wurden sie, sollte sich ein Spritzer darauf festgesetzt haben, mit Spiritus wieder abgewaschen. Nun kam der Hem an die Reihe. Der Grenadieradler wurde abgeschraubt und mit Kreide und Drahtbürste gesäubert. Nachdem er dann wieder mühevoll festgeschraubt worden, was gar nicht so einfach war, da sich die steifen Finger schlecht zum Schlüssel für solch kleine Schrauben eigneten, musste die Helmspitze geputzt werden. Müller V klemmte den Helm zwischen seinen Leib und die Tischplatte, sodass die Spitze in das Holz piekte und der untere Teil des Leders sich gegen seinen Bauch presste. Nachdem nun mit dem Putzlappen vorsichtig „Amor“ aufgestrichen war, wurde der Lappen über Spitze und Tülle gelegt, mit beiden Händen an dem unteren Ende gepackt und liebevoll auf und ab gezogen. Die Schwierigkeit bei dieser Prozedur bestand darin, dass um Himmelswillen die Helmspitze nicht verbogen werden durfte. Nun die Schuppenketten. Die Musketiere mit ihren Sturmriemen hatten es besser, sie brauchten sich mit diesen widerspenstigen Schuppen, die sich jedes Mal beim Putzen verbogen und dann hinterher wieder so schwer zurecht zu kriegen waren, nicht zu planen. „Rot , Riemen rechts“, sagte Füsilier Müller V leise vor sich hin, um beim Zusammensetzen des Helmes keinen Fehler zu machen, denn die schwarzweißrote Reichskokarde musste ebenso wie jene Schuppenkette, an der der Riemen saß, auf der rechten Seite getragen werden. Die Knöpfe des Waffenrockes waren bald auf die Knopfgabel gestreift und mit „Amor“ blank gefegt – doch nun kam das schlimmste, die Litzen, die Müller V am Kragen trug. Es waren keine Gardelitzen, nur Grenadierlitzen, aber ebenso schwer wie die zu behandeln. Mit „Litzenbürste“ und Seifenschaum wurden sie erst gewaschen, nun kam das Universalhandtuch wieder an die Reihe, mit dem sie getrocknet wurden., damit ja nicht von dem weißen Zeug – Litzentusche genannt , das mit dem Litzenpinsel vorsichtig aufgetragen wurde, etwas auf den Kragen verlief. Als nun endlich auch dieses Werk vollbracht, da ging es an das Nähen der „Lumpen“. Flicken auf Flicken saß auf der sechsten Hose, deren Nähte beim heutigen Exerzieren wieder einmal aufgeplatzt waren. Am Knie war ein richtiges Dreieck gerissen und der Saum am Hosenbeinende abgetreten – und dies und das und kein Ende. Hans nähte, so gut er es den „alten Knochen“ abgesehen und von ihnen gelernt, nähte mit einem Fingerhut aus Blei, der die Größe eines kleinen Likörgläschen hatte, und Soldatenzwirn in Stärke 1. Mit dem Fingerhut wollte es aber doch nicht so recht gehen, da benutzte Hans lieber die Tischplatte, um die Nadel durch den widerspenstigen Stoff zu stoßen. Ab und zu „piekte“ er sich, dann „lutschte“ er das Blut vom Finger, um nicht die Garnitur zu beflecken. Müller V schaute nach der Uhr. Gleich musste die Putzstunde aus sein und die Stiefel  waren noch nicht geputzt, weder die seinen, noch die vom Kameraden Jonas, dem er heute Morgen die Arbeit versprochen. „Putzstunde aus! Antreten zum Befehlsempfang!“16.

Weitere feste Bestandteile des Dienstalltages waren ferner Wachen und Postenstehen. Es gab Ehren- und Sicherheitswachen/ -posten. Wachen sollten die allgemeine Sicherheit wahren, gleichzeitig wurde hierbei der allgemeine Wachdienst trainiert. Der allgemeine Wachdienst in den Garnisonen oblag  vor allem den Fußtruppen, die berittenen Truppen stellten vor allem die Wachkommandos vor den eigenen Kasernen.  Ehrenwachen erhielten Fürstlichkeiten usw. Die Wachkommandos hatten besondere Befugnisse, waren Vorgesetzte der Unteroffiziere und Mannschaften (nicht der Offiziere) und versahen Polizeiaufgaben.

Paraden und Besichtigungen waren Ausdruck des Inspektionsrechts des Kaisers und stellten Höhepunkte im militärischen Alltag dar. Parade bedeutete in diesem Sinne Musterung bzw. Heerschau. Im Rahmen der Parade unterschied man Aufstellung und Vorbeimarsch, beides war Anlass und Möglichkeit zugleich, Disziplin und Ausbildungsstand der beteiligten Einheiten zu messen. 

Seit dem Anfang der 90iger Jahre des 19. Jahrhunderts die Gefechtsentfernungen der Infanterie sich auf über 2000 m erweiterten, musste man von den herkömmlichen Exerzierplätzen auf regelrechte Truppenübungsplätze ausweichen. Diese wurden nun für die jeweiligen Armeekorps aufgekauft. Hier wurden die Regiments- und Brigade-Exerzierübungen und kriegsmäßigen Schießübungen der Infanterie- und Feldartillerie abgehalten. Auch die Kavallerie absolvierte hier eine Reihe von Übungen. Truppenübungs- und Schießplätze waren in Döberitz, Arys, Jüterbog, Alten-Grabow, Posen, Lamsdorf, Senne, Wesel, Elsenborn, Lockstedt, Munster, Hagenau, Gruppe und Hammerstein, Darmstadt, Wahn, Thorn, Lechfeld, Hammelburg, Zeithain, Münsingen. Bei den größeren Truppenübungen unterschied man Regiments- und Brigadeübungen, größere Kavallerieübungen und besondere Übungen bzw. Manöver. In jedem Jahr wurden die Armeekorps bestimmt, die vor dem Kaiser größere Truppenübungen (= Kaisermanöver) abzuhalten hatten. Bei den jährlichen Übungen sollten die Übungsgegenden gewechselt werden, auch um die Belastung der Bevölkerung zu minimieren. Während der größeren Truppenübungen wurde der Wachdienst in den Garnisonen auf ein Mindestmaß beschränkt, Beurlaubte wurden zur Erhöhung der Ausrückstärke eingezogen. Die Eingezogenen wurden zunächst durch Einzelausbildung wieder auf das ursprüngliche Ausbildungsniveau gebracht.

Die größeren Truppenübungen dauerten in der Regel 10 Tage.  Es gab Manöver zweier Parteien oder gegen einen markierten Feind  im Verband der Division oder des Armeekorps  Hierbei sorgten Schiedsrichter für im Frieden fehlende kriegsmäßige Bedingungen, um einen zu schnellen – unrealistischen – Verlauf der Übungen zu verhindern. Dazu allerdings ein Zeitgenosse: „Im Verlauf dieser Kaisermanöver merkte man einsichtigen Generalstäblern und vielen älteren Offizieren eine gedrückte Stimmung an. Statt das man die Führer vor wichtige Entschließungen stellte, die kriegsgemäßen Situationen entsprangen, handelte es sich lediglich um eine größere oder geringere Abhängigkeit vom Kaiserlichen Hauptquartier. „Es darf nicht zu weit werden“. „Es müssen Bilder gezeigt werden“. „Massenangriffe sind bevorzugt“. „Es muss hier zum Kampfe kommen, da nur hier die Kavallerie attackieren kann“. Das waren mehr oder minder leitende Gesichtspunkte. Und nun die Ausführung! Wirkliche Aufklärung der Kavallerie kam kaum zur Darstellung. Auf Artilleriewirkung wurde gar keine Rücksicht genommen. Ebenso wurde auch kaum ein Infanterieangriff vorbereitet. Vom Schießen hielt man ebenso wenig. Die Führer befanden sich vor den Schützenlinien, die Kolonnen beinahe in den Schützenlinien, die Kavallerie attackierte, wenn es sicher ganz unmöglich war, kurz, man konnte hin und wieder sehen, wie man es nicht machen soll. Sehr selten das Gegenteil. Und dazu die Zusammenziehung dieser Massen, diese Kosten!  Nein, es war betrübend, und für mich, da ich häufig in der Nähe der fremdländischen Offiziere war, auch beschämend. Dahin kommt man in Friedenszeiten mit dem Befehl: „ Zu Befehl, Eure Majestät“. Und wie wird es im Kriege sein?“17

Dennoch brachten die großen Herbstübungen auch Erkenntnisse, so offenbarte der kommandierende General Hermann August von Grolmann (1829 - 1893) nach einem solchen Manöver mit den drei Divisionen seines Korps seinen Untergebenen: "Ich habe heute etwas gelernt, von hinten kann man nicht führen! Ich danke, meine Herren!"18

Die Felddienstordnung vom 22.03.1908 betonte, dass „Erzieher und Führer auf allen Gebieten der Offizier ist. Dies fordert von ihm sowohl Überlegenheit an Kenntnissen und Erfahrungen, wie sittlichen Ernst und Charakterstärke. Ohne Scheu vor Verantwortung soll jeder Offizier in allen Lagen – auch den außergewöhnlichsten – seine ganze Persönlichkeit einsetzen. Die Vorgesetzten müssen dieses Einsetzen der Persönlichkeit anregen und fördern“ (S. 9). Eine besondere Rolle kam in diesem Zusammenhang dem Regimentskommandeur zu. Auf seinen Umgang und Einfluss auf das jeweilige Offizierkorps wurde höheren Orts besonders geachtet, so heißt es z. B. über den Regimentskommandeur des IR 60,  Oberst Philip Wilhelm Friedrich von Dorndorf in einer Beurteilung des kommandierenden Generals des XV. Armeekorps vom 01.01.1879: "Es hat mit ihm für das Regiment eine neue Ära begonnen, deren gute Früchte bei letzterem schon sichtbar hervortreten und in der unter seinem Vorgänger verlorengegangenen Harmonie im Offizierkorps, in dem freudigen Sinn, der sich im Kreise desselben desselben allgemein kundgibt und in dem sehr bemerkbaren Streben, alles das wieder gutzumachen, wodurch einzelne dem guten Ruf des Ganzen geschadet hatten. Der Oberst hat ein warmes Herz und fürsorglichen Sinn für seine Untergegebenen, weiß auf dieselben auch geistig einzuwirken, anregend und belehrend, und zeigt ihnen in seiner Person das Vorbild eines edlen Menschen und Charakters. Auf den im Elsass schwierigen Offizierersatz sehr bedacht und erfolgreich tätig, in ihm und seinem Hause fand das Offizierkorps einen würdigen Mittelpunktseiner kameradschaftlichen und geselligen Beziehungen"19

Im Offizierkorps galt noch eine traditionsgeleitete Wertewelt, so spielte der Ehrbegriff nach wie vor eine große Rolle. Um den negativen Folgen einer Überhöhung des Ehrbegriffes vorzubeugen, wurden bei den verschiedenen Truppenteilen so genannte Ehrengerichte eingesetzt. Entsprechende Bestimmungen enthielt die Allerhöchste Verordnung über Ehrengerichte der Offiziere im preußischen Heere vom 02.05.1874 und ergänzende Vorschriften. Offizieller Zweck der Ehrengerichte für Offiziere war, „die gemeinsame Ehre der Genossenschaft wie die Ehre des Einzelnen zu wahren. Sie sollen gegen solche, deren Benehmen dem richtigen Ehrgefühl oder den Verhältnissen des Offizierstandes nicht entspricht, einschreiten und unwürdige Mitglieder aus demselben entfernen, anderseits aber die Offiziere von unbegründeten Verdächtigungen ihrer Ehrenhaftigkeit reinigen, insofern andere standesgemäße Wege nicht vorhanden sind“ (§ 2)20. Die Ehrengerichte bzw. die beim jeweiligen Ehrengericht zu bildende Ehrenräte hatten innerhalb ihrer Zuständigkeit ehrenrührige Sachverhalte zu untersuchen, zu bewerten und über eine entsprechende Entscheidung abzustimmen. Der Spruch des Ehrengerichtes wurde in Form eines Erkenntnisses ausgefertigt und unterlag der „Allerhöchsten Entscheidung“. Dieses Verfahren sollte Zweikämpfe vermeiden, solche mitunter tödlichen Auseinandersetzungen kamen aber immer wieder vor. Ein wichtiges verbindendes Element im Offizierkorps waren die seit der Mitte des 19. Jahrhunderts üblichen Offizierspeiseanstalten bzw. Kasinos. Die unter Kaiser Wilhelm II. vermehrt zu beobachtende Abschließung des Offizierkorps im Allgemeinen und des Adels in einzelnen Regimentern barg die Gefahr der „kastenhaften Isolierung“ (Demeter). Gleichzeitig konnte ein gewisser Hang zum Luxus und Schuldenmachen beobachtet werden. Gegen diesen übermäßigen materiellen Lebensaufwand wandte sich nach seinem Regierungsantritt auch Wilhelm II. und kritisierte in einer Ordre vom 05.07.1888 „modische Ausschreitungen im Anzug der Offiziere“, was allerdings angesichts der besonderen Affinität des Herrschers zur Uniform und Verkleidung in einem merkwürdigen Licht erscheint.

Offiziere (Beamte, Zeug-Unterpersonal, Wallmeister usw.) erhielten an Diensteinkommen das Gehalt, Servis bzw. Wohngeldzuschuss und Zulagen aufgrund besonderer Dienststellungen bzw. Kommandos.  Das jährliche Einkommen der Offiziere betrug von 1188 Mark (Leutnant) bis 12000 Mark (kommandierender General). Servis und Wohngeldzuschuss schwankten zwischen 288 – 540 Mark (Servis) bzw. 216 – 420 Mark (Wohngeldzuschuss) bis 1188 – 2520 Mark Servis bzw. Bereitstellung einer Dienstwohnung.

Im Detail stellte sich die Gehaltsliste (1909) wie folgt dar:

 

Dienstgrad/ Funktion

Mtl. Gehalt in Mark

Mtl. Dienstzulage in Mark

Jährlicher Wohngeldzuschuß

Oberlieutenant und Lieutenant

 

 

 

 

 

 

 

 

220-570

Vom 1. – 3. Jahr

125

 

Vom 4. – 6. Jahr

141

 

Vom 7. – 9. Jahr

158

 

Vom 10. – 12. Jahr

175

 

Vom 13. Jahr ab

200

 

Hauptmann/ Rittmeister

 

 

 

Vom 1. – 4. Jahr

283

 

 

 

630 - 1300

Vom 5. – 8. Jahr

383

 

Vom 9. Jahr ab

425

 

Major

546

 

 

Regimentskommandeur

731

 

810 – 1680

Generalmajor

855

75

900 – 2100

Divisionskommandeur

1129

375

900 - 2100

Kommandierender General

1165

1500

 

 

Mit Blick auf die Einkommensverhältnisse der Offiziere wurden die (erforderlichen) Privatzulagen als Problem gesehen. Auch hierzu äußerte sich der Kaiser: „Ich muss es missbilligen, wenn der Eintritt in das Offizierkorps abhängig gemacht wird von einer übermäßig hohen Privatzulage, welche die Söhne wenig begüterter, aber nach Gesinnung und Lebensauffassung dem Offizierkorps nahe stehender Familien der Armee fernhalten muss.“21: Diese Frage war bereits in einer Denkschrift des preußischen Kriegsministers v. Kameke „über den Luxus in der Armee und die damit verbundenen Gefahren“ vom 26.02.1876 angesprochen worden. Eine aus Ende 1908 datierende Übersicht über die monatlichen Privatzulagen von Fahnenjunkern und Offizieren (in Preußen) zeigt, dass z. B. bei der Garde folgende durchschnittliche Sätze gezahlt wurden:

 

Garde

Fahnenjunker

Offiziere

Infanterie

150 – 90 Mark

120 – 75 Mark

Kavallerie

500 – 200 Mark

500 – 250 Mark

Feldartillerie

200 – 130 Mark

150 – 120 Mark

Fußartillerie

100 Mark

75 – 50 Mark

Pioniere

100 Mark

60 Mark

Train

150 Mark

120 Mark

Auch in den Linien-Regimentern waren Privatzulagen üblich, allerdings waren die Sätze hier niedriger22. Offensichtlich war die wirtschaftliche Existenz als Offizier zu mindestens in den subalternen Chargen ohne Privatzulagen nicht möglich. Das Gehalt und die Lebenshaltungskosten standen demnach nicht mehr in einem ausgewogenen Verhältnis. Besondere finanzielle Belastungen erwuchsen dem Offizier vor allem aus den Kosten für die Bekleidung und Ausrüstung sowie Anschaffung und Unterhaltung eines oder mehrerer Pferde. Gleichzeitig bedeutete aber auch die Voraussetzung von Privatzulagen in bestimmter Höhe die Möglichkeit des Offizierkorps – insgesamt und hinsichtlich eines bestimmten Truppenteils – sich vor unerwünschtem Ersatz abzuschotten und eine gewisse Exklusivität zu bewahren. Ein Zeitgenosse schreibt rückblickend über den Lebensstil der Offiziere: „Wir sind in den letzten zwei Jahrzehnten gegen den Luxus insonderheit der Offiziere vorgegangen. Trotz aller Reden, Ermahnungen und Kabinettsorders ist er nur luxuriöser geworden. Bekannt ist ja die vor ungefähr anderthalb Jahrzehnten erlassene und vom General Hahnke gegengezeichnete Order, dass die Offiziere nicht über eine bestimmte Höhe, so die Garde-Kavallerie-Offiziere nicht über 120 Mark im Monat, Zulage erhalten sollten. Ich möchte denjenigen Garde-Kavallerie-Offizier kennen lernen, der imstande ist, unter 400 Mark Zulage zu existieren. Die durchschnittliche Zulage beträgt aber 600 Mark …“23

Die Unteroffiziere und Mannschaften erhielten Löhnung, Brot  oder Brotgeld, Truppenverpflegung bzw. Beköstigungsgeld sowie Bekleidung und Unterkunft. Monatlich erhielten die Gemeinen 6,60 Mark, der Gefreite 8,10 Mark. Soldaten, die sich freiwillig weiter verpflichteten erhielten Zuschüsse. Für Männer mit einfacher Herkunft war der Militärdienst durchaus attraktiv, sie konnten auch – waren sie findig – ihre materielle Situation noch verbessern. Der bayerische Infanterist Nikolaus Osterroth erzählt: „Ein Bekannter von mir, der in unsere Kompanie als Einjähriger eintrat, hatte Pech mit seinem Wichser, und da ich genügend Zeit hatte, erbot ich mich, seine Sachen instand zu halten. Erfreut ging der Einjährige darauf ein und versprach mir für die Dekade (zehn Tage) drei Mark. Den nächsten Tag schon bestürmte mich sein Kollege, der zweite Einjährige, auch ihm zu putzen. Gott, warum nicht? Dachte ich; du hast ja soviel Zeit, und die dummen Kerle mit ihren neuen, blinkenden Sachen haben so wenig zum Putzen, dass du gut ein halbes Dutzend Einjährige auf Glanz stellen kannst. Donnerwetter, jetzt schwamm ich aber im Geld! Sechs Mark Putzgeld und zwei Mark Löhnung, das war ja fast ein Feldwebelsgehalt, und dazu noch hinreichend Zigarren und Bier von meinen Pfleglingen – mehr konnte ich von der göttlichen Vorsehung nicht erwarten. Vater Hanarem (sein Vater) machte große Augen, als ich nach zehn Tagen eine auf sechs Mark lautende Postanweisung heimschickte. Was sollte ich mit dem Gelde tun? Hatte ich inzwischen doch noch andere Mittel und Wege zur Löhnung der Magenfrage gefunden. Mein Schranknachbar kam als Fleischer in die Küche und schaffte mir mehr Fleisch und Zucker in den Schrank, als ich verzehren konnte. Außerdem veranlasste mich mein angeborenes Unterhaltungstalent, meine Schnurren und die im katholischen Jünglingsverein einstudierten Schnadahüpferl und Kuplets in der Kneipe zum Besten zu geben, und dann traktierte mich der Wirt bis zum Umfallen, damit ich bleiben sollte. Blieb ich, dann blieben auch die anderen. Und wenn ich ging und mit einem Zwanzigpfennigstück zahlte, bekam ich nebst einer Handvoll Zigarren auf eine Mark heraus, damit ich ja bald wiederkommen und das halbe Bataillon mitschleppen sollte. Für so etwas hat ein junger, hohldärmiger Mensch Verständnis, und es dauerte nicht lange, so war ich Sonn- und Wochentagsabends versorgt. Ich konnte mir sogar die Löhnung für einen Reservistenanzug aufsparen, den ich bei einem Althändler um 20 Mark erstand“24.

Unteroffiziere bekamen monatlich 21,60 Mark, Fähnriche 23,10 Mark, Sergeanten 32,10 Mark, Vizefeldwebel 41,10 Mark und Feldwebel 56,10 Mark. Bei berittenen Truppenteilen lagen die Sätze ein wenig höher. Zusätzlich erhielten Unteroffiziere bei Weiterverpflichtung nach dem Ablauf der ersten Kapitulation ein Handgeld und nach Ableisten einer 12jährigen Dienstzeit und Ausscheiden aus dem Dienst eine Prämie von 1000 Mark. Die Höhe des Beköstigungsgeldes hing von den Verhältnissen in der jeweiligen Garnison ab. Die Gehaltssätze der Angehörigen der Schutztruppen waren wesentlich höher. Vor dem Hintergrund gestiegener Lebenshaltungskosten waren die Einkommensverhältnisse der Unteroffiziere allerdings als mäßig zu bewerten, wiederholt musste nachgebessert werden. 1873 wurden die Löhnungssätze erhöht und Vorteile in der Kasernierung gewährt. Der Ersatz der Unteroffiziere blieb vor allem dort schwierig, wo das Militär in Konkurrenz zu den relativ hohen Löhnen der Industrie trat. Von Interesse waren aber die Regelung der Versorgung der Militärpersonen und ihrer Hinterbliebenen. Das Militär-Pensions-Gesetz vom 27.06.1871 regelte die Voraussetzungen für die Gewährung von Pensionen für Offiziere, Militär- und Marineärzte, Ingenieure (des Soldatenstandes), Deckoffiziere und sonstige Militärpersonen vom Feldwebel abwärts. Für letztere gab es alternativ Pensionen, Pensionszulagen, Zivilversorgungsschein bzw. Entschädigung, Aufnahme in ein Invalidenhaus oder Verwendung im Garnisondienst. Ein Anspruch auf Invalidenversorgung bestand aber für Unteroffiziere bzw. Gemeine erst ab einer Invalidität nach mindestens 8 Dienstjahren. Ab einer Dienstzeit von 12 Jahren war Invalidität nicht mehr Voraussetzung. Unteroffiziere hatten nach 12jähriger Dienstzeit einen Anspruch auf einen Zivilversorgungsschein. Sie wurden dann in für Militäranwärter vorbehaltene Stellen im Reichs-/ Staats- oder Kommunaldienst verwendet, mussten sich aber auf eine solche Stelle regelrecht bewerben. Gute Führung war für den Erwerb eines Zivilversorgungsscheins Voraussetzung. Die Pensionen bzw. Pensionszulagen für Feldwebel gliederten sich in verschiedene Rangstufen und betrugen bei den Unteroffizieren 9 bis 33 Mark bzw. bei den Gemeinen 6 bis 30 Mark. Für Witwen und Waisen war im Frieden und im Krieg eine (geringe) Versorgung vorgesehen. Das Witwengeld betrug jährlich 216 Mark. Grundsätzlich wurde die Friedensversorgung erst nach einer 10jährigen Dienstzeit gezahlt. In Potsdam befand sich seit dem 18. Jahrhundert das große Militärwaisenhaus. Die Hinterbliebenen von Militärbeamten wurden ähnlich wie die der Offiziere versorgt.

Nach der Reichsgründung (1871) versuchte man die Unterbringung der Truppen umfassend zu steuern und zu modernisieren. Ein so genannter Kasernierungsplan wurde im Jahre 1877 dem Reichstag vorgelegt und in der Folge strittig diskutiert. Obwohl nicht förmlich verabschiedet, beeinflusste diese grundsätzliche Planung die weitere Kasernierung der Truppen des Reichsheeres. 

Im Jahre 1896 waren bereits 89,7 % der preußischen Truppen kaserniert, die früher übliche Einquartierung von Soldaten bei Bürgern gehörte zu diesem Zeitpunkt  der Vergangenheit an. In jeder Stube war der Stubenälteste für die Ordnung usw. verantwortlich. Die Bekleidungs- und Ausrüstungsstücke wurden im jeweiligen Schrank aufbewahrt, Geld und Wertsachen sollte der Soldat am Leib tragen oder an die Kompanie bzw. Eskadron bzw. Batterie abgeben. Tagsüber durfte sich niemand ohne besondere Erlaubnis auf die Lagerstätte legen. Bei Eintritt eines Offiziers, hatte jeder an seinen Schrank zu treten, der Stubenälteste meldete. Zivilpersonen durften sich ohne Erlaubniskarte in der Kaserne aufhalten. Im Sommer waren nach 22.30 Uhr und im Winter nach 21.30 Uhr die Lichter zu löschen.

Unteroffiziere und Mannschaften waren in der Regel in Kasernen untergebracht, Offiziere erhielten Servis und Wohnungsgeldzuschüsse, da sie sich in der Regel anderweitig einmieteten und nur in besonderen Fällen eine Dienstwohnung im Kasernenbereich zugewiesen bekamen, wie z. B. unverheiratete Leutnants oder Feldwebel bzw. Wachtmeister. Kasernen als Gebäude bzw. Gebäudekomplexe zur Unterbringung von Truppen und Stäben kamen in Preußen bereits in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts auf, allerdings nur in größeren Garnisonstädten. Überwiegend waren die Soldaten jener Zeit in Bürgerquartieren untergebracht. In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts setzte sich die dezentrale Unterbringung der Regimenter und Bataillone in einzelnen Gebäuden verschiedener Zweckbestimmung durch: Unterkünfte, Stallungen, Wirtschaftsräume, Küchen, Speisesäle, Werkstätten, Krankenstuben usw. In den Kasernen waren auch neben den Mannschaftsstuben Wohnungen z. B. für unverheiratete Leutnants, Unteroffiziere (tlw. mit Familien) vorhanden. Die Mannschaftsstuben waren für 10 – 12 Soldaten ausgerichtet, pro Kopf rechnete man mit einer Grundfläche von 4,5 qm. Jüngere Unteroffiziere konnten auch mit den Mannschaften zusammen untergebracht sein. Ferner waren in den Kasernen Wohnungen für Kasernen-Inspektoren, Kasernenwärter, Büchsenmacher, Waffenmeister sowie Küchen, Speisesäle, Kantinen, Krankenstuben, Geschäftszimmer, Werkstätten, Schulzimmer, Wachstuben, Keller- und Trockenräume, Badeanstalten usw. vorhanden.

Jeder Soldat verfügte über eine eiserne Bettstelle als Lagerstatt mit einem Strohsack, Kopfpolster, und wollenen Decken einschließlich der erforderlichen Bettwäsche. Ferner standen ihm ein Schrank, ein Waschbecken, ein Essnapf, 1 Handtuch und ein Schemel zur Verfügung. Andere Utensilien, wie Tische, Waschtische, Lampen usw. wurden gemeinsam genutzt. Unteroffiziere bekamen Matratzen mit einer Füllung aus Rosshaaren.  Die Säuberung der Stuben erfolgte durch die Soldaten selbst, ein Stubenältester wachte hierüber, zumeist ein Unteroffizier oder Gefreiter. Eine Kasernenordnung war zu beachten. Im Winter wurden die Stuben durch Brennöfen beheizt. Die Ausstattung der Kasernen und deren Unterhaltung erfolgten durch die jeweilige Garnisonsverwaltung.   In jeder Stube war der Stubenälteste für die Ordnung usw. verantwortlich, die Stuben wurden durch die Soldaten selbst gereinigt. Zivilpersonen durften sich ohne besondere Erlaubnis nicht in den Kasernen aufhalten.

Unteroffiziere und Gemeine wurden kostenfrei verpflegt, Offiziere und Militärbeamte mussten hierfür einen Obolus (Tafelgelder für Frühstück und Mittagstisch) entrichten Bei den einzelnen Einheiten bestanden Offizier-Speiseanstalten (Kasinos). Hier fand auch das gesellige Zusammensein der Offiziere statt (Kegeln, Festivitäten, z. B. anlässlich des Kaisergeburtstages, von Jubiläen, Besuchen von hochgestellten Persönlichkeiten, Abschiedsessen, aber auch die Weihnachtsbescherung usw.).  So genannte Liebesmahle wurden zumeist monatlich veranstaltet. Hierdurch sollten die Kontakte zwischen den Mitgliedern des jeweiligen Offizierskorps und zwar der aktiven und der Reserve-Offiziere gepflegt werden. Es galten strenge Tischgesetze. Im Kasino war auch die mehr oder weniger reichhaltige Regimentsbibliothek untergebracht. Die Beköstigungsportionen für die Unteroffiziere und Mannschaften waren vorgegeben. Die Zubereitung erfolgte in Truppenküchen. Diese wurden von einer Kommission aus Offizieren und Mannschaften geleitet. Unteroffiziere und Gemeine speisten getrennt in Speisesälen. Kantinen boten zudem die Möglichkeit preiswert Lebensmittel, Getränke, Tabak usw. zu kaufen.  Beim Felddienst, also auf dem Marsch, im Manöver usw. wurde die Truppe aus Manöver-Magazinen verpflegt. Die Verpflegung wurde im Biwak selbst zubereitet. Teilweise war bereits Verpflegung aus Konserven vorgesehen. Seit dem Jahre 1908 (A.K.O) hatte man die Truppe mit Feldküchen ausgestattet, so entfiel das lästige Abkochen und die Marschleistungen konnten steigen. Die Feldküche war von dem Fabrikanten Otto Magirus/ Ulm erfunden worden. Es handelte sich um einen Selbstkocher im Glyzerinbad.

Nach Ablauf der aktiven 2-3jährigen Dienstzeit trat der Soldat zur Reserve über Die letzten Monate waren bereits Manöverzeit gewesen.  Die Reservisten präsentierten sich stolz mit speziellem Reservistenkrug, - stock, Farbdrucke und Fotomontagen waren üblich und hingen als Erinnerung in beinahe jeder Wohnstube. Die Reservepflicht währte solange, bis zusammen mit den aktiven Jahren insgesamt 7 Jahre erreicht waren.

Die Reservisten mussten 2 Übungen von je höchstens 8 Wochen absolvieren und wurden während der Reservezeit von den zuständigen Militärbehörden kontrolliert. Für Reservisten, die sich den Kontrollversammlungen entzogen, konnte die Reservepflicht verlängert werden. Die Reservisten gehörten wie die Angehörigen der Landwehr ersten und zweiten Aufgebots, die Angehörigen der Ersatzreserve sowie die bis zur Entscheidung über ihr späteres Militärverhältnis zur Disposition der Ersatzbehörden entlassenen Mannschaften und die vor erfüllter aktiver Dienstpflicht zur Disposition der Truppenteile beurlaubten Mannschaften zum so genannten Beurlaubtenstand. Für Aufenthaltswechsel, Reisen, Aufenthalt im Auslande waren Meldepflichten zu beachten. Ferner fanden jeweils im Frühjahr (April) bzw. im Herbst (November) Kontrollversammlungen statt. Die Landsturmpflichtigen unterlagen in der Friedenszeit  keiner militärischen Kontrolle. In Fällten außerordentlichen Bedarfs konnten die Landsturm- bzw. Seewehrpflichtigen zur Ergänzung des Heeres und der Marine herangezogen werden. Ihre Einziehung erfolgte in der Regel nach Jahresklassen. Der jeweilige Landsturmschein galt allen Militär - und Zivilbehörden gegenüber als Ausweis.

Fußnoten:

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